Es gibt Orte, in denen die Harmonie mit den Menschen, den Elementen und den Zeitabläufen so tief in unseren Wurzeln verankert ist, dass sie identitätsstiftend wirkt. Jedes Wesen, jede Ecke, jede Gasse, jede Veränderung des Lichts, jede Tageszeit zeigt sich dann in einem zufälligen Rendezvous, einer Anmut, die das Auge und das Herz trifft.
Ich bin in Essaouira geboren und aufgewachsen, wo ich mich sowohl kulturell als auch fotografisch fast vollständig autodidaktisch in Fotografie gebildet habe. Meine Ausflüge durch die Stadt und ihre Umgebung, immer mit der Kamera in der Hand, sind eine einzige Hommage an diese Stadt. Aber nicht nur das. Es sind auch ihre Einwohner, die mit ihrer Tiefe, Freude, Offenheit und Distanz ein fruchtbares Beobachtungsfeld schaffen, in dem die Zeit keine Rolle mehr spielt. Dieses reiche Erbe ist konstitutiv für mich als Fotografen.
Tag für Tag, ununterbrochen, unternehme ich eine Reise in mein inneres Wesen, um zu versuchen, die Essenz zu extrahieren: das Festhalten eines Augenblicks, der die vielfältige Identität dieses Ortes, an dem sich das Leben so einzigartig zeigt, sichtbar macht. Jedes Foto, das ich auswähle, ist eine Rückkehr nach Marokko, eine vibrierende Dankbarkeit gegenüber diesem Land, das so günstig für die visuelle, affektive und emotionale Entfaltung ist.
Was gefällt dir an deiner Stadt?
Ich liebe Essaouira, weil es mir alles gibt, was ich mir wünschen kann: Sicherheit, Stabilität, den guten Geschmack, Lebensart, kulturelle und spirituelle Bereicherung. Und Marokko im Allgemeinen inspiriert mich, aber Essaouira noch mehr, weil es eine Stadt aller Farben und Religionen und Nationalitäten ist. Ich liebe Essaouira sehr.
Wie arbeitest du? Gehst du bewusst auf Fototour oder hast du deine Kamera auch im Alltag immer dabei?
Ehrlich gesagt ist das Fotografieren Teil meines Alltags. Selbst, wenn meine Mutter mich bloß auf die Straße zum Einkaufen schickt, nehme ich meine Kamera mit, damit mir keine Szene entgeht. Ein Freund von mir, der Fotograf in Paris ist, sagte einmal zu mir: „Zack, wenn du das Haus verlässt, hast du doch immer die Schlüssel bei dir.“ Und er sagte mir, dass es mit der Kamera genau so sein sollte. „Schlüssel öffnen Türen, deine Kamera wird dir Welten eröffnen.“
Welche Art von Bildern oder Eindrücken wecken dein Interesse? Welche Motive interessieren dich?
Die Bilder, die mir die Welt vor Augen führt. Es ist das Leben der Menschen auf der Straße, wie sie sich bewegen, wie sie arbeiten, und auch die Einstellung der Menschen zur Welt.
Steckt eine Absicht hinter deinen Bildkompositionen? Warum fotografierst du in Schwarz-Weiß?
Das ist ein reines Gefühl. Die Komposition kommt automatisch. Ich suche sie nicht zu sehr. Ich mag die Bio-Geometrie des Lebens. Ich strebe nicht an, dass die Fotos perfekt sind, ich nehme die Dinge so, wie sie kommen. Das Leben ist der wahre Künstler in meinen Augen.
Schwarz-Weiß-Fotografie nutze ich, um den Betrachter zu bestimmten Emotionen oder Themen zu leiten, und sich nicht von den Farben ablenken zu lassen. Und ich finde auch, dass sie zeitlos ist. Und weil ich von Cartier-Bresson, Rebert Douano, Elliott Erwitt, Sabine Weiß beeinflusst bin.
Was dokumentierst du auf deinen Bildern? Wie verändert sich Essaouira?
Alles ändert sich ständig: die Kleidung, die Gewohnheiten, die Kultur, die Menschen, die eines Tages verschwunden sein werden … alles interessiert mich. Ich gehe in meiner Stadt Essaouira spazieren und sehe viele Touristen mit den Kameras, die aber nur Urlaubsfotos machen. Also habe ich die Initiative und die Verantwortung übernommen, ein Fotoarchiv für die Geschichte der Menschen von Essaouira zu machen. Und ich mache das gerne. Essaouira wird wie eine Marke werden, wie eine Kleiderkammer mit Autos, und man muss aufpassen, dass man nicht in die gleichen Fehler wie Marrakesch verfällt. Bewahren wir uns die Stadt wild und mit ihrer Seele!
Wie würdest du das Licht in Essaouira beschreiben?
Aaaaah, das Licht. Für mich ist es das Geheimnis eines gelungenen Fotos. Erfahrene Fotografen sagen, dass Essaouira ein Paradies für Fotografen ist, am frühen Morgen und am Nachmittag ab 17:30 Uhr ist es hier magisch, besonders mit den weißen Häusern, die noch heller sind.
Hat die russische Literatur, die du magst, einen Einfluss auf deine Arbeit?
Ja, die russische Literatur hat mir die Augen für viele Dinge geöffnet. Gogol und Dostojevski und vor allem Michael Bulgakov – Der Meister und Margarita. Das Leben ist schön, aber es kann auch grausam und hart sein. Ich habe in den Büchern Erfahrungen gemacht, die ich mir nie hätte vorstellen können. Wenn man liest, hat man Bilder im Kopf. Und wenn man Bilder sieht, kommen auch Wörter dazu. Ungerechtigkeit, Elend, Freude, Eifersucht, Scham, aber auch Harmonie und Gelassenheit.
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