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Musik

Jakk Quill nutzt Ironie als Waffe

Jakk Quill nutzt Ironie als Waffe
von Mesh Mwandishi

Jakk Quills zweites Album ist endlich erschienen, und Fans wie ich sind ganz vernarrt darin. Sein Debütalbum New Decade Same Dreams ist ein echter Leckerbissen und wurde von der kenianischen Hiphop-Elite hochgelobt, was ihm eine Nominierung als Texter des Jahres bei den UnKut Hiphop Awards 2020 einbrachte. Sein zweites Album Lost in Motion kommt mit mehr Reife, aber auch mit mehr Flexibilität und Experimentierfreude daher. Einige der Kadenzen wie auch die Produktionstechniken sind erfrischend.

Der Künstler nutzt Kontraste und Ironie, um seine Themen zu behandeln. Lost In Motion ist eine Ode an Künstler:innen und viele andere Menschen, die sich in der Hektik des Alltags verlieren – Arbeit, Familie, Verpflichtungen und alles dazwischen!

Das Album hat jedoch noch viele andere Unterthemen, die es interessant machen. Quill greift darauf zwei parallele Ideen auf: zum einen, dass er dieser unsichtbare MC mit lyrischen Skills ist, mit denen niemand mithalten kann. Die zweite ist, dass das Musikmachen für ihn eine Aufgabe ist, die ihn so sehr plagt wie die Figur des Sisyphos aus der griechischen Mythologie geplagt wird. In der Nummer Break It Down zum Beispiel behauptet er, dass „sich wiederholende Zyklen von Scheiße ihn zurück in die Kabine bringen“, fast so, als ob er sich dadurch in die Enge getrieben fühlt. Im selben Song sagt er aber auch, dass er froh sei, ein Musiker zu sein, der den Blues seiner Fans vertreibe. Der zweite Song des Albums, 2 Chappelle’s, verkörpert das Kontrastmotiv perfekt. Zu Beginn der Strophe zählt er auf, wie oft er abgewiesen wurde oder an welche Tische er nicht eingeladen wurde. Er sagt sogar, dass er schlechte Tage hatte, ähnlich wie Hades, aber es immer schaffte, sich rechtzeitig wieder aufzurappeln. Im Gegensatz dazu sei er heute glücklicher, fühle sich mehr in seine Gemeinschaft integriert und sei sich seiner Rap-Skills und Fähigkeiten sicherer. Er nimmt auch Rapper aufs Korn und fragt auf witzige Art und Weise: „Was ist der Unterschied zwischen einem Clown und einer Legende?“

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

Die Ironie und der Kontrast verdeutlichen die Notlage eines Menschen, der mit seinen „Geistern“, einer Metapher für Schwächen und Unzulänglichkeiten, zu kämpfen hat. So gibt er zum Beispiel zu, dass er sich mit einer Frau, die er liebte, versöhnt hat, es aber trotzdem vermasselt hat. Aber wie er in der Hook sagt: „Ich werde besser, ich habe gelernt, mit den Geistern umzugehen“, ist er auf dem Weg, als Mensch und sogar als Künstler zu wachsen, wenn wir die doppelte Bedeutung daraus ziehen. Er erkennt auch, dass das Verdrängen seiner Geister nicht der beste Weg war, mit ihnen umzugehen.

Rapper
Jakk Quill. © Tangaza Magazine

Ein weiterer Track, und vielleicht der, den ich am meisten liebe, Break It Down, ist selbst ein Kontrast aus zwei verschiedenen Stilen und Themen. Er beginnt mit einer Melodie als Intro/Hook und singt „She gonn‘ break it down right now“, bevor er eine melodische Strophe darüber abliefert, dass er in diese Frau verliebt ist, sie sich aber immer streiten und kämpfen.

Im zweiten Teil des Songs wechselt er dann in einen regulären Rap, in dem er über sich selbst und sein Wesen spricht – und das fühlt sich an wie seine intimsten Gedanken. Er stellt die Reihenfolge der Dinge in Frage und fragt ironisch: „Wenn die Zeit eine Schleife ist, wie sicher ist es, dass der Saft nach der Frucht kommt/ Der Regen nach dem Dach/ Der Schmerz nach der Wahrheit/ Wiederholte Zyklen von Scheiße bringen mich zurück in die Kabine“. Er spricht darüber, wie er lange Zeit gemobbt wurde und dass er zu pleite für eine Therapie ist, so dass die Musik seine Art ist, mit seinen Problemen umzugehen. Aber nur um sicher zu gehen, dass er nicht zwei Songs macht, gibt er am Ende zu, dass der Song als Twerk-Song begann, aber irgendwie introspektiv wurde. Er gibt auch zu, dass er sich weniger allein fühlt, wenn seine Geliebte „zusammenbricht“ – was vielleicht bedeutet, dass diese Geliebte eine weibliche Version von ihm selbst ist, die mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat, aber er liebt sie immer noch und bleibt bei ihr, denn Trommelwirbel – sie sind ein und dasselbe.

Das Album zeigt die Dunkelheit auf eine Weise, die unbeteiligt wirkt. Man bekommt schon früh das Gefühl, dass er eine grüblerische Natur hat, immer tief in Gedanken versunken. Im dritten Song, Planning For Doom, nimmt er eine prahlerische Persönlichkeit an, die anderen Rappern Unheil und Gewalt ankündigt und behauptet, er sei der Beste. Seine Melancholie macht ihn auch ein bisschen versnobt – in dem Song Silhouette sagt er, dass er sich kaum an Leute erinnern kann und sie deshalb höflich umkurvt“. Der Song Sharpie verdeutlicht, dass er den Menschen im Allgemeinen nicht traut und insbesondere ein Problem mit den honigsüßen Typen hat. Er zieht es stattdessen vor, dass die Leute ehrlich sind, was ihre Absichten angeht und „auf den Punkt kommen wie ein Scharfschreiber“.

Mesh Mwandishi ist ein junger Hiphop-Enthusiast. Ich liebe ostafrikanischen Hiphop, der so viele Subgenres und Geschmacksrichtungen hat. Ostafrikanischer Rap muss erst noch entdeckt und auf der Weltbühne anerkannt werden, aber wenn es soweit ist, werde ich da sein und allen sagen: I told you!

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

TRAPSTATION von Sabi Wu & Korb$

Auf 'TRAPSTATION' fangen Sabi Wu & Korb$ die Essenz der 2. Shrap-Generation ein
von Mesh Mwandishi

Das neue gemeinsame Projekt TRAPSTATION von Sabi Wu und Korb$ ist ein Album, das unbestreitbar Spaß macht. Für die einen ist es die Geschichte ein paar stigmatisierter Jugendlicher. Für andere ist es ein klassisches Beispiel für das Szenario „Geist versus Körper“. Aber der explosive Inhalt ist kein guter Ausgangspunkt für diese Diskussion.

Hip-Hop-Fans haben gemeinsame Mixtapes schon immer geliebt, ob es Jay Z & Kanye West auf OTIS oder Future & Young Thug auf Super Slimy sind. Die Vorstellung, dass zwei MCs, für ein ganzes Projekt zusammenkommen, macht die Fans einfach verrückt. In der Ära des melodischen Trap-Raps sind diese gemeinsamen Mixtapes jedoch immer häufiger zu hören. Auf internationaler Ebene haben wir gesehen, wie Future ganze Projekte mit Lil Uzi Vert und Juice WRLD (RIP) gemacht hat. Hier in Kenia hat Jovie Jovv diese Kunst perfektioniert und scheint in dieser Hinsicht die Shrap-Bewegung anzuführen.

Die Geburt der 2. Shrap-Generation

Wie die meisten Dinge im Jahr 2020 hat auch die kenianische Musikszene gelitten. Aber es gelang ihr auch, neue Stars hervorzubringen. Eine zweite Generation von kenianischen Rappern wurde aus der Langeweile der Abriegelung geboren. Kahu$h, Chiefgeng, Sabi Wu, Korb$ und Lil Maina kamen alle ungefähr zur gleichen Zeit hervor. Ihre Geschichten ähneln sich. Man stelle sich einen jungen Mann vor, dessen Studium auf unbestimmte Zeit unterbrochen wurde und der nun viel Zeit hat. Er hat schon mal Musik gemacht, aber nicht sehr “ intensiv „, um es mal so zu sagen. Also geht er ins Aufnahmestudio! Alle der Genannten begannen, ihre Liebhaberprojekte zu veröffentlichen. Mit ihrem Elan und dem Drive hinter ihren Songs haben sie nun die Herzen der Hip-Hop-Fans in Nairobi erobert.

Um auf dem ostafrikanischen Markt einen Hit zu landen, ist ein Musikvideo wesentlicher Bestandteil des Projektes. Songs mit Bildmaterial werden im Fernsehen gespielt, die aus dem Fernsehen wiederum im Radio und von beliebten DJs. Lange Zeit war es wirklich schwer, einen Hit zu landen, der nicht von einem Video begleitet wurde. Da die Mittelschicht wächst und die Technologie immer zugänglicher wird, erfreut sich die kenianische Musik immer größerer Beliebtheit – ein guter Zeitpunkt eigentlich, um in das Game einzusteigen.

Aber genau deshalb sind diese Rapper so herausragend. Sie haben Hits gemacht, die immer wieder gestreamt wurden, ohne dass sie für einige ihrer größten Hits auch nur eine Sekunde Bildmaterial brauchten. Songs wie „Iwake“, „Fanya Like This“ und jetzt „Rass Life“ und „Wacha Nirest“ von diesem Album, über das wir hier sprechen, erzielen phänomenale Zahlen auf Streaming-Plattformen. Diese jungen Leute haben einen Umschwung eingeleitet, bei dem die Fans anfangen, auch einmal kenianische Projekte wertzuschätzen und zu konsumieren. Sie machen es sich so einfach, indem sie der Musikwelt die Stirn bieten. Unglaublich und fantastisch.

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

Sabi Wu &Korb$ bringen unterschiedliche Dinge in dieses Album ein. Korb$ steht mehr auf melodischen Rap als jeder seiner oben genannten Kollegen. Paradoxerweise liefert er auch mit der tiefsten Stimme und Intonation. Sabi Wu hingegen ist ein Takt-für-Takt-Rapper, der selten Melodien verwendet. Allerdings hat er ein ausgeprägtes Rhythmusgefühl, daher seine eingängigen Hooks und ein Flow, der musikalisch anregend ist. 

Sie beginnen das Projekt mit dem Track „Movin Different“, der ein starkes Bekenntnis zu ihrem Wunsch ist, sich in der Branche abzuheben. Danach widmen sie sich jugendlichen Themen wie dem Partyleben, Drogen und Drogenkonsum, Liebe, Sex und Romantik. Doch wie bereits erwähnt, kann und wird die Auseinandersetzung mit diesen Themen unterschiedlich interpretiert. Dieser Unterschied in der Interpretation ist vielleicht nicht ausschließlich die Schuld der Fanbase. Die Rapper greifen dieselben Themen auf, aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln. In den Liedern „Hatari“ und „Size Yako“ übernehmen die beiden Rapper Rollen, die den Hype-Party-Lifestyle preisen, während sie in „Gone Clear“ und „Pesa Huisha“, den letzten beiden Tracks, einen gemäßigteren Ansatz vertreten. Diese paradoxe Sichtweise der Künstler verleiht dem Projekt mehr Tiefe, etwas, das Kritiker:innen dieser Art von Rap nicht ohne Weiteres zutrauen würden. Die internationale Hip-Hop-Gemeinde hat in der Debatte um „reinen Hip-Hop“ oder „Trap“ eine parteiische Position eingenommen, und das gilt auch für die Fans in der Heimat. Einige Rapper wurden als „coole Kids“ abgestempelt und in eine Schublade gesteckt. Es wird oft behauptet, dass diese Art von Rappern Geschichten erzählen, die nichts mit dem „normalen“ Leben zu tun haben. Oder dass ihre Musik zu amerikanisch sei. Mit diesen Vorwürfen sind die Kritiker:innen kaum in der Lage, sich intensiv mit den Themen zu befassen, sondern konzentrieren sich auf die Art der Präsentation und die gewählte Sprache. Die zweite Shrap-Generation ist bereits auf diese Weise verteufelt worden.

Aber ein Buch sollte nicht nach seinem Cover beurteilt werden! Das Album hat eine Vielzahl von Sounds, die mit den Trap-Beats vermischt sind. „Size Yako“ zum Beispiel wird auf einem Gengetone-Beat vorgetragen, und „Wacha Nirest“ ist im Wesentlichen ein kenianischer Trap-Beat mit subtilem Drumming und Modifikationen, die ihn zu einem Drill-Tune machen. „Size Yako“ ist ein Liebeslied, das Frauen mit Übergröße feiert und ihre Schönheit unterstreicht. Diese Botschaft ist wichtig, besonders wenn sie von Männern kommt. „Summer Girl“ und „My Lover“ sind R & B-Tracks mit vielen Suaheli-Texten. Sie behandeln die Themen Liebe und Beziehungen. In dem Song „Summer Girl“ übernimmt Korb$ die Rolle eines reumütigen Liebhabers, der sich für einen Streit entschuldigt. Der Grund für den Streit ist eindeutig ein Alkoholproblem. Auf „Rass Life“, in dem Kahu$h mitwirkt, diskutieren sie das Thema Dreadlocks. „Rass“ ist ein gängiges Sheng (Slang) Wort für eine Person mit Dreadlocks. Es ist eine Abkürzung von Rastafarian. Mit einer komischen Herangehensweise (gängig unter den jungen Shrappern) sprechen sie darüber, wie ihre Gesellschaft Menschen mit Dreadlocks behandelt. Sie machen sich über die Mythen und Missverständnisse über Menschen mit Dreadlocks lustig – wie sie bestenfalls als Gesetzesbrecher und schlimmstenfalls als Terroristen angesehen werden. Der Song ist auch eine Hommage an die Jugend und das Leben im Moment ohne Hemmungen. Ein Vers der Hook lautet: „We spend that money ‚fore we make it, It’s the rass life!”

Gegen Ende des Albums wird die Stimmung etwas ernster. Die letzten drei Songs werden von nachdenklichen Themen getragen. Selbst die Beats, die für diesen letzten Abschnitt ausgewählt wurden, sind nachdenklich. In „Yummy Freestyle“ mit den beiden Chiefgeng-Mitgliedern und Sambo geht es um tiefgründige Themen wie Ruhm, echte Freundschaft, musikalisches Wachstum und andere Dinge, die von allen Rappern auf dem Album angesprochen werden. „Gone Clear“ und „Famous vol. 2“ sind Reflexionen über den Ruhm und wie er das Leben der Künstler, die das Album gemacht haben, verändert hat. „Pesa Huisha“ schließt das Projekt mit einer süßen, verträumten Melodie ab. Es stellt eine der ältesten Fragen, die sich Künstler stellen: Würden ihre Liebhaber:innen ohne den Ruhm oder das Geld noch genauso für sie empfinden?

Alles in allem ist dies ein großartiges Album. Die zweite Shrap-Generation hat von einigen Leuten einen schlechten Ruf weg bekommen, aber sie lassen sich nicht einfach hängen. Mit kleinsten Budgets und ohne Plattenvertrag, ja sogar ohne Visuals, schaffen sie es, immer mehr Nummern zu machen. Sie sind die Zukunft des kenianischen Hip-Hop, und wer sie abschreibt, tut dies auf eigene Gefahr.

Mesh Mwandishi, ein junger Hiphop-Enthusiast. Ich liebe ostafrikanischen Hiphop, der so viele Subgenres und Geschmacksrichtungen hat. Ostafrikanischer Rap muss erst noch entdeckt und auf der Weltbühne anerkannt werden, aber wenn es soweit ist, werde ich da sein und allen sagen: Ich habe es euch gesagt!

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Verschiedenes

Die Kunst von Victor Ehikhamenor

The Art of Victor Ehikhamenor
Von Emmanuel Iduma

Die Bilder von Victor Ehikhamenor wirken wie eine Formenwucherung, in der Objekte und Formen verschwimmen und sich wandeln. Es passiert in ihnen zu viel, und das ist das Gebot seiner Kunst – kein Raum bleibt unbesetzt. Diese Bilder und Objekte verkörpern Formen; um eine Inhärenz oder Verankerung in der Arbeit aufzudecken, muss man sich die Operationen der Formen ansehen. Um es deutlich zu sagen: „Formen“ beziehen sich hier auf Figuren, Formen oder Erscheinungen, also die Art und Weise, wie die Dinge erscheinen oder geformt sind.

Die Formen entstehen, weil ein Schöpfer hinter ihnen steht, zumindest in diesem Fall. Einige der Leinwände sind zu bewussten Formen gefaltet und werden zu Ausstellungsobjekten, zu Gegenständen mit Persönlichkeit. Eine Möglichkeit, Ehikhamenors Werk zu betrachten, besteht darin, die Quelle der Immanenz zu suchen, aus der diese Formen entstehen. Mit der Frage im Hinterkopf werden die Formen in den Bildern sichtbar; man sieht eine Schar von Köpfen in „The Whirlwind Dancers of Uwessan“, eine Hand, die in „The Messenger from Yesterday“ nach vorne zeigt, einen verhüllten Kopf in „The Forgotten Memories We Carry“. Bewusstheit ist wohl das erste Gebot der Form. Damit soll nicht behauptet werden, dass jede:r Maler:in im Moment des Malens ein Bild im Kopf hat. Vielmehr kann man in Ehikhamenors Leinwänden, die an den richtigen Stellen gefaltet sind, das bewusste Ergebnis des Malprozesses sehen.

Flusser zufolge ist es unmöglich, Gestalter und Schöpfer der Welt zu sein und sich ihr gleichzeitig zu unterwerfen. Die Absicht, die man in Betracht ziehen sollte, ist eine, die die Autorschaft des Malers bekräftigt. Jedes Bild ist eine Welt, die bestimmten malerischen Tugenden und Pflichten unterliegt. Wenn man an die Bausteine dieser Welt, dieser Bilder, denkt, dann sind es die Formen, die als gefaltete Leinwände und mythische Figuren, die auf anderen mythischen Figuren liegen, entstehen. Nehmen Sie „Struggle for Big Afro Mama“ als Beispiel, wo Figuren in Figuren leben, eine Landschaft aus Formen.

Wenn man über das Werk von Victor Ehikhamenor nachdenkt, kehrt man zu seiner Kunstfertigkeit zurück. Ein Kunsthandwerker ist ein Handwerker, jemand, der etwas herstellt; und die Idee von Design und Präzision ist zentral für seine Praxis („er“, weil der Maler hier natürlich ein Mann ist). Auf den ersten Blick könnte man die Exaktheit seiner Linien und Kurven auf die Verwendung von Kohle zurückführen, da sie kleinste Details präzise sichtbar machen kann – siehe „Ein Mann des Volkes“. Aber wenn man tiefer in die Bedeutung seines künstlerischen Schaffens eintaucht, findet man eine sorgfältige Inszenierung, eine sich zuspitzende Erzählung. Diese Kunstfertigkeit zielt nicht darauf ab, Formen oder Objekte um des Nutzens willen zu schaffen, wie es ein Tischler oder Mechaniker tun würde. Die Linien wurden so gewählt, dass sie an angenehm verlaufen – man muss sich diesen Handwerker so vorstellen, wie man sich einen Meisterarchitekten vorstellt. Der Architekt strebt nach einer Kombination aus Ästhetik und Perfektion; „Architektur ist gefrorene Musik“, soll Goethe gesagt haben. In der Zeichnung des Kunsthandwerker-Architekten finden Sie keine einzige verirrte Linie, Kurve oder Figur. Jeder bedeckte Zentimeter wird zu einer perfekten Linie, und wenn man sie betrachtet, fühlt man sich an einen Ton aus einem erhabenen Lied erinnert, der einem nicht mehr aus dem Kopf geht.

Kunstfertigkeit impliziert Genauigkeit, und diese wiederum impliziert Klarheit. Als sichtbare Objekte sind die Formen in diesen Bildern klar genug. Und doch erheben sie zusätzliche Ansprüche. Aus dieser Exaktheit erwachsen andere mögliche Klarheiten. Unabhängig von der Freude, die man beim Betrachten empfindet, weisen die Linien auf eine Bedeutung innerhalb der Bilder hin. „Not The First Time You Are Telling Me This Story“ ist ein Beispiel dafür. Die Bedeutung würde nicht auf eine bestimmte Idee hindeuten, sondern auf die Möglichkeit der Reflexion. Denn Reflexion ist kein logischer Akt oder Prozess – in „Not The First Time You Are Telling Me This Story“, wo Figuren über Figuren geschichtet werden, folgt sie allenfalls der Logik eines Labyrinths. Reflexion ist die Bedingung, die die Koexistenz von Ideen, Geschichte, Erzählungen und Persönlichkeiten ermöglicht.

“Tell Me What I Won’t Forget" © Victor Ehikhamenor

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im Original auf englisch unter dem Titel „The Art of Victor Ehikhamenor“ bei Africa is a Country.

In gewisser Weise stört die Verwendung von Farbe in der Serie „This Is Not a War Story“ die Kohärenz der anderen Serien in dieser Ausstellung. Nichts zuvor hat Sie auf die Farbe vorbereitet, die sich auf dem Papier ausbreitet, als ob es sich um das Vergießen von Blut oder die Annexion von Territorium oder die Verfärbung von Landschaft handelt. In den früheren Bildern wird die Farbe verwendet, um das Wesentliche zu erhellen und der Form eine Qualität zu verleihen. Hier steht sie im Gegensatz zur Form, als wäre jedes Papier zum Schlachtfeld geworden. Es ist ein Beispiel für einen Krieg, der den Krieg verhöhnt – das Blut fließt jetzt ungehindert in Nordnigeria, eine Nachricht, die keine Nachricht mehr ist. Indem sie Farbe auf Farbe setzen, fordern die Bilder eine ähnliche politische Tugend: Vielleicht gibt es ja doch einen Weg, die Geschichte des Krieges als Nicht-Krieg zu erzählen; zu entdecken, dass es in einem blutigen Land Spuren von Menschlichkeit gibt, Freundlichkeiten, die nicht mit Gewalt beschmiert wurden.

Die ganze Zeit über hat dieser Essay einen Weg aufgezeigt, Ehikhamenors Werk als unmittelbare Begegnung mit der Form zu betrachten. Doch nun wird es notwendig, sich übergreifenden Fragen zuzuwenden. Von Anfang an sind die Bilder durch ihre Titel verwickelt. Jedes setzt voraus, dass sich in den Formen und Figuren Erzählungen und Personen befinden, und in diesen Formen und Figuren gibt es Symbole, Schlüssel und Zugänge. Jeder Titel ist die Aufforderung, mit der man sich in den mythischen Realitäten der Objektwelten bewegen kann. „Floating In The City of Dreams“ wird kaum etwas anderes suggerieren als Schweben, und ohne Zweifel erkennt man einen Kopf, ausgestreckte Arme, schwimmende Beine, über Wellen schwingende Beine.

Die Idee der Titel von Ehikhamenor als Aufforderung: „I Hope You Remember“ (Ich hoffe, du erinnerst dich) ist an zwei Stellen auf der Leinwand angebracht, was das Bild zu einem dreiteiligen Objekt macht. Sofort werden die Worte des Heiligen Augustinus relevant: „Es gibt drei Zeiten: eine Gegenwart der Vergangenheit, eine Gegenwart der Gegenwart und eine Gegenwart der Zukunft. Es scheint, dass man, wenn man sich mit diesem skulpturalen Objekt – und anderen mit ähnlichen Titeln wie „Tell Me What I Won’t Forget“ befassen will, die Gegenwart als die gemeinsame Ontologie von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft betrachten muss. Bilder sind immer präsent; sie leben im Unterbewusstsein ihrer Betrachter:innen weiter. Doch es ist nicht diese Art von Gegenwärtigkeit, die Ehikhamenors Bilder vermitteln; es ist die Gegenwärtigkeit der Geschichte, die augustinische Gegenwart der Dinge, die zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft oszilliert. Meiner Meinung nach haben Bilder keine Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Sie erstrecken sich über die Zeit. Und wenn der Maler dazu bewegt wird, seine Bilder mit Gegenwärtigkeit zu bevölkern, wie es Ehikhamenor getan hat, wird sich auch die Geschichte, die er verkörpert, über die Zeit erstrecken.

Unabhängig davon, wie sie auf der Oberfläche wiedergegeben werden – mit Kohle, Acryl, Emaille, Nagellöchern – ist es Ehikhamenors Absicht, dass diese Bilder eine verzauberte Welt andeuten, die von Volksmärchen und dem Stadtleben, von realen und imaginären Geschichten inspiriert ist. Der Maler ist ein Geschichtenerzähler, wenn auch ein unzuverlässiger. Das heißt, unzuverlässig, wenn man will, dass das Bild chronologische Erzählungen enthält. Welche Zeittafel könnte es zum Beispiel für „Samson und Isebel in Lagos“ geben? Schon der Titel sagt nur das Nötigste: Hier sind die Figuren von Liebenden in einer großen Stadt, bevölkert von den Linien und Kurven ihrer Begierden. Mehr kann nicht gesagt werden, denn im Bild ist alles gesagt, ein vollständiger Augenblick. Die perforierten Figuren machen dies noch deutlicher. Es ist die Schärfe ihrer Gesichter, die sie kraftvoll macht – jeder Punkt deckt ein weiteres Feld ab, bis sich der Kreis des Maler-Künstlers schließt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bilder von Victor Ehikhamenor einen menschlichen Körper zeigen, der einer verzauberten Welt entspricht. Die Bilder sind in der Tat dispersive Chroniken einer verzauberten Welt. Verzauberung ist in gewissem Sinne eine Anspielung auf Freude. Es besteht kein Zweifel daran, dass Ehikhamenor einerseits mit Humor und andererseits mit Witz malt (sehen Sie sich „Warten auf dem Gang des Vergnügens“ an: beachten Sie zunächst die Formen, die Größe und die Position der Köpfe, und beachten Sie die Gesten der Hände). Man sollte die Freude als Weg zur Verzauberung nicht untergraben. Diese Bilder müssen wie ein Zauberspruch wirken, sie müssen bezaubern und anziehen, bis jeder Betrachter eine andere Chronik der Verzauberung hat.

“A Man of the People" © Victor Ehikhamenor

Emmanuel Iduma ist ein niegerischer Autor aus New-York-City.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Im Auge behalten: Heno

Im Auge behalten: Heno.
von Kalanzi Kajubi

Heno. ist ein alternativer Soul-Künstler, der zwischen LA und der Bay Area lebt und Wurzeln in Maryland, Äthiopien und Eritrea hat. Sein voller Vorname Yihenew ist amharisch und bedeutet „das war’s“ oder „what you see is what you get“ – ein passender Name für einen Künstler, der durch seine Texte kühle Verletzlichkeit ausstrahlt. 2021 veröffentlichte Heno. seine beeindruckende, selbst produzierte LP „Death Ain’t That Bad“, eine 14 Songs umfassende, genreübergreifende Meditation über die Sterblichkeit. Inmitten von gefühlvollen, atmosphärischen und manchmal Yeezus-esken Hip-Hop-Beats behält Heno. einen klaren und offenen Ton bei, wenn er mit dem Verlust geliebter Menschen, den Unzulänglichkeiten vergangener Beziehungen und der Bedeutung der Umarmung des Unvermeidlichen rechnet.

Abgesehen von der ohnehin schon fesselnden Klangwelt des Tapes haben die von Heno. gewählten begleitenden visuellen Elemente besonders gut dazu beigetragen, eine Welt rund um das Tape zu schaffen, mit der sich die Fans auf vielen Ebenen auseinandersetzen können. Zum einen fängt das von Nick Francis collagierte Cover die dunklen, frenetischen Töne des Tapes treffend ein. Heno. veröffentlichte außerdem zwei Musikvideos, zwei Textvideos, eine Mini-Dokumentation über die Themen des Tapes, einen Instagram-Filter, der die Krone nachahmt, die er im Blackstarrr-Video trägt, eine limitierte Kassettenversion der LP und ein animiertes NFT in Zusammenarbeit mit @taramoves.

Wir haben uns mit Heno. getroffen, um mehr über den künstlerischen Ansatz und die Umstände zu erfahren, die ihn zu seiner neuesten Veröffentlichung inspiriert haben.

Wer ist Heno.? Was ist die Geschichte oder Bedeutung hinter deinem Namen?

Meine Mutter nannte mich Yihenew, als sie in den Wehen lag, weil sie sagte, Gott habe es ihr gesagt, und mein Vater ließ es zu. „Heno“ war der Spitzname, mit dem mich meine Familie und Freunde, die mit mir aufgewachsen sind, ansprachen. Abgesehen davon wuchs ich in einer Gegend auf, in der ich mich für meinen Namen schämte, weil er nicht der Norm entsprach und für die Leute schwer auszusprechen war. Jahrelang habe ich die verschiedenen Variationen meines Namens nicht korrigiert, weil es mir egal war, und habe mir sogar verschiedene Spitznamen zugelegt, um es den Leuten leichter zu machen. Aber als ich älter geworden bin und mich mehr an meine Kultur angepasst habe, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meinen Namen zu reclaimen und klarzustellen, dass ich Heno heiße und nur so angesprochen werden möchte (deshalb heiße ich in meinen sozialen Netzwerken „mynameisheno“); der Punkt am Ende ist auch deshalb wichtig, weil er die ganze Reise zusammenfasst, die ich hinter mir habe, um an einen Punkt zu gelangen, an dem die Leute mich einfach mit meinem tatsächlichen Namen ansprechen.

Wie würdest du deine musikalische Welt beschreiben?

Ich beschreibe meinen Sound und meine musikalische Welt gerne als Alternative Soul; eine Mischung aus Hip-Hop und meiner Liebe zu Motown/Soul, äthiopischem Old-School-Jazz, bekannt als „Ethiopiques“, R&B, Alternative und experimenteller Musik. Mein Vater war in der High School Schlagzeuger in einer Band und Gitarrist. Er hat mir so viel Musik beigebracht, als ich aufwuchs: von James Brown, Jackson 5 und Smokey Robinson bis hin zu Tilahun Gessesse und Aster Aweke. Meine Schwester zeigte mir auch jede Menge R&B-Platten, angefangen mit Brandy, während mein älterer Bruder viel Tupac und Bob Marley spielte. Damals war mir nicht klar, dass ich mich in all den Jahren, in denen ich ununterbrochen in meinem Wohnzimmer saß und CDs und Kassetten über Lautsprecher abspielte, intensiv mit Musiktheorie beschäftigte – von der Songstruktur über das Arrangement bis hin zur Komposition. Das gab den Ton an für mein Verständnis und meine Liebe zur Musik; eine Wertschätzung, die zu einer Besessenheit wurde, die eine Karriere inspirierte.

Tangaza Magazine

Dieser Artikel erschien im Original bei auf Englisch bei Tangaza Magazine, einem Online-Musikmagazin für Ostafrika.

Das erste, was bei "Death Ain't That Bad" auffällt, ist das Cover. Kannst du uns etwas über den Künstler erzählen und wie es zustande gekommen ist?

Das Albumcover wurde von Nick Francis gestaltet – einem unglaublich begabten Talent aus Oakland, Kalifornien. Er ist einer der Hauptakteure, mit denen ich zusammenarbeite, wenn es um Cover geht, und er ist für die meisten Cover in meiner Diskografie verantwortlich. Seit Jahren arbeiten wir mit ihm zusammen, und unsere Herangehensweise ist immer dieselbe. Ich schicke ihm ein fertiges Werk, mit dem er sich auseinandersetzen und ein Gefühl dafür bekommen kann. Wir besprechen einige Ideen, aber letztendlich gebe ich ihm den Freiraum für die Umsetzung. Als Künstler hasse ich es, derjenige zu sein, der den Leuten sagt, was sie zu tun haben – das führt in der Regel zu einer unangenehmen „zu viele Köche in der Küche“-Energie, die ich nicht mag. Ich bringe gerne Leute zusammen, die gut sind in dem, was sie tun, und bringe sie in eine Position, in der sie gewinnen können. Ich helfe dabei, den Prozess zu lenken, aber ich weiß auch, wann ich mich zurückziehen und jemanden sich entfalten lassen muss, was aus einem Gefühl des Vertrauens heraus geschieht. Auf diese Weise wird die Arbeit in der Regel besser.

Warum fandest du es notwendig, dieses Album zu machen?

Um es offen zu sagen: Wenn ich dieses Album nicht gemacht hätte, wäre ich heute nicht hier und würde mit euch darüber sprechen. Der Tod ist in meinem Leben so häufig aufgetaucht und wieder verschwunden [seit meiner Jugend], dass sich meine Sicht auf den Tod schon früh von einer Sache, vor der man sich fürchten, die man verabscheuen oder ständig in Frage stellen muss, zu etwas gewandelt hat, mit dessen Logik ich offen gesagt einverstanden war. Ich begann, mich eingehender mit der Philosophie des Todes zu befassen, und stellte fest, dass der Tod in vielen Kulturen und Ländern oft als eine Feier des Lebens betrachtet wird, während er in den USA als Trauer über einen Verlust angesehen wird. In einer Welt, in der wir nur sehr wenig Kontrolle haben, ist es wichtig, zu erkennen, was wir kontrollieren können: wie wir die Dinge wahrnehmen, auf was wir reagieren und wem wir unsere Energie geben wollen. Ich habe dieses Album gemacht, um ein größeres Gespräch darüber zu eröffnen, wie wir Dinge sehen und wahrnehmen, die uns unangenehm sind, und um darin Trost zu finden. Wenn man den Tod kennt und mit ihm im Reinen ist, hat man eine bessere Lebensqualität, weil man sein Leben so verbringen kann, wie man es möchte, und weniger Zeit damit verbringt, das Unvermeidliche zu fürchten und zu verabscheuen. Man nimmt sich Zeit für die Menschen, für die man sich Zeit nehmen muss, und erkennt, was im Leben wirklich wichtig ist.

Bist du in der Lage, Schönheit im Tod zu erkennen?

Der Tod ist eine schlimme Sache, aber ich sehe darin auch etwas Schönes. Ich denke daran, wie ich an den Beerdigungen von Menschen teilgenommen habe, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen, auch wenn wir uns nicht besonders nahe standen, und wie ich am Ende Leute wiedergesehen und kennengelernt habe, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe und die ich sonst wahrscheinlich nicht gesehen hätte, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Obwohl die Umstände besser sein könnten, hat der Tod eine bittersüße Art, Menschen von überall her zusammenzubringen, um das Leben eines Angehörigen zu ehren. Die Gemeinschaft, die sie hatten, und ihr Vermächtnis, das alle Anwesenden fortsetzen werden. Ich finde es schön, meine verlorenen Angehörigen und Freunde zu ehren. Ihre Namen lebendig zu halten ist eine schöne Sache.

Wer oder was sind einige Inspirationen, musikalisch oder anderweitig, die dich bei der Entstehung dieses Projekts geleitet haben. Was hast du gehört? Gelesen? Mit wem hast du gesprochen? Und so weiter.

Ich habe versucht, während der Arbeit an diesem Projekt nicht zu viel zu hören, aber ich habe mich von der Arbeit von Flying Lotus („You’re Dead“), dem Schreib- und Erzählstil von Kendrick Lamar und Frank Ocean, von Kanye West (aus der Sicht der Produktion) und dem verstorbenen Mac Miller inspirieren lassen, der meiner Meinung nach einer der besten war, der offen über sein Leben und seine Schwierigkeiten gesprochen hat und dabei transparent war. Ich habe auch viel gelesen und Theorien von Philosophen wie Epicurus, Stephen Caves (Unsterblichkeit), Frank Eyetsemitan, Alan Watts (Die Akzeptanz des Todes) und anderen gelesen. Jede einzelne Aufnahme dieses Projekts wurde von mir inspiriert, indem ich das, was ich gelesen oder gedacht habe, aufgriff und mit jeder Person, die an dem Projekt beteiligt war, sprach, bevor ich meine Arbeit begann. Ich wollte sicherstellen, dass jeder der beteiligten Künstler, Live-Musiker oder Mitarbeiter zu Wort kommt, wenn er über seine eigenen Ansichten/Gefühle zum Thema Tod spricht, und dass er auch versteht, woher ich komme, indem ich den Kontext liefere; und das alles hat sich organisch gut zusammengefügt.

Beyond Death mit einem großen D - es geht auf dem Album auch immer wieder um den Tod im symbolischen Sinne. In "Hurt People" sprichst du über das Ende einer Beziehung und deine Neigung, die Dinge zu versauen, die dir am meisten am Herzen liegen. Ist deine Sichtweise auf diese symbolischen Tode dieselbe? Sind sie auch "not that bad"?

Ich denke, dass alle Formen des Todes zu einem gewissen Grad schlimm sind, aber sie sind auch „not that bad“. Die Entstehung von „Hurt People“ war eine Sache, das ganze Verständnis dafür, was diese Gefühle sind, wie sie zum Scheitern einer Beziehung beigetragen haben, die Übernahme der Verantwortung für meine Handlungen und das Erkennen meiner eigenen Schwächen. Aber die Veröffentlichung des Albums ist eine andere Sache, die mit der Akzeptanz einhergeht, dass ich mich in das Bett legen muss, das ich gemacht habe & ich bin jetzt im Frieden damit, dass diese Beziehung zu Ende ist. Ich musste es auf die harte Tour lernen, und manchmal bleibt eine Lektion auf diese Weise hängen. Man muss sich mit dem auseinandersetzen, was einem unangenehm ist, um sich damit abzufinden und weiterzumachen. Diese Situation zu überstehen, hat mir wirklich geholfen, als Mensch zu wachsen. Es ist der Tod eines früheren Ichs. Ich bin nicht mehr so rücksichtslos wie früher, und ich habe heute viel mehr, wofür es sich zu leben lohnt.

Wie können wir solche Leidenszyklen durchbrechen? Irgendwelche Ideen?

Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber einige Ideen, die ich in meinen Alltag integriert habe, um diese Zyklen zu stoppen, sind die Übernahme von Verantwortung, das Eingestehen von Fehlern, die man begangen hat, das Zuhören, das Achten auf die Wellen, die man verursacht, und das Validieren der Gefühle anderer Menschen, indem man Mitgefühl zeigt. Ich glaube, dass wir gerade den letzten Punkt nicht so oft einhalten, wie wir sollten. Selbst wenn man mit jemandem nicht übereinstimmt, kann man zumindest verstehen, woher er kommt, und sich einfühlen, anstatt draufzuhauen und die Verletzung/den Schaden weiter zu verschlimmern.

Heutzutage müssen Künstler an so viel mehr denken, als nur Musik zu machen. Wenn man von deinen eigenen visuellen Darstellungen und dem kürzlich veröffentlichten Instagram-Filter ausgeht, scheinst du das gut zu wissen. Kannst du dazu etwas sagen? Genießt du die zusätzlichen Aufgaben, die mit dem Aufbau einer ganzen kümstlerischen Welt verbunden sind, oder wünschst du dir, du hättest mehr Zeit, um einfach nur zu kreieren?

Am liebsten verbringe ich meine Zeit mit der Produktion von Musik und Kunst, aber ich sehe auch, wie wichtig es ist, die Art und Weise, wie man sich präsentiert, zu variieren und eine Welt darum herum zu schaffen. Da ich sowohl Produzent als auch Künstler bin, kann ich die Welt des alternativen Soul so gestalten, wie ich will. Ich denke, dass es viel wichtiger ist, den Leuten ein Gesamterlebnis zu bieten (besonders während der Pandemie), als jemanden dazu zu bringen, einen Song oder eine einzelne Sache zu mögen. Wenn man sich auf die ganze Welt einlässt, die jemand erschafft, und den Leuten das Gefühl gibt, dass sie ein Teil der Reise sind, dann bleiben die Leute wirklich dabei und unterstützen – indem sie Merch, physische Güter, Tickets, NFTs und mehr kaufen.

Wie verändert sich Ihrer Meinung nach die Erfahrung des Künstlers mit der Entwicklung der Technologie?

Mit den Fortschritten und Innovationen in der Technologie müssen wir als Künstler:innen versuchen, unsere Kunst auf unterschiedliche Weise zu präsentieren, um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden – eine Herausforderung, die gleichzeitig auch Spaß macht.

Denkst du an deine vielen Wohnorte, wenn du kreativ bist? Äthiopien, DMV, Oakland, L.A... War einer dieser Orte besonders einflussreich für die Entstehung dieses Albums?

Ich denke die ganze Zeit über die vielen Häuser nach, in denen ich gelebt habe, sei es als Schöpfer oder als Nicht-Schöpfer. Als der introspektive Schriftsteller, der ich bin, reflektiere ich über die Zeiten und Erfahrungen, die ich an jedem dieser Orte gemacht habe und die mich letztendlich zu dem gemacht haben, was ich heute bin. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, dieses Album zu machen, wenn ich nicht so viel Perspektive hätte, wie ich sie habe, die von all den Umzügen und Reisen kommt, die ich gemacht habe.

Ich habe gehört, dass ein Großteil des Albums im Studio von Toro Y Moi aufgenommen wurde. Kannst du uns mehr darüber erzählen?

Ich habe bei Death Ain’t That Bad ausgiebig mit meinem lieben Freund Anthony Ferraro zusammengearbeitet, auch bekannt als Astronauts etc. und Keyboarder von Toro Y Moi. Er und Chaz teilen sich einen zweistöckigen Raum in der Bay Area, in dem ich die Ehre hatte, an der gesamten Produktion zu arbeiten. Ich habe die meisten Aufnahmen im Conservatory of Music in San Francisco gemacht und alles von Jose Soberanes mischen und mastern lassen. In dieser Zeit haben wir großartige Gespräche geführt, und alle meine Ideen wurden begrüßt und aufgenommen. Ich versuche, mich nicht zu sehr an das zu gewöhnen, was/wie ich etwas kreiere, also war es schön, in eine Richtung zu gehen, die die Leute nicht von mir erwarten würden, und in diesen Entscheidungen Bestätigung zu finden. Das und die Tatsache, dass ich Zugang zu den verschiedensten Arten von Ausrüstung hatte, hat dazu geführt, dass ich bei der Arbeit an einem Werk so viel Spaß hatte wie nie zuvor. Ich werde auch nicht lügen, denn ich bin seit der Highschool ein Fan von Toro y Moi und hatte das Glück, mit ihm zu arbeiten und zu chillen und selbst respektiert zu werden, was mich sehr bestätigt hat.

Was ist deine Vision für die Zukunft?

Ich habe keine Kontrolle über die Zukunft, aber meine Vision für das, was ich kontrollieren kann, ist eine, in der ich weiterhin großartige Musik über verschiedene Medien veröffentliche, ins Business/Filmgeschäft expandiere, ausgiebig um die Welt toure, weiterhin großartige Beziehungen zu denjenigen aufbaue, die die Kunst unterstützen, Leute dazu inspiriere, jetzt in der Gegenwart zu leben und zu lieben, indem sie tun, was sie wollen und auf diese Dinge hinarbeiten, Wohlstand für meine Familie schaffen und ein Vermächtnis hinterlassen, das meiner Gemeinschaft in den USA [und] in Äthiopien und Eritrea helfen wird. Ich sehe andere Auszeichnungen wie Grammys, Emmys, Billboard-Charts, Gold/Platin-Schallplatten und mehr in meiner Zukunft, aber diese Dinge werden kommen, je mehr ich mich auf das konzentriere, was ich kontrollieren kann.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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