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Maandys Musik sprengt traditionelle Geschlechterrollen

Maandys Musik sprengt traditionelle Geschlechterrollen
von Karen Chalamilla

„Wenn die Leute mich ansehen, möchte ich, dass sie eine Badass Bitch sehen.“ Diese Aussage ist eine Einführung in Maandys musikalische Persona. Die aus Nairobi stammende Sängerin, die nach ihrem Debütalbum und ihrem Lieblingssong Kabaya genannt wird, ist keine Unbekannte, wenn es darum geht, mit ihrer weiblichen Aura die Grenzen des kenianischen Rap zu erweitern. Auf ihrem kürzlich erschienenen zweiten Album erhebt sie weiterhin den Mittelfinger gegen traditionelle Geschlechterrollen. „Ich glaube, weil ich die Freiheit habe, in meiner Musik über alles zu sprechen, was ich will, muss ich sehen, wie weit ich es treiben kann“, sagt sie kühn, „Mann, ich will wirklich all diese Traditionen kaputt machen.“

Der Name des Albums ist eine Kombination aus zwei Identitäten, die sie verkörpert. „Das Album ist für mich sowohl sexy als auch gangsta“, erklärt sie, „die Gangsta-Seite ist die, die Risiken eingeht, und die sexuelle Seite ist, nun ja, freaky“, was zusammen Frisky ergibt. Dieses Album erzählt die Geschichten von „jungen Frauen in Nairobi“. Dabei lässt Maandy sich von ihren eigenen Erfahrungen inspirieren, um sie mit denen der Frauen in ihrem Umfeld zu verknüpfen, die den Großteil ihres Publikums ausmachen. „Die Art von Frauen, die wissen, dass sie sich dafür entscheiden können, die Grenzen auszutesten und sich das nicht zweimal sagen lassen müssen“, die das Gefühl haben dürfen, in Bestform zu sein. Und wenn das nicht der Fall ist, geben sie sich höchstens einen Augenblick Zeit, um sich schlecht zu fühlen, bevor sie wieder in den Sattel steigen. Letzteres ist für sie besonders wichtig. Maandy gibt zu, dass es eine Weile gedauert hat, bis sie auf diese Weise zu sich selbst finden konnte; sie möchte nicht, dass ihre Zuhörer:innen so lange wie sie brauchen, um sich befreit zu fühlen.

Während es bei der Veröffentlichung ihres Debütalbums eher darum ging, „Spaß zu haben und ein Werk zu haben, mit dem die Leute sie kennenlernen“, gibt sie zu, dass Frisky „eher geschäftsorientiert“ ist. Maandy ist sich bewusst, dass mit ihrem zweiten Album mehr von ihr verlangt wird; „die Qualität, der Look, der Inhalt, all das“. Und um dem gerecht zu werden, schöpft sie mit ihren Inhalten aus dem Vollen. Von Partyhits wie „Relax“ über bereits veröffentlichte Singles, mit denen die Fans schon vertraut sind „Shash na Lipgloss“ und „Sirudi Home Refix“, bis hin zu einem Freestyle „Name“ und sogar einer Gesangsperformance „Magizani“, die RnB-Künstlerin Tamias So Into You sampelt. Das Album lässt kein Genre unangetastet.

Aber trotz all ihrer Fähigkeiten ist es ihre Vorliebe für das Geschichtenerzählen, die hervorsticht. Die mehrsprachige Künstlerin wechselt zwischen Englisch und Kisuaheli, um die Zuhörer:innen in die Geschichten der einzelnen Tracks zu ziehen. In dem augenzwinkernden „Money Man“ befragt sie einen Mann über seine Fähigkeit, sie finanziell zu unterstützen (ok hii ni chance nakupea / boy child anza kujitetea). Und in dem pikanten Forbidden Fruit lässt sie uns an einem geheimen Rendezvous mit dem Mann ihrer besten Freundin teilhaben, von dem sie schwört, dass es so nicht geplant war (I swear sikupanga ikue hivi, situation got too sticky). Und im Opener des Albums, „Mambo Gani“, dreht sich der Spieß um, als sie die Geschichten anspricht, die Klatschblogs aufgrund ihrer steigenden Popularität immer wieder über sie erfinden.

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

Nach dem überwältigenden Erfolg ihres ersten Albums hat Maandy das Gefühl, dass der Leistungsdruck eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich gebracht hat. „Die Veröffentlichung von Content kann hektisch sein“, sagt sie ganz sachlich. Ob es nun an einem verspäteten Feature liegt (weshalb auf Frisky nur Fena Gitu, Breeder LW und Ndovu Kuu zu hören sind, gesteht sie) oder einfach daran, dass die Erstellung der Inhalte oft kostspielig ist, Maandy verhehlt nicht ihre Erleichterung (und Erschöpfung) darüber, dass sie es trotz allem geschafft hat. Abgesehen von den verwaltungstechnischen Herausforderungen ist das, was sie am meisten auf die Probe gestellt hat, die zunehmend verschwimmende Grenze zwischen Maandy, der Künstlerin, und Amanda, der Frau, die vom Publikum wahrgenommen wird. „Wenn ich also Leute hier draußen treffe, die mich als Künstlerin kennen, denken sie, dass das, was ich als ‚Maandy‘ tue, vorgespielt ist, obwohl es das nicht ist.“ Das ist natürlich ein Beweis dafür, wie gut die junge Künstlerin Teile ihrer Identität angezapft hat, um diese musikalische Persönlichkeit zu kreieren. Das zeigt, wie sehr soziale Medien und die Musikindustrie miteinander verflochten sind, sodass ihre Internet- und ihre reale Persönlichkeit ineinander übergehen. Das klingt zwar nach einer guten Sache, kann aber auch von Nachteil sein. „Ich stelle mir das gerne so vor, dass man im Büro oder in seinem Freundeskreis nicht wirklich dieselbe Person ist“, erklärt sie, „bei mir ist es genauso, aber die Leute neigen dazu, das misszuverstehen und zu übertreiben. Ich weiß nicht, ob ich jemals darüber hinwegkommen werde, wie sehr mich das stört.“

Es wäre jedoch nachlässig, wenn die Künstlerin nicht zugeben würde, dass ihre Persona eine Rolle dabei spielt, wie ihre Musik und ihre Marke aufgenommen werden.“Es hilft auf jeden Fall, denn leider werden Frauen in der Gesellschaft so angesehen, dass ich weiß, dass die Art und Weise, wie ich mich gebe, dabei hilft. Es ist ein schwieriges Unterfangen, seine Sexualität als einen Akt der Rebellion zu betrachten und gleichzeitig zu wissen, dass ein Teil des Publikums das nicht so auffasst.“ Maandy räumt ein, dass es noch schwieriger ist, weil ein großer Teil ihrer Zuhörer:innen Männer sind. Aber wie das Ethos von Frisky sind es die Frauen, die das Zielpublikum für ihre Musik sind: „Ich fühle mich von niemandem unter Druck gesetzt, Kabaya zu sein, vor allem nicht von den Männern“, sagt sie mit Bestimmtheit, „ich mache meine Musik nicht für sie, ich mache sie für die Frauen.“

Karen Chalamilla ist eine 24-jährige, in Tansania geborene und aufgewachsene Kulturautorin. Ihre Arbeit befasst sich mit Popkultur, Musik, Fernsehen und Film sowie Literatur, wobei sie häufig deren Wechselwirkung mit Fragen der Rasse, des Geschlechts und der Sexualität untersucht.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Im Auge behalten: TRS

Im Auge behalten: TRS
von Naila Aroni

Als TRS (Triss) die Tracklist für ihre EP zusammenstellte, war die Wahl von „Respectfully“ als Leadsingle eine unbewusste Entscheidung. „Respectfully fühlt sich wie eine Art Einführung an“, sagt sie. „Damit stelle ich mich der Welt vor, und lerne mich selbst neu kennen“.

Für die junge äthiopisch-kanadische Singer-Songwriterin beruht das persönliche Wachstum, das sich in ihrem Schaffen widerspiegelt, auf Unabhängigkeit. Um als unabhängige Künstlerin in der aktuellen Szene von Vancouver zu bestehen, braucht man ein ganzes Dorf hinter sich. Besonders schwierig ist es, wenn die Menschen um einen herum nicht so aussehen und klingen wie man selbst. „In einem Viertel aufzuwachsen, in dem ich in fast jedem Raum die einzige Schwarze war, machte es so schwierig, mein Schwarzsein zu schätzen“. TRS hat sich mit der Regisseurin Andrea Nazarian zusammengetan, um uns daran zu erinnern, dass wir Selbstermächtigung nicht mit Isolation verwechseln sollten. Ihr Video würdigt die Homies und insbesondere die Schwarze Frau, die ihre Kunstfertigkeit in die Wiege gelegt hat. Während ihre Lyrik die Turbulenzen einfängt, die das persönliche Wachstum mit sich bringt, bleibt ihr sanfter Gesang seidig weich.

Wir sprachen mit TRS und Regisseurin Andrea, inwiefern „Respectfully“ einen neuen Schritt in der Entwicklung von TRS darstellt. Willkommen in der Welt von TRS.

Warum hast du 'Respectfully' als erste Single auf deiner EP ausgewählt?

TRS: Sie repräsentiert eine Version von mir, die keine Kompromisse bei ihrer Wahrheit eingeht, unabhängig davon, wie andere darüber denken. Ich hatte lange Zeit die Tendenz, die Gefühle und den Komfort anderer auf meine eigenen Kosten zu befriedigen, und das ist etwas, das ich langsam aber sicher loszulassen lerne. Im Moment ist meine Wahrheit, dass nichts und niemand vor meinen Lieben, meiner Kunst und dem Aufbau von nachhaltigem, dauerhaftem Wohlstand für mich und meine Familie kommen wird.

Könnt ihr zwei mir etwas über den Denkprozess hinter dem Video erzählen? Von der Idee über die Ausführung bis zum Abschluss.

TRS: Ich bin gesegnet mit talentierten, fähigen, strahlenden Freund:innen, von denen ich einige schon fast mein ganzes Leben lang kenne. Es war mir wichtig, dass die Beziehungen, die ich in meinen Texten erwähne, auf und neben der Leinwand vertreten waren. Ich wollte die in den Texten erwähnten Themen so weit wie möglich in die Gestaltung des Videos einbeziehen, was mit dem Team beginnt. Der Text und die Darbietung sind sorglos und unverblümt, was ein weiteres Element ist, das ich in die visuellen Darstellungen übertragen wollte. Hier kommt die B-roll ins Spiel, in der wir einfach nur chillen und wir selbst sind. Außerdem liebe ich die Landschaften, die die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, zu bieten hat, und das mussten wir ausnutzen. Andrea hat phänomenale Arbeit geleistet und einige der atemberaubendsten Aussichten, die BC zu bieten hat, ausgekundschaftet.

ANDREA: Dies ist das erste große Musikvideo von TRS, und wir haben bei der Postproduktion eng zusammengearbeitet. TRS und ich hatten mehrere Sitzungen im Schneideraum mit unserem Postproduktionsteam Red Willow, um die perfekten Clips und Momente herauszusuchen, die Performance, Ästhetik, Storytelling und Schwesternschaft in einem Gesamtpaket vereinen, das sowohl sie als auch mich anspricht – und hier ist das Ergebnis!

Wir haben das Privileg, im wunderschönen British Columbia zu leben, und wollten die unglaubliche Natur, die uns zur Verfügung steht, in dieses Video einfließen lassen. Wir wählten einen abgelegenen Strand außerhalb von Vancouver als Eröffnungsszene, um TRS als die geheimnisvolle, selbstbewusste Darstellerin zu zeigen, die sie ist. Als Gegengewicht zu der Schönheit der Natur fanden wir einen wunderschönen architektonischen Ort mit Buntglasfenstern – und nutzten diesen Raum, um TRS in einem jenseitigen Licht zu zeigen, mit farbigen Reflexen, die über ihr Gesicht tanzen, und TRS‘ auffälliges Make-up und ihre Garderobe, die ihr eine Art Alter Ego verleihen.

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

Was hat dir bei den Dreharbeiten am besten gefallen?

TRS: Ehrlich gesagt… Alles. Aber ich würde sagen, der erste Dreh, bei dem wir die Aufnahmen gemacht haben, wie wir durch das Tal in Pitt Meadows fahren. Es war alles so neu und aufregend; wir hatten keine Ahnung, wohin uns dieser Prozess führen würde. Alle Beteiligten waren an diesem Tag am Set, und die Energie war unglaublich. Auch für die Girls war es das erste Mal, dass sie auf diese Weise vor der Kamera standen, und es war erstaunlich zu sehen, wie sie sich von Nervosität hin zum Wohlfühlen und zur Entfaltung ihrer inneren Schönheit entwickelten.

Du hast erwähnt, dass das Video eine Ode an die Schwarze Schwesternschaft ist. Wie wichtig war die Schwarze Schwesternschaft für dein künstlerisches Schaffen?

TRS: Ich will nicht dramatisch sein, aber die Schwarze Schwesternschaft hat mich gerettet. Ich hatte das Glück, zu einer tollen äthiopischen und eritreischen Gemeinschaft in Vancouver zu gehören und in einem Raum zu leben, in dem ich verstanden wurde, ohne mich erklären zu müssen. So sind diese lebenslangen Freundschaften entstanden. Diese Mädchen haben in meinem Leben so viel mitgemacht. Ehrlich gesagt glaube ich, dass es ein wichtiger Rettungsanker ist, (zumindest ein paar) Freund:innen zu haben, die so aussehen wie man selbst.

Welche anderen Themen behandelst du in den vier anderen Singles der EP?

TRS: Nach dem Intro entfaltet sich eine Liebesgeschichte. Sie umfasst die Übergänge zwischen den Gefühlen der Verliebtheit, der Intimität, des Herzschmerzes, der Loslösung und der Heilung, die das Durchleben einer Beziehung begleiten. Ich erkunde auch, wie Liebe und Verlust uns etwas über uns selbst lehren und zu unserem persönlichen Wachstum beitragen können. Es endet mit einer ungewöhnlichen Erklärung – einer, bei der es im Wesentlichen darum geht, sich für sich selbst zu entscheiden, ganz gleich, wie viel Liebe man für die andere Person empfindet.

Wie würdest du die Musikszene von Vancouver und ihren Einfluss auf deine Kunst beschreiben?

TRS: Die Szene in Vancouver ist frisch, innovativ und kollaborativ. Ich denke, diese neue Welle von Künstler:innen wird Vancouver auf eine Weise bekannt machen, wie es schon lange nicht mehr der Fall war. R&B und Hip Hop sind keine Genres, für die Vancouver bisher bekannt war. Vancouver ist voller Talente und war es schon immer, aber ich habe das Gefühl, dass diese Generation von Künstler:innen und Kreativen geeinter denn je ist und deshalb Geschichte schreiben wird. Und das hat mich so sehr inspiriert.  

TRS © Neena Robertson

Naila Aroni ist Juristin und Künstlerin, geboren und wohnhaft in Nairobi, Kenia. Wenn sie nicht bei der Zeitschrift Tangaza arbeitet, verbringt sie ihre Zeit damit, darüber nachzudenken, wie man nduma abschaffen kann.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Tetu Shani ist wiedergeboren

Tetu Shani ist wiedergeboren
von Naila Aroni
Tetu Shani hat das Gefühl, an einem Wendepunkt in seiner Karriere angelangt zu sein. Endlich kann er sich jenseits aller kommerziellen und gesellschaftlichen Erwartungen ausdrücken.
Für den mehrfach preisgekrönten Afropop- und Indie-Rock-Sänger war die Pandemie mehr als nur eine Erschütterung der Normalität. Sie veränderte sein künstlerisches Schaffen. Während Ausgangssperren und Schließungen seine Einnahmen aus Auftritten drastisch reduzierten, erkrankte er auch noch an Covid und kämpfte mit Symptomen, die seine Kreativität erbarmungslos unterdrückten.
Doch trotz dieses turbulenten Jahresbeginns sind Tetus Ehrgeiz und seine Leidenschaft für kreatives Empowerment ungebrochen. Tetus Musik wurde kürzlich für den Netflix-Soundtrack „Blood and Water“ ausgewählt. Neben seinen persönlichen Projekten schafft er weiterhin Raum für alternative Künstler:innen wie ihn, indem er im großen Stil Playlists erstellt, die derzeit eine Fangemeinde von mehreren Tausend Menschen anziehen. Seine Erfolge fühlen sich nicht wie alleinige Siege an. Wenn Tetu gewinnt, wird jede:r alternative Künstler:in, der/die einen sich in Nairobi behaupten will, mit offenen Armen empfangen.
Wir sprachen mit Tetu darüber, was ihn während der Pandemie mental bewegt hat und warum seine Karriere sich in die bestmögliche Richtung entwickelt. Unser Gespräch zeigte, warum „Mind over Matter“ der neue „Mainstream“ sein könnte.

Erzähl uns von der Entstehung deiner neuen Single 'Survive'.

„Survive“ ist im Grunde die Geschichte meiner Reise während dieser Pandemie, um emotional, physisch und spirituell am Leben zu bleiben. Das Werk, das ich jetzt veröffentliche, ist wahrscheinlich die persönlichste Musik, die ich je geschrieben habe. Wenn man an Asante Sana denkt, das ich geschrieben habe, als alles zusammenbrach, habe ich versucht, diese Gefühle der Hoffnungslosigkeit einzufangen. Furukazi war meine Antwort auf die Tatsache, dass es für kenianische Künstler kein Sicherheitsnetz gab, auf das sie sich während der Pandemie verlassen konnten. Survive spannt den Bogen meiner Erzählung über die Pandemie und den Tribut, den Hoffnungslosigkeit und finanzielle Instabilität für meine psychische Gesundheit forderten. Ich erlebte Wellen der Vergeblichkeit, in denen ich anfing, meinen Einfluss in dieser Branche und das, was im Leben wirklich zählt, in Frage zu stellen.

Wenn der Song beginnt, hört man mich sagen „straight from the marrow, from inside my bones, straight as an arrow flying to the moon“, das ist mein Ego, das sich aufputscht. Ich sage nur: „Hört zu, ich bin seriös, ich gebe einfach nicht auf“. Das ist fast so, als ob ich zum Publikum spreche und sage: „Leute, seht mal, ich bin nicht nur ein guter Künstler, sondern ich schaffe unglaubliche, zeitlose Kunst, die den Test der Lebenserwartung bestehen wird.

Hatte die Pandemie direkte Auswirkungen auf deine kreativen Prozesse?

Ich habe dies auf Twitter geteilt, aber für die Leser, die es vielleicht nicht wissen, ich habe mich vor ein paar Monaten mit Covid-19 infiziert. Ich habe mich zwar von dem Virus erholt, aber ich bin ein Langzeit-Covid-Überlebender, was bedeutet, dass ich länger als erwartet unter den weniger „üblichen“ Symptomen leide, insbesondere unter dem Kampf gegen das dumpfe Gefühl im Kopf.

Gehirnnebel fühlt sich an, als würde das Bewusstsein einfach durch den Raum treiben, ohne dass eine Bruchlandung in Sicht wäre. Das klingt dramatisch, aber das ist es auch. Wenn ich mich mit jemandem unterhalte, vergesse ich buchstäblich das Thema unseres Gesprächs und denke mir: „Moment mal, normalerweise bin ich doch gesprächig. Ich weiß, wie man sich artikuliert“, und das war wirklich frustrierend. Es fühlte sich buchstäblich so an, als fehlten Dateien in meinem Gehirn.

Eines Tages spielte ich auf meinem Balkon Gitarre und vergaß den Text zu einem meiner Lieder. Es fühlte sich an wie eine beängstigende Offenbarung, bei der ich zu begreifen begann, dass dies das Ende von allem war, was ich als Singer-Songwriter kannte. Es ist wie bei einem Maler:in, der sich damit abfindet, dass er vergessen hat, wie man malt. Während dieser Zeit habe ich einfach nicht geschrieben und nicht viel gespielt. Ich habe mich einfach von der Musik zurückgezogen und mir genug Zeit gelassen, um zu heilen. Sobald ich mich besser fühlte, habe ich einfach wieder angefangen.

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

In welchem "mentalen Zustand" befindest du dich gerade in Bezug auf deinen musikalischen Sound?

Ich bin im Moment an einem wirklich guten Punkt. Ich bin dabei, meine einzigartige musikalische Perspektive zu finden, was einige Leute vielleicht abschreckt, aber ich bin dabei, die beste Version von mir selbst zu entwickeln. Meine Reise als Songwriter begann damit, dass ich gute Songs über das Leben schrieb und dann herausfand, wie ich diese Musik in Texte übersetzen konnte, mit denen die Leute etwas anfangen konnten. Dann kam die Pandemie und ich merkte, dass mein bildlicher Kelch, mit dem ich andere Menschen füllte und aufmunterte, erschreckend leer war. Also wechselte ich von einer Perspektive der Sympathie zu einer des Selbstausdrucks. Jetzt mache ich Musik, die sich nach mir anfühlt, statt nach einem allgemeinen Gefühl, mit dem sich die Leute identifizieren.

Singer-Songwriter:in haben den Ruf, tiefe, melancholische Songs zu machen, die zu einem akustischen Beat gesungen werden, aber ich versuche, diese Form zu durchbrechen. Ich möchte mit der Produktion und schnellen Beats experimentieren, gepaart mit tiefen, introspektiven Texten. So ähnlich wie Outkast es mit Hey Ya! gemacht haben. Als ich Survive hörte, dachte ich laut zu mir selbst: „Yo, das ist Feuer“.

Du hast dich sehr lautstark darüber geäußert, dass Spotify alternative kenianische Künstler:in in seinen Playlists ausschließt. Warum hast du die Alt. Kenya Playlist erstellt und was wolltest du damit erreichen?

Ich war so aufgeregt, als Spotify schließlich auf unsere Märkte kam. Mit Apple Music konnte ich mich nie wirklich anfreunden, weil es sich für mich wie die Gikomba der Streaming-Plattformen anfühlt. Es gibt nur eine Menge Klamotten und Ballen und keine wirklichen Unterstützungsnetzwerke für die Musikschaffenden selbst. Wenn es darum geht, die eigene Musik zu promoten und voranzutreiben, ist Spotify allen anderen weit voraus. Es gibt eigene Video-Tutorials, die erklären, wie man seine Musik vertreibt, und Artikel von Branchenführern.

Als ich die Spotify Kenya-Playlists überflog, war ich nicht sonderlich beeindruckt. Einige der vorgestellten Künstler:innen waren nicht kenianischer Abstammung. Bei den kenianischen Künstlern:innen, die es in die Wiedergabelisten geschafft haben, handelt es sich größtenteils um bekannte Namen, die jeder bereits kennt, was den Zweck einer Wiedergabeliste und das eigentliche “ Ansprechen der Hörer“ zunichte macht.

Ich bemerkte die verpasste Gelegenheit und beschloss, eine eigene Wiedergabeliste zu erstellen, die aufstrebenden alternativen Künstlern:innen gewidmet ist, die in den Medien nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten. In wenigen Worten: Alt kenya besteht im Wesentlichen aus meinen Lieblingssongs meiner Lieblingskünstler aus dem Genre der alternativen Musik. Am meisten freue ich mich, wenn einige Künstler:innen mich anrufen und mir mitteilen, dass ihre Streams deutlich gestiegen sind, weil sie in meiner Playlist vertreten sind.

Was können die Fans bald von dir erwarten?

Ich bringe mein Debütalbum „Life Before the Apocalypse“ heraus. Es ist ein Pop-Punk-Album, das eine Hommage an die Sounds ist, die ich als Kind gehört habe, wie Red Hot Chilli Peppers und Third Eye Blind. Ich habe es vor fast drei Jahren aufgenommen. Weil ich es nicht abbezahlen konnte, liegt es seit drei Jahren auf meiner Festplatte.

Der Arbeitstitel war Heartbreak Amnesia, aber ich habe ihn geändert, denn wenn ich mir das Album jetzt im Nachhinein anhöre, erinnert es mich an eine einfachere Version meiner selbst zu einem anderen Zeitpunkt. Hoffentlich ist es nostalgisch und die Leute können sich damit identifizieren.

 

Naila Aroni ist Juristin und Künstlerin, geboren und wohnt in Nairobi, Kenia. Wenn sie nicht bei der Zeitschrift Tangaza als Redakteurin tätig ist, verbringt sie ihre Zeit damit, darüber nachzudenken, wie man nduma abschaffen kann.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Turunesh befeuert Ostafrikas alternative Musikszene

Turunesh befeuert Ostafrikas alternative Musikszene
von Shishi Wanj

Nachdem ich Coastal Cider gemacht hatte, wusste ich, dass es eine Weile dauern würde, bis ich wieder Musik veröffentlichen würde. Ich hatte sogar vor, dies nicht zu tun. Ich wollte wachsen, in der Welt leben, bevor ich eine neue Welt für mich und mein Publikum beschwor...

Die Singer/Songwriterin Turunesh versprüht ostafrikanischen Charme, der von ihren tansanischen und äthiopischen Wurzeln und ihrer Erziehung bis hin zu ihren künstlerischen Einflüssen gespeist wird. Nach einer zweijährigen Auszeit von der Musikszene bescherte sie uns 2021 ihre neueste Single „Cigarette“. Bislang hat sie eine Handvoll Singles veröffentlicht, zwei selbstbetitelte EPs und ihr Debütalbum „Coastal Cider“. Sie macht große Sprünge in der Live-Musikszene in Vancouver, Kanada, wo sie derzeit lebt. Wir haben uns mit ihr getroffen, um herauszufinden, was sie in ihrer Kunst antreibt, welche neue Musik sie macht und vieles mehr.

Die letzten zwei Jahre waren für die Menschheit und unseren kollektiven Gesundheitszustand sehr anstrengend. Wie hast du als unabhängige Künstlerin die Situation gemeistert?

Wie jeder andere auch, wir waren alle im Überlebensmodus. Manche Tage sind hart und andere noch härter. Meine Freunde und meine Familie haben mich bei Verstand gehalten. Sie lieben mich und ich liebe sie, wir haben das gemeinsam geschafft. Ich habe auch daran gearbeitet, mich wieder in mich selbst zu verlieben, das war die schönste Ablenkung von dem aktuellen Wahnsinn. Das Album, an dem ich arbeite, ist auch zu der Luft geworden, die ich atme. Es ist der Grund, warum ich morgens aufwache und was mir durch den Kopf geht, wenn ich mich nachts zur Ruhe lege. Ich kämpfe jeden Tag für meine Musik, das ist meine Art der Bewältigung.

Es ist eine Weile her, dass du vor "Cigarette" das letzte Mal Musik veröffentlicht hast. Was hat dich dazu inspiriert, diese Platte jetzt zu veröffentlichen?

Es war einfach höchste Zeit. Nachdem ich Coastal Cider gemacht hatte, wusste ich, dass es eine Weile dauern würde, bis ich wieder Musik veröffentlichen würde. Ich hatte sogar vor, dies nicht zu tun. Ich wollte wachsen, in der Welt leben, bevor ich eine neue Welt für mich und mein Publikum beschwor. Ich wollte, dass mich das nächste Projekt mit einer Transformation überrascht. Leider habe ich zu viel gelebt, was ich nicht geplant hatte. Ich befand mich in der Anfangsphase dessen, was eine Ewigkeit des Kummers sein wird. So ist das Leben. Leben enden nun einmal.

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

Wie würdest du als Ostafrikanerin, die in Kanada lebt, die Unterschiede zwischen der dortigen und der hiesigen Gig-Szene beschreiben?

Die Stimmung in der Heimat ist definitiv unübertroffen. Allerdings sind die Szene und die Infrastruktur für alternative Musik unterentwickelt. Der Hauptunterschied ist wirtschaftlicher Natur – alternative Musik wird im Ausland besser bezahlt und verfügt über mehr Infrastruktur. Es ist auch wichtig anzuerkennen, dass sich alternative Musik ständig weiterentwickelt und nicht mehr nur ein Phänomen der Mittelschicht ist. Es gibt erstaunliche Underground-Künstler:innen, die alternative Musik in Kisuaheli für Suaheli machen und Geschichten auf eine Art und Weise erzählen, die textlich und visuell für die breite Masse nachvollziehbar ist. Das ist so verdammt aufregend, weil es beweist, dass alternative Musik in Ostafrika einen vielfältigen kulturellen Wandel darstellt und nicht nur ein Klassengefälle. Die neue Ostafrika-Welle wird sich durchsetzen, wir müssen nur dranbleiben und außergewöhnlich sein!

Siehst du dich selbst als Alté oder African Alternative Künstlerin? Wenn ja, warum? Wenn nicht, warum nicht?

Ich liebe Alté, aber nein, ich bin keine Alté-Künstlerin. Ich denke, Alté ist sehr spezifisch für ‚alternative‘ Musik im westafrikanischen Sinne. Sie ist repräsentativ für deren kulturelle Renaissance und von der Geschichte ihrer Kunst geprägt. Alternative Kunst/Musik gibt es aber nicht nur in Westafrika, ich hoffe, das ist klar. Jedes Land in Afrika durchläuft derzeit eine eigene Renaissance-Bewegung. Ich betrachte mich selbst als alternative Künstlerin aus Ostafrika, die neue Genres für die Kultur schmiedet: Neo Ngoma, Neo Swahili Soul, Neo Taraab und einige rein experimentelle Sachen, die ich noch nicht definiert habe.

Was sollen Leute empfinden, wenn sie deine Musik hören?

Ich möchte, dass sie das Gefühl haben, über sich hinauszuwachsen. Wenn meine Musik jemanden an einen unvorhersehbaren Ort in seinem Kopf bringen kann und ihm hilft, in eine Welt zu entkommen, die er sich selbst ausgedacht hat, dann habe ich es geschafft. Wenn ich vor einem Publikum auftrete, möchte ich, dass es sich so fühlt wie mein Lied Afrodite – ein gefühlvoller Widerhall des Geistes.

If i ever go missing, you can find me beneath your skin
- Afrodite

Visuelles Storytelling ist offensichtlich sehr wichtig für dein künstlerisches Schaffen. Wie findest du die richtigen Leute, die dich visuell repräsentieren? Und erfüllen sie immer deine Erwartungen?

Ich habe die Führung, wenn es um die kreative Richtung meiner Bilder geht, das ist sehr wichtig für mich. Ich führe leidenschaftlich gerne Regie und bin eine Fachfrau für Fotografie und Film, so dass ich mich sehr für das visuelle Ergebnis meiner Musik interessiere. Ich führe hauptsächlich auf dieselbe intuitive Weise Regie, wie ich meine Songs schreibe, die bewegten Bilder kommen zu mir wie die Texte, aber ich schaffe natürlich nicht in einem Vakuum. Ich habe ein unglaubliche tolles Team. Ich bin so dankbar für sie, besonders für eine Frau, Jenn Xu, meine Co-Kreativdirektorin. Sie ist mein Fels in der Brandung, eine wahre Freundin und eine Mit-Träumerin. Ich bin auch dankbar für Jan, den Regisseur, der an das Cigarette-Musikvideo geglaubt hat, als es sonst niemand tat, und der mir geholfen hat, meine Vision auf so beeindruckende Weise umzusetzen.

Wie bringst du deinen Job und deine Musikkarriere unter einen Hut, besonders während der Pandemie?

Man schläft einfach nicht. Ich habe den Dreh des Cigarette-Musikvideos um 4:30 Uhr beendet, war um 5:30 Uhr im Bett und wachte um 7 Uhr auf, um um 9 Uhr meine Frühschicht anzutreten. Es fühlte sich an, als wäre ich den ganzen Tag über stoned gewesen. Ich kann mich nicht beschweren, denn ich habe mir dieses Leben ausgesucht, und ich träume definitiv von dem Tag, an dem ich mich nur noch auf die Musik konzentrieren kann, das ist mein ultimatives Ziel.

Gibt es zu Beginn der zweiten Jahreshälfte irgendwelche zukünftigen Projekte, auf die sich deine Fans freuen können?

Ja, und es wird wunderschön werden. Das ist alles, was ich sagen kann.
Shishi Wanj ist eine Macherin aus Nairobi, Kenia, die eine wichtige Rolle beim Kuratieren und Bekanntmachen verschiedener (meist alternativer) Künstler:innen aus der Kreativszene spielt. Da sie von Beruf Schriftstellerin und DJ ist, hat sie eine andere Perspektive auf kulturelle Räume, Menschen, Nuancen und Notwendigkeiten.
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Im Auge behalten: Sema Sole

Im Auge behalten: Sema Sole
von Kalanzi Kajubi

Sema Sole ist ein vielschichtiger MC aus Kigali, Ruanda. Sein lyrischer Stil ist düster und doch eindringlich, typischerweise rappt er zu Post-Trap-Instrumentals. Wie die meisten anderen Hip-Hopper des Landes rappt er fast ausschließlich in der Landessprache Kinyarwanda, aber mit einer Intention, die ihn von seinen Zeitgenossen abhebt.

Dies kommt besonders auf seiner Debüt-EP Bururu zum Ausdruck, die im Sommer veröffentlicht wurde. Bururu, was übersetzt „blau“ bedeutet, ist eine 5-Song-Introspektion über Depression und ihre vielen Phasen, in deren Mittelpunkt die Geschichte eines wohlhabenden, aber unerfüllten Mannes steht, der alles verliert.

Auch ohne die Sprache zu verstehen, ist der Ton des Projekts sehr klar artikuliert, sogar bis hin zum Cover, das unseren nackten Protagonisten zeigt, der Geld blutet, während er durch eine schattige blaue Umgebung läuft. Semas heisere Stimme ist das perfekte Gefäß für die gewichtigen Themen des Albums, und die Produktion ist großangelegt genug, um seine mundvollen Verse unterzubringen.

Wir haben uns mit Sema getroffen, um mehr darüber zu erfahren, wie seine Musik entstanden ist.

1. Wer ist Sema Sole? Was ist die Geschichte oder Bedeutung hinter deinem Namen?

Mein Kumpel Manzi und ich unterhielten uns eines Tages, und ich erzählte ihm, dass ich in meiner Musik nicht meinen richtigen Namen verwenden wollte, auch nicht den alten Namen, den ich benutzte, als ich 2015 mit dem Rappen anfing, nämlich das inzwischen zum Schreien komische „DK-47“, das eigentlich auch von Manzi erfunden wurde. Ich erzählte ihm, dass ich darüber nachdenke, „Sema“ zu verwenden, was auf Suaheli „sprechen“ bedeutet. Seine Augen leuchteten auf, dann sagte er: „Was ist mit Sema Sole?“ Ich hatte erwartet, dass die Leute denken würden, es stecke eine besondere Bedeutung dahinter, aber es ist wirklich nur der Klang, der mich überzeugt hat. Außerdem fühlt sich der Name wie eine Tabula Rasa an, die die Kreativität nicht einschränkt.

2. Wann hast du angefangen, Musik zu machen? Wie ist dein Weg bisher verlaufen?

Ich habe 2015 meinen ersten Song aufgenommen. Für einen ersten Song war er ehrlich gesagt gut, der Aufnahmeprozess war anstrengend, aber ich war von einer Menge Begeisterung angetrieben. Als Hip-Hop-Enthusiast hatte der bereits erwähnte Manzi damals gerade mit dem Rappen angefangen und ermutigte mich immer wieder, es auch zu versuchen.

Ich nahm eine kleine Auszeit und beschloss, eine Musikpause einzulegen, um meine Selbstzweifel zu überwinden. In der Zwischenzeit habe ich mich vom Musiker zum Schüler gewandelt und konsumiere und nehme bei jeder Gelegenheit Musik auf. So habe ich nicht nur mehr Wertschätzung für andere experimentelle Genres wie Soul, Jazz, Blues und Rock entwickelt, sondern auch aktiv mein Handwerk verfeinert.

Während des ersten Lockdowns traf ich mich wieder mit Manzi, der ebenfalls eine Pause vom Rappen genommen hatte, allerdings aus anderen Gründen. Er ist die einzige Person, die an meine Kunst geglaubt hat, auch wenn ich selbst nicht daran geglaubt habe. Ich schrieb Verse zu Beats und nahm sie mit meinem Handy auf. Ein paar Sessions später veröffentlichte ich meinen ersten Song „Ignis“ als Sema Sole mit meinem lieben Freund und einem meiner Lieblingsacts in der Hip-Hop-Szene von Kigali, Mazimpaka Prime, der überwältigend positiv aufgenommen wurde. Außerdem habe ich mich im letzten Sommer wieder mit meinem Freund Reddy getroffen, der Produzent ist. Manzi, Reddy und ich haben beschlossen, ein Kollektiv zu gründen, das wir „Mellow Couch“ nennen. Unsere Vision für Mellow Couch ist es, alles einzubeziehen, was wir uns in der aktuellen Musikszene wünschen. Das befindet sich alles noch in der Anfangsphase, aber ich freue mich, dass unsere Vision Gestalt annimmt.

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3. Du scheinst die Welt, die du um deine Musik herum aufbaust, sehr bewusst zu gestalten, vor allem was die Gestaltung des Covers und die Auswahl der Beats angeht. Kannst du uns an deinem kreativen Prozess teilhaben lassen?

Mein kreativer Prozess beginnt in der Regel mit der Suche nach dem richtigen Beat. Die Auswahl des Beats ist sehr wichtig, weil der Beat die Richtung vorgibt, in die ich mit dem lyrischen Inhalt gehen werde; der Gesangston, die Kadenz usw. Meine Kriterien sind einfach. Wenn mich ein Beat beim ersten Anhören nicht provoziert oder erregt, dann ist er nicht der richtige. Punkt. Das kommt nicht oft vor, deshalb bin ich bei Beats sehr wählerisch.

Die Intention ist mein Kompass. Obwohl ich mehr Englisch als Kinyarwanda spreche, habe ich mich bei der Arbeit an Kama selbst herausgefordert, den gesamten Song in Kinyarwanda zu komponieren. Nach der Veröffentlichung von Kama war die Resonanz so positiv, dass ich mich inspirieren ließ, die EP in Kinyarwanda zu singen. Damals wusste ich noch nicht, wohin mich dieses Konzept führen würde, aber die Absicht ist eine Reise und kein Ziel. Ich schloss mich schließlich mit Credo Hope zusammen, der Designerin, die mir einen Katalog von Kunstwerken zeigte, an denen sie gearbeitet hatte, und das Cover der EP sprach mich sofort an. Ich habe sie gebeten, dafür zu sorgen, dass Geld auf dem Rücken der Muse fliegt, was meiner Meinung nach das EP-Cover visuell stimmig macht.

4. Die EP enthält keine Features. War das auch beabsichtigt?

Ich habe mich bei der EP für ein Soloalbum entschieden, weil ich meine künstlerische Bandbreite voll ausschöpfen und einfach meinen Raum haben wollte. Ich habe das Gefühl, dass die EP auch ziemlich persönlich ist, sodass keine andere Stimme außer meiner notwendig war, um meine inneren Gefühle zu vermitteln.

5. Welche Künstler:innen haben am meisten Einfluss auf deinen Sound?

Die ersten Künstler, die mir in den Sinn kommen, sind Kendrick Lamar, Tyler, the creator, Kanye West, Andre 3000, Nirvana, The Beatles, Earl Sweatshirt und Billie Eilish. Mein Sound wurde auch stark von Kamaliza, Cecile Kayirebwa, Teta Diana, Nkurunziza Francois, Gatikabisi alias Don Nova, Bushali und B-Threy beeinflusst. Während ich mich ständig von lokalen Künstler:innen inspirieren lasse, war die Ausweitung meiner Einflüsse über meine Heimatkultur hinaus die notwendige Verbindung zwischen der Festigung meiner Wurzeln und der Entwicklung meines Sounds.

6. Können wir bald ein Video von dir erwarten?

Auf jeden Fall! Ich habe ein Video für Vutu gedreht. Ich hoffe, dass ich es bald veröffentlichen kann. Ich gebe zu, dass ich etwas nervös bin, weil ich nicht weiß, wie es ankommen wird. Es ist das erste Mal, dass ich mich mit visuellen Mitteln beschäftige, und der Prozess ist ein großer Sprung aus meiner Komfortzone. Das Wichtigste ist aber, dass die Leute genauso viel Spaß daran haben wie ich an dem Song.

7. Wie kam es zur Entstehung von Bururu?

„Bururu“ ist das Wort für die Farbe Blau in Kinyarwanda. Die EP fängt im Wesentlichen die wechselnde Stimmung eines Menschen ein, der die verschiedenen Phasen einer Depression durchläuft. Die Vergesslichkeit während eines vorübergehenden Hochs, die sich von „yota“ bis zum plötzlichen Ende der Musik in „bwije“ erstreckt, und die Ernüchterung, als es in „iBururu“ wieder in den Blues zurückgeht. Ich verwende die Metapher von Reichtum und Armut, um dies zu vermitteln. Der Mann beginnt in „Yota“ (was frei übersetzt so viel heißt wie „wenn sie in der Sonne baden“, was bekanntlich eine morgendliche Aktivität ist) damit, dass er davon spricht, wie er es selbst geschafft hat und wie schiere Willenskraft und Selbstbestimmung ihm den Reichtum gebracht haben, den er jetzt hat. Es klingt, als wäre er gerade erst aus der Armut herausgekommen (es ist morgens, kurz nach Einbruch der Dunkelheit), sodass in seiner Haltung immer noch Elemente der Akzeptanz dessen enthalten sind, wie schmerzhaft Armut sein kann, während die Erinnerung an die Nacht noch frisch ist. Er setzt diese Zurschaustellung in Kama fort, was das kinyarwanda Wort für „Melken“ ist. Kühe sind in der ruandischen Kultur ein Symbol für Reichtum. Seinem Tonfall nach klingt er jedoch bequemer und selbstbewusster in Bezug auf seinen Reichtum und sein Wohlergehen, und er ist davon überzeugt, dass sein Erfolg sein eigener Verdienst ist und dass er sich selbst aus seinem vergangenen Unglück befreit hat. In „Vutu“, dem Kinyarwanda-Wort für „Fresskoma“, kommt als Höhepunkt dieses Wohlbefindens die hohe Energie des Tracks und ein hohes Maß an Selbstvertrauen in der Darbietung und noch mehr Prahlerei im Text. Das Wohlbefinden und das Hochgefühl setzen sich im folgenden Stück kurz fort, bevor die Musik abrupt endet, nachdem uns die beiden Stimmen am Ende des Zwischenspiels verraten, dass es bereits Nacht ist. Sie klingen überrascht, wie schnell die Nacht hereingebrochen ist, das Wort „Bwije“ bedeutet übersetzt „es ist Nacht“. Dies führt zum letzten Stück „iBururu“, was übersetzt „beim Blues“ heißt… unser Protagonist findet sich nun arm und bettelnd wieder und beklagt sich darüber, dass er alles im Leben versucht hat, aber kein Glück hatte und das Leben bedeutungslos geworden ist. Damit steht er in scharfem Kontrast zu seiner Haltung in den früheren Stücken. Das Cover vermengt die Metapher mit dem Hauptthema der Depression, wie man an der Art und Weise erkennen kann, wie das Geld aus dem Rücken unseres Charakters fliegt, während er sich vor Schreck in diesem blauen Reich fast nackt wiederfindet.

Ich habe in der Vergangenheit mit Depressionen zu kämpfen gehabt, und in der EP fange ich die unterschiedlichen Haltungen ein, die ich in den verschiedenen Phasen meiner Depression hatte. In den vorübergehenden Hochs vergaß ich, wie schlimm die Tiefs waren, bis ich wieder in den Abgrund geworfen wurde. Es ist wirklich ein Aufruf, sich nicht von den Umständen beeinflussen zu lassen, wie man dem Leben gegenüber steht, auch wenn das leichter gesagt als getan ist.

8. Erzähl mir von der Entscheidung, ausschließlich in Kinyarwanda zu rappen. Du hast einmal erwähnt, dass du versucht hast, auf Englisch zu rappen, aber festgestellt hast, dass es für dich natürlicher ist, auf Kinyarwanda zu rappen.

Das Dilemma ist, dass ich Englisch viel besser beherrsche, aber es gefällt mir viel besser, wie ich auf Kinyarwanda klinge. Ich kann in ziemlich kurzer Zeit gute Verse auf Englisch schreiben, aber wenn ich sie dann singe, muss ich immer ganz viele Aufnahmen machen, weil ich es hasse, wie ich bestimmte Wörter ausspreche. Und normalerweise gebe ich mich nach einer Million Takes zufrieden, ohne wirklich zufrieden zu sein. Ich glaube, das liegt daran, dass sich mein Akzent sehr von dem der Rapper unterscheidet, mit denen ich aufgewachsen bin, sodass ich mir selbst zuhöre und dann immer denke, dass es bescheuert klingt. Bei Kinyarwanda nehme ich mir mehr Zeit, um eine Strophe zu schreiben, und wenn ich sie aufnehme, mache ich einen einzigen Take. Ich hätte nie gedacht, dass ich in der Lage sein würde, ausschließlich in Kinyarwanda zu rappen, bis ich es ausprobiert habe. Ich bin immer noch unsicher, ob ich die Sprache fließend beherrsche. Ich höre viele meiner Zeitgenossen in Kinyarwanda, die Wörter und Ausdrücke benutzen, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existieren. Es ist befriedigend zu sehen, wie sich Menschen, die die Sprache nicht kennen, mit meinen Liedern identifizieren. Ich dachte, ich würde ein Publikum verlieren, aber die Leute verstehen mich immer noch.

9. Wie ist es, in Ruanda Musik zu machen? Wie sieht die kreative Szene dort aus?

Es ist eine sehr aufregende Zeit, um hier in Ruanda Musik zu machen. Vor allem der Hip-Hop hat sich stark weiterentwickelt, weg vom sehr monotonen Old-School/Hardcore-Hip-Hop, der jahrelang vorherrschend war, hin zu einer größeren Vielfalt. Andere alternative Klänge sind aufgetaucht und haben sich durchgesetzt, und die Fangemeinde unserer Künstler:innen wächst auch in der Region. Es ist spannend zu sehen, was die nahe Zukunft bringt.

10. Was steht für dich als Nächstes an?

Ich arbeite weiter an meiner Musik. Das sehr positive Feedback auf diese EP hat mich dazu gebracht, noch mehr zu arbeiten. Ich werde weiterhin Musik über Singles und Kollaborationen mit Mellow Couch und anderen Künstler:innen veröffentlichen. Ich arbeite gerade an meinem Debütalbum. Ich versuche, mir damit Zeit zu lassen, da ich mich selbst noch mehr herausfordern möchte. Hoffentlich kann ich es noch vor Ende des nächsten Jahres veröffentlichen.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Sound Sultans politische Musik

Sound Sultans politische Musik
von Rasaq Malik

Nigeria brennt und die Bürger sind amüsiert.

Und ich muss meine Geschichte erzählen
um sie anzustoßen und aufzuwecken
die schlafen
unter meinem Volk.

Der Tod von Sound Sultan (Künstlername des legendären Olanrewaju Abdul-Ganiu Fasasi von seines Labels Naija Ninja) wurde am 11. Juli, als er im Alter von 44 Jahren verstarb, überall in den sozialen Medien betrauert. Sultan wurde in Jos, Plateau State, als viertes Kind einer fünfköpfigen Familie geboren. Er war sehr begabt und seine Leidenschaft für die Kunst umfasste auch andere Medien wie Schauspiel, Comedy, Songwriting und Gitarrespielen, um nur einige zu nennen. Er hatte zahlreiche Auftritte und gewann Preise für seine Lieder, die das Bewusstsein der Menschen bereicherten und ihnen die Möglichkeit boten, sich kritisch mit gesellschaftlichen Ereignissen, insbesondere in Nigeria, auseinanderzusetzen.

In Sound Sultans Musik ist das Thema des politischen Bewusstseins von zentraler Bedeutung. In seinen Liedern, die sich über Jahre beeindruckender musikalischer Erfolge erstrecken, werden die Notlage der Massen, ihre alltägliche Frustration und ihr Unmut über die nigerianische Regierung und ihre vielfältigen Ideen dazu, das Volk zu betrügen, wunderbar eingefangen. Sultans Einsichten zeigen sich auch in der Wahl der Themen, mit denen er sich beschäftigt, und in der Sprache (eine Mischung aus Yoruba und Englisch), die er für seine Lieder verwendet. Das 2020 veröffentlichte Lied „Faya Faya“ mit Duktor Sett ist ein großartiges musikalisches Werk, das den beunruhigenden Zustand des Landes und die Sehnsucht der Massen nach Hoffnung zum Ausdruck bringt. Das Bild des Feuers deutet auf die mutwillige Zerstörung und die Unruhen im Lande hin. Geschickt vorgetragen mit einer Stimme, die Verzweiflung und Müdigkeit transportiert, ermöglicht „Faya Faya“ uns, unsere kollektiven Sehnsüchte zu betrauern; unsere sterbenden Träume und Hoffnungen. Die Verwendung von Refrains in einigen von Sultans politisch ausgerichteten Musikstücken unterstreicht das Ausmaß der Probleme, unter denen die Bürger leiden. Die Wiederholung von „pana pana“ macht deutlich, dass man jahrelang vergeblich darauf gewartet hat, dass die Politiker das Feuer der postkolonialen Probleme wie Korruption, politische Instabilität, unnötige Morde, Arbeitslosigkeit usw. löschen. In dem Lied singt Sultan:

Während wir auf ein Wunder warten
Wird das Feuer brennen, brennen, brennen
Denn wir warten auf ein Orakel
Feuer soll brennen soll brennen soll brennen
Wir beten, dass das Feuer kühlt
Feuer soll brennen, soll brennen, soll brennen
Panapana o panapana o panapana o.

Hier wird das Bild des Chaos durch diese prägnanten Zeilen gezeichnet. Jahre nach der Wahl neuer Führer werden ihre Versprechen auf Veränderung zu Fata Morganas. Dieses monumentale Versagen wirkt beunruhigend, da die Massen nach den Phantomversprechen der Gewählten dürsten. In jüngster Zeit ist Nigeria zu einem zerklüfteten Hügel für Aktivisten und Menschen geworden, die sich von der Regierung die gewünschten Veränderungen wünschen. Im Oktober 2020 löste die Schießerei am Lekki Tollgate (als Teil der #EndSars-Proteste) kritische Reaktionen im Land aus. Das tragische Ereignis löste eine weltweite Erkenntnis über die Rücksichtslosigkeit aus, mit der unsere Sicherheitskräfte die ständigen Tötungen von Bürgern durch SARS (eine für ihren Missbrauch berüchtigte Polizeieinheit) bekämpfen. Darüber hinaus haben die verheerenden Auswirkungen der von den Fulani-Hirten verübten Angriffe im ganzen Land ernsthafte Sorgen um die Sicherheit der Bürger aufkommen lassen. Darüber hinaus werden in dem Lied die Waffen des Stammesdenkens und der religiösen Polarisierung hervorgehoben, die zur Spaltung und zur Erzeugung von Zwietracht unter den Massen eingesetzt werden.

In einem anderen Lied mit dem Titel „Ole (Bushmeat)“, das 2011 veröffentlicht wurde, schimpft Sultan über die diebischen Führer und ihre Tricks, mit denen sie das Land ausplündern. Seine Angst ist noch ausgeprägter, da er mit Zeilen um sich wirft, die die Plünderer und ihr unersättliches Streben nach unseren kollektiven Ressourcen treffend beschreiben. Sultan beschreibt den rückschrittlichen Zustand des Landes und die von seinen gewählten Führern begangenen Übel und bietet uns einen denkwürdigen Song, der das Gewicht unseres kollektiven Kummers trägt. Das Lied ist revolutionär und erinnert an die jahrelangen Plünderungen und die Misswirtschaft der öffentlichen Gelder, die das Land plagen. Das Bild des Buschfleisches und des Jägers steht für die Bürger und die Regierenden. Die Jäger (die Führer) machen Jagd auf die Massen (das Buschfleisch). Auch hier zieht sich der Refrain – „Ole“ – wie ein roter Faden durch das Lied. Darin zeigt sich Sultans kreativer Einfallsreichtum und seine Fähigkeit, die schrecklichen Geschehnisse in der Gesellschaft einzufangen, ohne dabei auf die poetische Note zu verzichten, die sein Werk auszeichnet. In „Ole“ singt er:

Seht sie fliegen für das Flugzeug
erinnere dich an all die Schmerzen,
die mein Volk ertragen muss
Ich werde nicht müde, es zu erklären
Die kleinen Leute, die nie hacken,
beschweren sich Wasser Licht na yawa
überall nur Licht kein Strom
die einzige Macht ist die,
die uns unterdrückt.

Diese Zeilen verdeutlichen das von den Machthabern in Sultans Heimatland errichtete Unterdrückungssystem. Durch dieses Lied werden wir auf die Leiden des Volkes und die Privilegien der Machthaber eingestimmt. Die Kluft zwischen den Armen und den Reichen wird deutlicher sichtbar. So ist es beispielsweise ein typisches Ritual unserer führenden Politiker, für medizinische Behandlungen ins Ausland zu fliegen, während die Masse der Bevölkerung schlecht ausgestattete Krankenhäuser aufsucht, die gleichzeitig als Schlachthaus für diejenigen dienen, die sich vor dem möglichen Tod der Patienten in diesen Krankenhäusern fürchten. Erwähnenswert sind auch die Schlaglöcher, die unsere Straßen zieren, während die Staatsoberhäupter per Flugzeug in andere Länder reisen.

Sultans musikalischer Weg führt uns weiterhin durch seine Vorliebe für die unermüdliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Dekadenz und Verrottung in seinem Heimatland. In „2010 (Light Up)“, featuring M.I. Abaga, überwiegt seine überwältigende Wut auf die nigerianischen Führer. „2010 (Light Up)“ konfrontiert die Führer mit ihrem Versagen, eine stabile Stromversorgung für die Massen zu gewährleisten. In diesem Song lässt Sultan die Versprechen der nigerianischen Führer Revue passieren und zeigt auf, wie die Dürre der politischen Verantwortlichkeit das Land heimsucht. Er singt:

Wenn wir unsere Regierung fragen
wann sie uns Licht geben wird
Dem sagen na 2010
Seitdem warten wir nicht mehr auf 2010
Aber jetzt muss das Warten ein Ende haben
Denn 2010 wird sich zeigen, oh oh oh

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im Original auf englisch bei Africa is a Country unter dem Titel „Sound Sultan’s Political Music“

Es ist erwähnenswert, dass „2010 (Light Up)“ nach wie vor einer der politischsten Songs des Landes ist. Sultans Versuch, die nigerianische Bevölkerung von den Heuschrecken zu befreien, die ihren Verstand verschlingen, ist lobenswert. Die von Sultan verwendete Metapher von Moses, der sein Volk in das gelobte Land führt, ist sehr treffend. Leider ermordet sein Heimatland diejenigen, die sich gegen die Flut der Revolution auflehnen. Der Moses wird am Galgen aufgehängt oder an einem unbekannten Ort begraben, während die systematische Vernichtung von Messiassen nie aufhört. Betrachtet man die politische Geschichte Nigerias, so wird der Schmerz über die enttäuschten Hoffnungen zur unvermeidlichen Realität. Man wird mit den traurigen Geschichten von MKO Abiola und den annullierten Wahlen vom 12. Juni 1993 konfrontiert; Ken Saro Wiwa und seinem Kampf gegen die Ölverschmutzung im Land der Ogoni und Dele Giwa und seiner Ermordung durch unbekannte Killer mittels eines Bombenpakets. Der Tod dieser Menschen unterstreicht das tragische Ende jedes Moses, der sich erhebt, um die erschütternden Erzählungen über das postkoloniale Trauma in Nigeria zu verändern. Sultan singt:

Ich möchte wie Mose sein
Meinem Volk den Weg
in das gelobte Land
Aber dann habe ich etwas bemerkt
Leute, die es mit mir versuchen, tauchen unter
Ich sehe sie, ja

In anderen Strophen des Liedes beklagt Sultan die Unfähigkeit der nigerianischen Führer und ihre kolossalen Versäumnisse und setzt sein unermüdliches Streben nach einem utopischen Heimatland fort. Wenn man sich durch die anderen aufrüttelnden Strophen dieses Liedes bewegt, werden die revolutionären Tropen, die das Lied zu einem meisterhaften Werk machen, deutlicher sichtbar. Sultan singt:

Erhebt euch Naija
Erhebt euer apa
Sag ihnen, dass du das Böse leid bist
E don tey wen fela don go o
E don tey wen fela don go o
Die Anführer sind also hinter dem Geld her

Die Erwähnung von Fela Kuti in diesem Lied ist symbolisch und zeitgemäß. Wenn man die unbehandelte Wunde der soziopolitischen Probleme in Nigeria öffnet, kommen einem Felas politisch ergreifende Lieder in den Sinn. Wie die Reden von Martin Luther King und Malcolm X, die den Kampf für die Freiheit der Schwarzen in den Vereinigten Staaten und auf dem afrikanischen Kontinent festhielten, waren und sind Felas Lieder ein wichtiges Instrument, um die Massen gegen die politischen Rüsselkäfer aufzuwiegeln, die die Blütenblätter der Träume durchwühlen. Mit seinen Liedern kämpfte er gegen den Krebswurm schlechter Führung und offener Verstöße gegen die Gesetze in seinem Heimatland. Er sezierte nationale Themen und schilderte in seinen Liedern die enormen Turbulenzen, die von den Militärführern verursacht wurden, und deren immense Unterdrückung der Menschenrechte. Er rief zur Befreiung der Nigerianer auf – der einfachen Männer, der Marktfrauen, der sterbenden Kinder, der bettlägerigen Rentner, der Verlassenen, denen die Lebensgrundlage entzogen wurde.

Fela starb 1997, aber die Probleme der Nigerianer bleiben ungelöst. Sultans revolutionäre Stimme hallt durch das Lied, wenn er sagt: „Rise up, Naija/Raise your apa“. Sultans Verachtung für Tyrannei und Unterdrückung spiegelt sich in diesem Lied wider. Seine vernichtende Kritik an der giftigen Machtausübung der Machthaber verstärkt unser Verständnis dafür, wie korrupt und ineffektiv das System unter der Regierung ist. In „Naija Jungle“, das 2018 veröffentlicht wurde, beschreibt Sound Sultan wie gewohnt die Probleme des Landes und wie die Bourgeoisie die Proletarier auf ihre gewohnte Art und Weise unterdrückt. Die ungleiche Verteilung des Reichtums spiegelt sich auch in den Strophen des Liedes wider. Darüber hinaus erinnert das Lied an George Orwells bahnbrechendes Buch „Animal Farm“ und Beautiful Nubias „The Small People’s Anthem“. In den beiden genannten Werken leiden die Massen sehr, während sich die Führer auf Kosten der Massen bereichern und ihnen die grundlegenden Annehmlichkeiten vorenthalten, die ihnen das Überleben sichern. Anstatt einen großen Beitrag zum Fortschritt der Gesellschaft und des Volkes zu leisten, sehen die Führer zu, wie sich das Volk in bitterer Armut suhlt. Sound Sultan singt:

Manche schauen, manche arbeiten
Manche reden, manche hacken
Manche leben auf dem Dach
und manche schlafen auf dem Boden
Einige arbeiten die ganze Zeit, während andere hacken
Bis die Belle voll für den Boden ist
Refrain:
Affen arbeiten, Paviane hacken
Vieles passiert im Dschungel
Wenn der Löwe redet,
hält die Schildkröte den Mund
vielschichtiger Dschungel.

In anderen Strophen des Liedes wird der Dschungel geschildert, den Sultan zu erforschen versucht. Diese Art von Dschungel ist gekennzeichnet durch Ungerechtigkeit und Strafen, die auf die Massen niedergehen. Es ist ein Dschungel, der keinen Aufschub duldet, und das Leben seiner Bewohner ist dem vorzeitigen Tod ausgeliefert. In diesem Dschungel sterben die Menschen, weil sie es leid sind, immer wieder aufzuwachen und über den besorgniserregenden Zustand von allem zu klagen. Diese Art von Dschungel ist unheimlich, und nur diejenigen, die die Schmerzen ertragen können, werden überleben. Es ist ein Dschungel namens Nigeria, und die Menschen dort liegen im Sterben.

Rasaq Malik ist ein nigerianischer Dichter. Er ist Absolvent der Universität von Ibadan, Nigeria.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Familie und Luxus neu denken mit FAKA

Familie und Luxus neu denken mit FAKA
von Maneo Mohale

Mam'khulu Queenie

… ist eine Frau sparsamer Worte und stiller Anmut. Sie ist die Schwester meiner Großmutter – in jenem nebulösen Sinne, in dem in Schwarzen Familien eine Cousine eine Schwester und ein Onkel ein Großvater ist und jede Frau, die dich jemals im Arm gehalten hat, deine Mutter ist. Mam’khulu Queenies Rezepte, darunter auch ihre begehrten Anleitungen zum Backen eines süßen Dattelkuchens, befinden sich in einer Mappe, die sie in ihrer Schrankwand aufbewahrt. Wie die meisten Gogos bewahrt sie in diesem Raumteiler neben Spitzendeckchen, Messingvasen, Plastikrosen, Tassen und Keramik auch Fotos von ihrer Familie auf.
Es ist daher nicht überraschend, dass etwas in mir erschüttert wurde, als ich das Bildmaterial zu Queenie -FAKAs neuestem, erstaunlichen Musikvideo, das gleichzeitig Kurzfilm und Single ist – sah.
Das Video beginnt mit einer Aufnahme eines Raumteilers: Bilder von Desire Marea und Fela Gucci zieren die Regale in verschiedenen Bilderrahmen. Viele der Bilder sind bekannt, wie die ihres berühmten Shootings für den Bubblegum Club, auf denen das Duo in schwarzen Trikots und Netzstrumpfhosen auf staubigem Boden steht, fotografiert von der international bekannten niederländischen Fotografin Viviane Sassen. Andere Fotos scheinen älter und intimer zu sein.

Als die Kamera zurückfährt, sehen wir die Entwicklung von FAKA im Laufe der Zeit. Ihre in Ehren gehaltenen Schnappschüsse ruhen vor vergoldeten Keramiktellern, dienen als gerahmte Markierungen der Zeit. Dieses erste Bild, in dessen Hintergrund sich Queenies wummernder, von Angel-Ho produzierter Beat entfaltet, weckt Erinnerungen, und ich kann nicht anders, als an meine Mam’khulu zu denken.

Zwischen Kurzfilm, Modefilm und Videografie

Das Video von Queenie, bei dem die Filmemacherin Jabu Nadia Newman und der Kapstädter Performance-Künstler Luvuyo Equiano Nyawose Regie führten, überschreitet die Grenzen zwischen Kurzfilm, Modefilm und konzeptioneller Videografie. Mit einer Mischung aus bekenntnishaften Sprachnotizen, gedämpfter Kameraführung, freier Choreografie und üppigen dekorativen Versatzstücken bietet Queenie eine funkelnd frische Vision von Queerness, die wie eine freche Erscheinung zwischen den Kamerablickwinkeln hin- und herflackert.
Zum ersten Mal sehen wir FAKA leibhaftig in einem Raum, der eine leere Schulhalle zu sein scheint. Fela und Desire erscheinen als kühne Inkarnationen der Kwaito-Sängerin Lebo Mathosa, gekrönt von wallenden honigbraunen Locken, metallisch schimmerndem Make-up und engelsgleichen weißen Kleidern. Sie stehen vor einem blau gefärbten Hintergrund und posieren mit blinkenden Glühbirnen für die Kamera.Über dem Beat hören wir eine STimme, die gesteht:

Mir wurde nie der Luxus zuteil, meine Sexualität zu entdecken. Ich glaube, im Alter von drei Jahren hat man mir gesagt, dass ich schwul bin

Diese Vorstellung von Luxus wird sofort untergraben, als Desires reicher und sirupartiger Gesang im ersten Text des Liedes antwortet.

FAKA tanzen und bewegen sich in der Schulhalle, ihre Hände flattern in lockeren und fließenden Vogue-Formationen. Fela spiegelt Desires Bewegungen wider, wobei sich ihre weißen Ärmel wie Wolken wölben. In einer herzzerreißenden Sequenz dreht Fela langsam ihre Locken und blickt über ihre Schulter in die Kamera – ihr Blick ist gleichzeitig sanft, kraftvoll, feminin, kokett und verspielt.

Wie der Beschreibungstext andeutet, hatten so viele von uns nicht den Luxus, sich einen Namen zu geben (oder sich einer engen Kategorisierung zu entziehen). Doch hier haben wir FAKA, die den Luxus nach ihrem eigenen Bild neu erfinden und umgestalten. Wir sehen ihnen dabei zu, wie sie mit ihren Körpern eine Schulhalle zurückerobern, einen Raum, der für so viele transsexuelle und queere Kinder nach wie vor eine große traumatische Belastung darstellt. Und diese Rückeroberung ist glorreich.

In einer anderen Einstellung liegen Fela und Desire Kopf an Kopf auf dem Boden der Halle, in einem Stuhlkreis, der von einer leuchtend türkisfarbenen Linie durchschnitten wird. Die Aufnahme von oben wiederholt sich und verwandelt sich, nur dass wir dieses Mal sechs Figuren im Mittelkreis eines Basketballfeldes sehen, die ihre Arme unter einem Ring von Händen ausstrecken.

Ein Basketball wird in die Luft geworfen, und wir sehen FAKA inmitten vertrauter Trans- und Queer-Gesichter spielen: dem Model und Aktivisten Glow Mami, dem experimentellen Künstler und Produzenten Angel-Ho und dem Kapstädter DJ K-$. Gekleidet von Quaid „Queezy“ Heneke und Sarah Hugo Hamman in blassgrünen und neonpinken Outfits, scherzt, schießt und kokettiert die Gruppe in einem Zeitlupentableau der Freude.

In einer Einstellung tanzt und schwankt Fela mit herausgestreckter Zunge, die Finger deuten wie eine ausgetreckte Pistole in die Kamera, als wollten sie sagen: „Ja, wena“, gleichzeitig ein frecher Gruß und eine Ermahnung, die die Betrachtenden in eine Herausforderung verwickelt, die die Anerkennung ihrer Anwesenheit verlangt.

Später sehen wir die Gruppe wieder zu Hause, wo sie an einem Tisch sitzt. Die Szene sieht wie ein alternatives Weihnachten aus. Der Tisch quillt über vor Essen und Sekt, während sich bekanntere Gesichter wie die Queer-Anwältin Mziyanda Malgas und der Regisseur Thandi Gula zu einem ausgelassenen Familienessen zu FAKA gesellen.

Zwischen feierlichen Selfies und farbigen Handschuhen, die ins Bild und aus dem Bild huschen, schleicht sich unter dem eindringlichen Beat ein weiterer Satz sich überlagernder Sprachnotizen ein: „Es gab auch eine Phase, in der ich dachte, dass ich hetero sei. Dachte ich echt! (lacht)… Und wenn ich mir die Tagebucheinträge von damals ansehe… Es bricht mir das Herz zu sehen, wie ich versucht habe, mich zu ändern… Aber nachdem ich mich am Ende der 10. Klasse geoutet hatte, fing ich an, mir von niemandem mehr etwas gefallen zu lassen.

Es ist diese Energie des glitzernden Trotzes, die den Rest des Videos trägt. Wir sehen, wie unsere Familie über ihre Geschenke jubelt und in ihren bunten Rüstungen bei einem improvisierten Festumzug füreinander stolziert, und wir sehen schließlich eine Party in Kapstadts berühmtem Zer021 Club, wo wir sehen, wie sich Paare im blauen Licht zärtlich küssen.

Es ist viel zu einfach, sich auf oberflächlichen Adjektiven wie „wild“, „frech“ und „revolutionär“ auszuruhen, wenn man sich auf das Werk von FAKA bezieht. Mit Queenie zwingen uns FAKA dazu, kollaborativ zu denken und zu sehen, wie bestimmte Bewegungen in radikalen Neuinterpretationen von Familie und Verwandtschaft verankert sind.

Zusammen mit den verschiedenen anderen Künstlern fordert FAKA uns auf, über Geschlecht und Sexualität im Zusammenhang mit der Vergangenheit nachzudenken: über unsere Kindheit und unsere Erziehung; über die Bedingungen, unter denen wir unsere jungen Vorstellungen von uns selbst und unserem Platz in der Welt zu formen und zu gestalten begannen. Oft hatten viele von uns nur ihre Fantasie.

Wie jede kraftvolle Kunst präsentiert uns Queenie eine kaleidoskopische Vision eines Ausschnitts der Realität. Das Video ist sowohl ein Spiegel als auch ein Teleskop, durch das ich so viel von meiner eigenen Reise reflektiert sah, während ich über mich hinaus in meine Gemeinschaft, meine Familie und wieder zurück in eine Ecke des ahornbraunen Raumteilers meiner Mam’khulu Queenie dachte.

Maneo Mohale ist Redakteur*in, feministische Autor*in und Dichter*in. Mohales Arbeiten sind in verschiedenen lokalen und internationalen Publikationen erschienen, vor allem in Bitch Media, wo Mohale 2016 Global Feminism Writing Fellow war. Mohale zweimal auf der Longlist für den Sol Plaatje EU Poetry Anthology Award & ihr* Debüt-Gedichtband „Everything is a Deathly Flower“ kam auf die Shortlist für den Ingrid Jonker Poetry Prize 2020.
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Musik

Sarkodie fühlt überhaupt keinen Druck

Sarkodie fühlt überhaupt keinen Druck
von Nnamdi Okirike

Sarkodie ist einer der erfolgreichsten afrikanischen Rapper aller Zeiten. Mit mehr als zehn Jahren Branchenpräsenz steht sein Können und seine Erfahrung in diesem Bereich außer Frage. Er ist nicht nur ein Pionier des afrikanischen Hip-Hop, sondern auch der meistausgezeichnete afrikanische Rapper, der im Laufe seiner Karriere über 100 Preise bei fast 200 Nominierungen erhalten hat.

Was hat Sarkodie noch zu beweisen? Für jemanden, der seit mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze des Hip-Hop steht, hat er alles erreicht und gehalten. Aber trotzdem ist er immer noch dabei, sich weiterzuentwickeln. Das merkt man schon beim Hören seines neuesten Albums No Pressure, Sarkodies siebtem Studioalbum und dem Nachfolger von Black Love aus dem Jahr 2019, das uns einige der bisher besten Songs des ghanaischen Stars bescherte. King Sark mag so groß sein, wie es nur geht, aber der Umfang seiner Musik entwickelt sich immer noch weiter.

Die ersten zehn Tracks bieten verschiedene Rap-Mischungen, die von einer Handvoll Afrobeats abgerundet werden und am Ende mit einem Gospel-Hip-Hop-Stück mit dem ghanaischen Sänger MOG gekrönt werden. Was die Features angeht, so ist Sark dafür bekannt, hauptsächlich mit seinen afrikanischen Kollegen zusammenzuarbeiten, aber dieses Mal geht er noch einen Schritt weiter und bringt eine Reihe von Gästen aus der ganzen Welt mit. Wale, Vic Mensa und Giggs, die Crème de la Crème des amerikanischen bzw. britischen Rap, treten ebenso auf wie Oxlade aus Nigeria, Cassper Nyovest aus Südafrika und seine ghanaischen Kollegen Darkovibes und Kwesi Arthur.

Wie der Titel des Albums verdeutlicht, fühlt sich Sarkodie absolut nicht gezwungen, dem Beispiel anderer zu folgen. Er zeigt dir genau das, was du sehen sollst, und sagt dir genau das, was du hören sollst. Man merkt es an der fast schon lässigen Angeberei seiner Takte und Verse – das sind die Worte eines Königs.

Woher kommt eigentlich dein Name?

Mein Name leitet sich von dem Wort „Okodie“ ab. Okodie“ bedeutet „Adler“ in Twi, und der Name Sarkodie ist ein Nachname in Ghana. Ich verbinde meine Marke mit dem Adler, und um zu sagen, dass etwas wie der Adler ist, würde man sagen „tse s3 okodie“. So bin ich kreativ auf „Sarkodie“ gekommen, weil es fast wie der Adler klingt.

Was ist eine Sache, die du jeden Morgen unbedingt tun musst?

Das hängt davon ab, wo ich bin, aber wenn ich zu Hause bin, halte ich auf jeden Fall nach meinen Kindern Ausschau. Ob sie in ihrem Zimmer sind oder wo auch immer, das sollte das Erste sein. Reflexartig möchte ich zuerst meine Kinder sehen.

Was treibt dich aus dem Bett?

Die Tatsache, dass man Menschen hat, um die man sich kümmert, Menschen, denen wichtig ist, was man tut. Wenn es um die Arbeit geht, habe ich meine SarkNation. Die Fans wollen, dass ich Musik herausbringe, sie wollen, dass ich gewinne, sie wollen, dass ich etwas tue. Und ich habe eine Familie, für die ich sorge und um die ich mich kümmern muss. Das ist es auf jeden Fall, und auch als Mensch möchte ich der Welt alles geben, was in mir steckt, bevor ich gehe.

Beschreibe Ghana in einem Wort...

Frieden.

Was ist dein Lieblingsessen?

Das müsste Reis mit Eiereintopf sein.

Welches Lied läuft gerade bei dir auf Repeat?

Second Sermon“ von Black Sherif. Er ist einfach pures Talent, weißt du. Er ist roh, er ist echt, und er ist super leidenschaftlich, und das ist es, was ich an Künstlern schätze. Ich glaube, das ist die stärkste Eigenschaft, die ein Künstler haben kann. Ich denke, er ist super leidenschaftlich und hat definitiv unglaubliches Talent.

Welchem spezifischen Genre würdest du deine Musik zuschreiben?

Das ist schwer zu sagen, aber ich denke, dass ein großer Teil meiner Musik in Richtung Rap/Hip-Hop geht, also würde ich sagen, ich mache hauptsächlich Hip-Hop und Afrobeats.

Jetzt lass und über dein neues Album "No Pressure" sprechen. Was ist die Idee dahinter?

Es heißt also „No Pressure“, weil ich das schon seit über zehn Jahren mache, also vertraue ich auf den Prozess, wie ich arbeite. Ich bin an einem Punkt, an dem die meisten Künstler ankommen, wenn sie von den Leuten unter Druck gesetzt werden, das zu tun, was sie von ihnen wollen, und die meisten Künstler fallen zurück, wenn sie darauf reagieren wollen. Man muss also den Druck, den die Leute auf uns ausüben, zerstreuen und in der Lage sein, frei zu schaffen und die Musik zu machen, die man liebt. Deshalb habe ich das Album „No Pressure“ genannt, denn im Moment denke ich, dass ich einfach nur den Tempomat bedienen muss.

Wie hast du ausgewählt, mit wem du für dieses Album zusammenarbeitest?

Wie ich es immer tue, versuche ich einfach, auf die Musik zu hören. Auf die Klänge, die Töne, die Stimmung der Musik und sehe, wer dazu passt. Es war also so organisch wie möglich, weißt du. Ich habe die Leute nicht einfach eingesetzt, weil sie dabei sein mussten, sondern weil der Song das Gefühl geben musste, dass er eine bestimmte Person braucht. Ich habe also einfach auf die Stimmung der Musik gehört, um auszuwählen, wer dabei sein sollte.

Mit wem hast du am liebsten zusammengearbeitet?

Fast jeder, mit dem ich eine physische Studiositzung hatte. Ich könnte also sagen, Giggs und Kwesi Arthur. Das waren die beiden wichtigsten Leute, mit denen ich im Studio war. Kwesi ist wie ein junger König aus Tema in Ghana. Es ist interessant, ihm beim Aufnehmen zuzuschauen, also habe ich den ganzen Prozess definitiv genossen. Giggs ist definitiv mein Lieblings-MC in Großbritannien und gehört zu meinen Top Five weltweit. Es war eine Ehre und ein großartiges Gefühl, zu wissen, dass jemand, den ich wirklich respektiere, auf meiner Platte mitspielt. Es war purer Respekt und Vibes, und ich habe es definitiv genossen. Und auch Vic Mensa, das war großartig.

Und welcher ist dein Lieblingssong auf dem Album?

Ich würde sagen „Anything“. Nah dran liegt auch „No Fugazy“, aber ich gebe „Anything“ den Vorzug. Der Song handelt davon, was die Leute heutzutage tun, um Einfluss zu gewinnen. Sie wollen Trends hinterherlaufen und in den Nachrichten sein. Die Leute wollen einfach alles tun, um bekannt zu werden oder in den Nachrichten zu sein oder es zu schaffen. Es ist also ziemlich tiefgründig. Und ich mag die Produktion, sie passt zur Art der Musik auf dem Album. Ich mag Musik, die mich in eine bestimmte Stimmung versetzt, die mir das Gefühl gibt, über der Welt zu stehen, also schreit Nova – der Beat ist unglaublich und ich liebe auch das Konzept.

Mit welchen anderen Producern hast du gearbeitet?

Ich hatte Beatfreaks, ich hatte Certified Bangerz, Sarge. MOG Beatz auf jeden Fall, er kann nie nicht bei meinem Projekt dabei sein. Und ich hatte Kaywa, Rexxie und ein paar andere.

Was sollen die Leute von deinem Album mitnehmen?

Ich möchte einfach, dass die Leute gute Musik genießen, und mit all den Genres, die das Album enthält, möchte ich alle Arten von Musikliebhabern ansprechen. Natürlich dominiert der Hip-Hop, aber ich möchte, dass sich die Leute das Projekt anhören und wirklich alle Klänge zu schätzen wissen. Was die Musik angeht, so ist sie sehr vielfältig. Es ist einfach eine gute Erweiterung dessen, was Sarkodie bisher aufgebaut hat, und zeigt mich in einem anderen Licht. Ich möchte einfach, dass die Leute wirklich gute Musik aus allen Genres genießen können.

Nnamdi Okirike ist ein ghanaischer Musikredakteur und Journalist, der für OkayAfrica, NotJustOk, DJBooth, Boomplay Music und andere Medien schreibt.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Lioness

Lioness
von Nadia Neophytou

Die namibische Rapperin Lioness ist gleichzeitig Ärztin und erfolgreiche Musikerin. Wie sie das miteinander vereinbart, und über ihr aktuelles Album Wish you were Here sprach sie mit Nadia Neophytou im Interview.

Die 26-jährige, in Windhoek geborene Rapperin Latoya Lucile Mwoombola, auch bekannt als Lioness, hat mit Wish You Were Here versehentlich einen Song geschrieben, der gut geeignet ist, während einer Pandemie veröffentlicht zu werden. Obwohl Lioness, die hauptberuflich als Ärztin arbeitet, wenn sie nicht rappt, den Song in einer Zeit vor dem Coronavirus über eine Trennung schrieb, die sie gerade durchmachte, ist sie froh, dass der Song auch jetzt gerade Resonanz findet.

„Wenn die Leute den Song hören, wenn sie zum Beispiel in einer Fernbeziehung leben oder nicht bei ihren Eltern sind, kann er sich wirklich auf sie übertragen und eine Art Sehnsucht erfüllen und gleichzeitig eine Art Trost sein“, sagte sie. Der Song ist auch der Titel ihres zweiten Albums, einer Aufzeichnung dessen, was sie in den letzten zwei Jahren seit ihrem Debüt Pride of Cilq gemacht hat.

Du hast dein neues Album "Wish You Were Here" mitten in einer Pandemie veröffentlicht - wie hat sich das auf das Album ausgewirkt?

Viele Musiker verdienen ihr Geld, ihre Einnahmen, mit Ticketverkäufen. Es ist also eine etwas seltsame Zeit, in der wir nicht in der Lage sind, das zu tun, wofür die Leute ausgehen wollen. Selbst mit gestreamten Liveshows ist es nicht dasselbe. Aber es ist wirklich gut, dass Künstler:innen in der Lage sind, in dieser Hinsicht zu improvisieren. Die Fans sind sehr verständnisvoll und sie versuchen wirklich, uns zu unterstützen und für uns da zu sein. Im Idealfall hätte ich gerne eine Listeningparty oder so veranstaltet. Das ist einfach eine andere Art der Vermarktung. Aber ich habe das Gefühl, dass die Resonanz großartig ist, weil die Leute zu Hause sind und das Album tatsächlich streamen können, im Gegensatz zu „Ich bin beschäftigt, ich gehe heute Abend aus“ oder „Ich streame es morgen“, und aus morgen wird dann nächste Woche. Die Wirkung und das Teilen, und dass jeder jetzt im Internet ist, ist eine gute Sache für mich.

Es wurde über Mr. Eazis emPawa-Imprint veröffentlicht. Wie kam es dazu, dass du mit emPawa zusammenarbeitest?

Mr. Eazi und ich waren [2018] zusammen im Coke Studio Africa, und er sagte zu mir: „Hey, übrigens, ich habe dieses emPawa-Ding gestartet, ich weiß nicht, ob du Interesse hast, aber versuche es doch mal und reich dein Video ein“, und das habe ich getan. Ich war die letzte Person, die von den 100 Künstler:innen, die für emPawa Africa 100 [ein Programm zur Finanzierung von Musikvideos und zur Karriereberatung für junge Künstler:innen] ausgewählt wurde. Es ging darum, Afrikaner:innen die Veröffentlichung eines Videos zu finanzieren und ihnen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, also haben wir das Video [für „Tala“] veröffentlicht, und als es herauskam, wurde es gut aufgenommen. Es gab eine Auswahl der 10 besten Leute, die zu einer Meisterklasse nach Südafrika fahren durften. Ich glaube, ich kam auf Platz 12, aber es gab jemanden, der nicht zu der Meisterklasse kommen konnte, und so sagte Mr. Eazi, ich solle kommen. Damit hat bei emPawa alles angefangen. Er überraschte uns immer wieder mit Gästen – Diplo, Rouge, DJ Maphorisa, Kwesta und weltbekannten Produzenten wie Juls. Es war eine großartige Mischung aus Künstler:innen mit viel Erfahrung aus verschiedenen Genres, und es war so toll, in diesen Kreis einzutauchen. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, dabei so kreativ zu sein.

Dieses Album hat einen anderen Sound als dein vorheriges - du singst und du hast verschiedene Genres und Künstler darauf integriert, wie zum Beispiel Amapiano. Wie kam es dazu?

All die Ratschläge, die ich bei emPawa erhalten habe, waren wirklich hilfreich, um zu diesem neuen Sound und diesem neuen Image, dieser neuen Beschreibung von Lioness beizutragen. Als ich bei emPawa war, gab es eine Menge Künstler, die gesungen haben. Ich saß einfach im Studio und sang zu ihren Liedern mit. Ich beschloss, mir das Singen beizubringen. Ich habe 6 Monate lang nicht gerappt und nur daran gearbeitet, mir selbst Gesangsunterricht zu geben. Ich lernte online; ich hatte keine Zeit, Gesangsunterricht zu nehmen, weil ich Arzt bin, aber ich merkte, dass ich immer mehr Selbstvertrauen in meine Stimme bekam. Ich bin nicht Ariana Grande, aber ich kann diesen Sound in meinen Rap-Stil einfließen lassen.

Du rappst auf Englisch und Oshiwambo. Was sagt das Album über dich aus, weil du aus Namibia kommst, aber auch weil du Teil eines größeren Kollektivs afrikanischer Künstler:innen bist, die außerhalb deines Landes Aufmerksamkeit bekommen? Wie siehst du dich und deinen Platz in der Musik, die auf dem Kontinent entsteht?

Ich war an einem Punkt, an dem ich sah, wie Südafrika seinen heimischen Sound, seinen eigenen organischen Sound, exportierte. Ich meine, Beyonce hat Moonchild Sanellys Song gespielt – man würde nie glauben, dass das möglich ist. Ich habe auch gesehen, dass Lieder, die ich in meiner Muttersprache geschrieben habe, besser ankamen als solche, die nur auf Englisch waren. Ich glaube, die Namibier haben verstanden, dass wir unsere Musik exportieren sollten und dass unsere Musik auch in anderen Ländern Afrikas und im Ausland gehört werden sollte, wenn überhaupt. Außerdem hat sich die Welt langsam auf einen afrikanischen Sound zubewegt. Die größten Genres sind jetzt Afro-Pop. Pop hat es schon immer gegeben, aber er ist jetzt viel besser. Burna Boy hat ihn wirklich internationalisiert. Davido auch. Da wir jetzt im Mittelpunkt stehen, dachte ich: ‚Ich bringe einfach mein Extra ein und schaue, ob es funktioniert‘. Die meisten Künstler auf dem Album sind Afrikaner – J Derobie kommt aus Ghana, Ogranya aus Nigeria, und einige der Produzenten, mit denen ich zusammengearbeitet habe, sind aus Westafrika. Ich war gerade dabei, diesen ausgereiften Sound zu entwickeln, und alles fügte sich einfach zusammen. Die Einbeziehung anderer afrikanischer Künstler zu diesem Zeitpunkt ist der perfekte Weg, um Ihre Musik auf andere Märkte auszuweiten.

Die Frage, wie du es schaffst, Ärztin und Rapperin zu sein, war schon vor der Pandemie eine große Frage, aber jetzt ist sie noch größer - wie hast du diese beiden Rollen unter einen Hut gebracht?

Ich bin Assistenzärztin, habe also meinen Abschluss als Ärztin gemacht und mache jetzt ein Praktikum im staatlichen Krankenhaus. Ich schließe gerade mein Praktikum ab, aber es ist ein ständiger Lernprozess. Ich habe mit 14 Jahren angefangen zu rappen. Ich habe es während der High School gemacht, dann während des Medizinstudiums und jetzt mache ich es als Profi. Es war immer eine doppelte Synergie – eine mit der anderen. Ich will keinen meiner Berufe herunterspielen. Aber ich bin eine schwarzafrikanische Frau, und ich glaube, ich brauchte eine gewisse Unterstützung. Meine Mutter war Akademikerin und mein Vater auch. Vielleicht ist die Medizin nicht der beste Beruf, weil er sehr anspruchsvoll ist, aber für mich funktioniert er einfach. Beide Rollen sind anspruchsvoll – das eine ist ein echtes Vergnügen und das andere eine wirklich formelle Arbeit als Angestellte. Es klingt fast so, als hätte ich eine gespaltene Persönlichkeit, aber das stimmt nicht! Die Musik ist eine Pause für mich und dann habe ich meinen richtigen Job. Bis ich musikalisch einen Punkt erreiche, an dem ich die Art von Einkommen erzielen kann, die doppelt so hoch ist wie in meinem Beruf, dann könnte ich darüber nachdenken, das eine für das andere aufzugeben. Aber ich bekomme viele Nachrichten von jungen Mädchen und Jungs, die mich für ein Vorbild halten und fragen: „Wie machst du das?“ Das kann ich ihnen gar nicht sagen. Es passiert einfach. So oft möchte ich eins von beidem aufgeben, aber die Musik ist meine Leidenschaft.

Du sagst, du bekommst Nachrichten, dass du eine Inspiration bist, aber wer inspiriert dich?

Die Person, zu der ich aufschaue, was ihre Einstellung, ihre Wildheit und ihre Unbeugsamkeit angeht, ist Brenda Fassie. Meine Mutter war ein großer Fan von ihr. Wir waren alle große Fans von ihr. Die Art und Weise, wie sie sich allen Widrigkeiten widersetzte. Sie wollte wirklich nur gute Musik machen. Die Art, wie sie auf der Bühne tanzte – sie war so ein Freigeist. Als ich mit ihr aufgewachsen bin, hatte das definitiv einen Einfluss auf meine Musik. Auch die Old-School-Girls – TLC, Tweet, Foxy Brown – haben mich gefördert und mir das Gefühl gegeben, dass es das Richtige ist, das zu tun. Es ist ein ständiger Lernprozess. Und dann höre ich mir Michael Jackson an, um das Element der Performance zu erhalten.

Nadia Neophytou ist eine südafrikanische Journalistin, die in New York lebt.

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Nduduzo Makhatini

Südafrikas Nduduzo Makhathini über sein Debüt bei Blue Note Records
von Nadia Neophytou

Nduduzo Makhathini hat nie den Segen eines großen Labels gebraucht, um seine Musik zu machen und zu verbreiten.

Der 37-jährige Pianist aus der südafrikanischen Provinz Kwazulu Natal gründete vor sechs Jahren zusammen mit seiner Frau Omagugu sein eigenes unabhängiges Label namens Gundu Entertainment. Über dieses Label veröffentlichte er acht seiner eigenen Alben, darunter Ikhambi, ein Album, das für Makhathini einen Wendepunkt darstellte – es gewann einen südafrikanischen Musikpreis für das beste Jazz-Album und wurde über einen Lizenzvertrag mit Gundu bei Universal Music veröffentlicht.

Nachdem sich das Major-Label drei Jahre lang um Makhathini bemüht hatte, nahm es ihn schließlich 2017 unter Vertrag und eröffnete damit einen Weg, der im vergangenen Jahr dazu führte, dass Makhathini als erster Südafrikaner bei Blue Note, dem renommierten amerikanischen Jazz-Label von Universal, unter Vertrag genommen wurde.

Die Aufnahme bei dem Label, das auch Kataloge von Miles Davis und John Coltrane führt, ist eine Ehre, die Makhathini zufolge jeder südafrikanischen Jazzgröße hätte zuteil werden können. Und für ihn ist es eine Ehre, die das Individuum übersteigt. „Das passiert nicht nur für Nduduzo Makhathini , sondern für die südafrikanische Jazzgemeinde“, sagt er.

Es geht darum, für südafrikanische Jazzmusik den Weg in ein größeres Portal zu finden, dessen Diskurse breiter angelegt sind und aus den USA kommen. Und darum, dort eine Stimme zu finden und ein Mitspracherecht.

Makhathini, ein dreifacher Familienvater, der auch die Musikabteilung der Universität von Fort Hare leitet, ist seit fast einem Jahrzehnt ein aktiver Teil der Geschichte des Jazz im zeitgenössischen Südafrika und sogar in Afrika. Er produziert nicht nur seine eigenen Platten, sondern auch die anderer, spielt auf lokalen und internationalen Festivals und schreibt seine Gedanken über das Genre auf, damit andere sich damit auseinandersetzen können. Das alles sind Teile des Quilts, der seinen Namen mit den Jazz-Giganten vor ihm verbindet – von Abdullah Ibrahim bis zum verstorbenen Zim Ngqawana.

Als er während seines Musikstudiums an der Durban University of Technology John Coltranes A Love Supreme entdeckte, lernte Makhathini McCoy Tyner kennen, der in Coltranes Band Klavier spielte, und bald darauf traf er seinen Mentor, den verstorbenen Bheki Mseleku, einen der angesehensten Jazzpianisten Südafrikas. „Es gibt eine starke Verbindung, denn wenn man darüber nachdenkt, wurde Bheki Mseleku von McCoy Tyner beeinflusst“, sagt Makhathini.

Ich glaube, wir alle lieben ähnliche Dinge - wir lieben den Tanz, wir lieben die Schlagfertigkeit, wir lieben das Geschichtenerzählen. Wenn du dich für diese drei Dinge interessierst, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du wie McCoy Tyner oder Bheki Mseleku klingst.

Mseleku, den Makhathini zum ersten Mal traf, als er 18 war, gab ihm mehr als nur musikalische Inspiration. „Er lehrte mich viel über Denkweisen“, sagt Makhathini.

Das ist etwas, dessen ich mir jetzt, als Dozent an der Fore Hare Musikabteilung, sehr bewusst bin. Ich denke immer darüber nach: Wie können wir nicht nur großartige Musiker, sondern auch großartige Denker hervorbringen? Und das ist das Vermächtnis von Mseleku, das er uns hinterlassen hat. Wie können wir durch die Jazz-Matrix Denker hervorbringen?"

Makhathini ist der Ansicht, dass er erst recht spät zum Jazz gekommen ist, und auch noch ungeplant. Wie er erklärt, wollte er Musik studieren, nicht unbedingt Jazz. „Ich kam über ein Jazz-Programm. Es war nicht meine Wahl, aber im Nachhinein betrachtet hatte ein Großteil der Musik, mit der ich vertraut war – traditionelle Musik und ein Großteil der Kirchenmusik – bereits mit vielen Konzepten des Jazz zu tun, aber mir war überhaupt nicht bewusst, dass das Jazz war“, sagt er.

Kulturell, durch das Erbe und die Geschichte, hatte ich bereits mit Improvisation und Spiritualität zu tun, sodass all diese Themen bereits in der Musik, die ich kannte, enthalten waren. Ich denke also, dass Jazz einfach ein Raum ist, der einige der Dinge, mit denen ich mich in meiner Kultur, in meiner Erziehung auseinandergesetzt habe, verstärkt hat."

Als praktizierender Sangoma (traditioneller Heiler) entdeckte Makhathini seine Gabe im Alter von 13 Jahren, akzeptierte sie aber erst ein Jahrzehnt später, da sie mit seiner kirchlichen Erziehung in Konflikt geriet. „Wenn man einen christlichen Hintergrund hat, muss man etwas über diese Art von religiösem Konflikt zwischen den vorkolonialen Vorstellungen und den Vorstellungen der Kolonialzeit sagen, und wie viel davon in unser System eingeflossen ist. Und wie die Musik ein Raum war, um die Identität neu zu verhandeln“, sagt er. Als er erkannte, dass dies ein wichtiges Geschenk war, das er berücksichtigen musste, nahm er sein drittes Album Listening to the Ground auf.

Auf diesem Album hinterfrage ich die Vorstellung von Gott im Himmel im Gegensatz zu der Idee unserer Vorfahren und dieser ständigen Aufforderung, dem Boden Tribut zu zollen; die Vorstellung von einem Gott, der in der Unterwelt und nicht im Himmel ist, und wie diese Vorstellung uns hilft, uns in Bezug auf unser Konstrukt eines Gottes als afrikanisches Volk zu befreien.

Makhathini führt diese Gedanken und Ideen auf seinem Blue Note-Debütalbum weiter, das Modes of Communication: Letters from the Underworld heißt, das im April erscheinen soll.

"Seit ich die Gabe angenommen habe, erhalte ich diese Art von Texten aus der Unterwelt, und dieses Album versucht nun, dies zu dokumentieren und zu sagen: 'Wie sehen diese Geräusche und diese Projektionen aus?' Und ich habe versucht, dies in die Albumtitel, die Bilder, die Musik, die Auswahl der persönlichen Linernotes und meinen Kommentar auf dem Albumcover einzubauen.

Das Album geht auf viele der großen Fragen ein, mit denen Makhathini ringt – sowohl in seiner Musik als auch in den Essays, die er für seinen Blog schreibt. Er sieht seine Musik als eine Art anderen Planeten, eine Utopie. „Ein Raum, der unberührt ist von Ungleichheit, von Rassismus, von Klassifizierung, von Abgrenzungen“, sagt er.

Meine Musik ist wirklich ein Raum, in dem die Menschen gleichberechtigt sind, und es geht um eine kollektive Erinnerung, die vor all' diesen von Menschen geschaffenen Konstruktionen existiert - vor Sklaverei, Kolonialismus, Apartheid und all diesen Dingen. Meine Musik richtet sich also wirklich gegen diese Dinge.

Sie dient auch als Bindeglied zwischen den Menschen in der Diaspora und denen im Mutterland. „Dieses Album schlägt eine Brücke über den Atlantischen Ozean und stellt auch andere Geschichten in Frage – wie den Sklavenhandel über den Atlantischen Ozean und wie das Wasser als Transportmittel für die Sklaverei genutzt wurde. In der afrikanischen Kosmologie soll Wasser einen heilenden Raum schaffen, also kehren wir diese Narrative um, stellen Dinge in Frage und konfrontieren sie.“

Dass er bei einem international anerkannten Label wie Blue Note unter Vertrag steht, bedeutet, dass er sowohl seine Musik als auch seine Botschaft mit einem größeren Publikum teilen kann. „Wir haben Heilung nötig“, sagt Makhathini. „Ich glaube, ich bin ein wichtiger Teil davon, wie die Menschen anfangen, in der Musik nach Heilung zu suchen, und ich denke, das ist etwas Universelles und Dringendes, das notwendig ist.“
Sicherlich hat Nduduzo Makhathini nie den Segen eines Major-Labels gebraucht, aber das Major-Label – und wir – sind gesegnet, ihn zu haben.

Nadia Neophytou ist eine südafrikanische Journalistin, die in New York lebt.

Im Rahmen dieses Vortrags und der Performance erforscht Nduduzo Parallelen und Verbindungen zwischen improvisierter Musik und Wahrsagerei als eine fortschrittliche Art und Weise, die Präsentation und Artikulation komplexer Konzepte von ubungoma für diese Generation zu betrachten. Darüber hinaus versucht er, neue Definitionen für westliche klassische Musikinstrumente, die im Jazz verwendet werden, vorzuschlagen und zu zeigen, wie sie in einem afrikanischen Kontext verortet werden können, indem er ihre Ursprünge in Afrika anhand der Geschichte der einheimischen Musikinstrumente Afrikas untersucht. In diesem Vortrag bzw. dieser Performance geht es ihm auch darum, die Rolle der Künstler in der Gesellschaft und ihren Beitrag zu einem neuen Humanismus wiederherzustellen und zu hinterfragen.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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