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Bleib bei mir

Bleib bei mir
Kurzbesprechung von Alessandra Bassey

Yejide hofft auf ein Wunder. Sie will ein Kind. Ihr geliebter Mann Akin wünscht es sich, ihre Schwiegermutter erwartet es. Sie hat alles versucht: Untersuchungen, Pilgerreisen und Stoßgebete – vergeblich. Dann nimmt ihre Schwiegermutter das Heft in die Hand und stellt Akin eine zweite Frau zur Seite. Eine, die ihm ein Kind schenken kann. Dabei haben sich Akin und Yejide entgegen der nigerianischen Sitten entschieden, keine zweite Frau in die Ehe zu holen. Doch jetzt ist sie da, und Yejide voller Wut und Trauer. Um ihre Ehe zu retten, muss sie schwanger werden – aber um welchen Preis? Ayọ̀bámi Adébáyọ̀s Debütroman erzählt mit emotionaler Kraft eine universelle Geschichte. Wie viel sind wir bereit zu opfern, um eine Familie zu bekommen?

Ayóbàmi Adébáyòs Roman „Bleib bei mir“, der im Erscheinungsjahr 2017 für etliche Literaturpreise auf den Long- und Shortlists stand, ist nicht nur eine eindrückliche Schilderung der politischen und sozialen Situation im Nigeria der 1980er Jahre, sondern auch eine Feier der weiblichen Facetten von Stärke und Verletzlichkeit.

Yejide, die Protagonistin, ist mit Akin verheiratet; ihre Liebesgeschichte begann auf so eine ‚bis dass der Tod uns scheidet‘ Art und Weise, wie man sie allen Menschen wünscht, die man gern hat. So begann sie jedenfalls, bis ihre Beziehung von Unfruchtbarkeit, eher gesagt Impotenz, überschattet wird – in den ersten drei Vierteln des Buches werden wir nämlich in dem Glauben gelassen, dass Yejide diejenige ist, die Schwierigkeiten hat, Kinder zu bekommen. Medizinmänner, Pastor:innen und Ärzt:innen werden für eine erfolgreiche Empfängnis einbestellt, angefleht, bezahlt und angebetet. Der Druck auf das junge Paar und vor allem auf Yejide ist so groß, dass sie schließlich an einer Pseudozyese (Scheinschwangerschaft) leidet.

Die Schilderung von Yejides Leben ist gespickt mit Herzschmerz, Schmerz, Mitgefühl und einigen Fällen von durchdringender Ironie. Akins Unfähigkeit, seine Frau zu schwängern, führt dazu, dass er heimlich eine zweite Frau heiratet, was die Beziehung von Yejide und Akin noch mehr belastet. Und als auch die Ehe zwischen Akin und seiner zweiten Frau Funmi keine Früchte trägt, kommt Akin auf eine Idee mit katastrophalen Folgen.

Literandra

Diese Besprechung erschien im englischen Original bei Literandra, einer gemeinnützigen digitalen Plattform, die literarische Kunstformen, die vom afrikanischen Kontinent ausgehen, vorstellt und zelebriert.

Während die politische Situation in Nigeria aus den Fugen gerät und bewaffnete Räuber die Familien terrorisieren, erleidet Yejide Verluste, genießt kleine Momente des Sieges und baut im Verlauf ihres Martyriums eine ungeheure Kraft auf.

In Ayóbàmis Werk sind Männer zwar eher destruktive Zaungäste in einer durch und durch patriarchalen Gesellschaft, während die Frauen stark, einfallsreich und widerstandsfähig sind. Dennoch gibt Ayóbàmi auch ihnen eine Stimme, lässt die Lesenden ihre Perspektive mitfühlen und zeigt ihre Menschlichkeit hinter der Verächtlichkeit und Zerstörungswut. Bleib bei mir ist ein wichtiges Werk, das gnadenlos zeigt, welche Herausforderungen und Nöte Unfruchtbarkeit und gesellschaftlicher Druck für Frauen und Paare bedeuten können. Yejide und Akin hätten ohne die repressiven gesellschaftlichen Erwartungen des Nigerias der 80er Jahre glücklich sein können.

Über Yejides Leben zu lesen, wird Ihnen Seelenschmerzen bereiten – nicht nur, weil es voller extremer Schmerzen und Enttäuschungen ist, sondern weil jede und jeder von uns Yejide oder Akin sein könnte. Yejides und Akins Reise wird zu Ihrer werden, während Sie dieses Buch lesen, ihre Geschichte wird Ihr Herz ergreifen.

Bleib bei mir ist ein monumentales Werk, das Licht auf ein Problem wirft, das viele haben und über das nur wenige sprechen. Es ist ein Roman, der die weibliche Stärke im Angesicht von unüberwindbaren Schwierigkeiten feiert. Ayóbàmis Roman hat sich seinen Platz unter den anderen Meisterwerken in meinem Bücherregal verdient, und Yejides Schicksal hat sich für immer in mein Herz eingebrannt.

Ayọ̀bámi Adébáyọ̀, geboren 1988 in Lagos, studierte Englische Literatur und Kreatives Schreiben unter anderem bei Margaret Atwood und Chimamanda Ngozi Adichie. Ihre Geschichten erschienen in zahlreichen Zeitschriften. Ihr Debütroman „Bleib bei mir“ wurde von der Kritik hoch gelobt, war für den Baileys Women’s Prize for Fiction nominiert und wurde in dreizehn Länder verkauft.

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Für die Erde vereinen sie ihre Stimmen über Zeiten hinweg


Für die Erde vereinen sie ihre Stimmen über Altersgrenzen hinweg
von Samuel Osaze

Zum Welttag der Poesie trafen sich in Lagos altbekannte und neue Gesichter, um über umweltpolitische und Klimathemen zu dichten. Ein Bericht.

In letzter Zeit hat das Wort „Anthropozän“ in meinem Wortschatz erstaunlicherweise eine gewisse Beliebtheit erlangt. Ich gebe zu, dass das Wort selbst an dem denkwürdigen Abend, um den es hier geht, nicht ausgesprochen wurde. Es war ein kühler Abend in Lagos. Unter dem Titel ProvidusBank Poetry Café brachte das Abendprogramm Dichter und Dichterinnen unterschiedlichster Überzeugungen und Stile zusammen. Sie bekamen dort auf der Bühne eine wahrhaftige Plattform zum Austausch über ein weltbewegendes Thema: Umwelt und Klimawandel. Ich persönlich hatte jedoch das Gefühl, dass sich alle Aktivitäten der Literaturveranstaltung um den spannenden Begriff Anthropozän drehten. Damit ist die gegenwärtige Epoche gemeint, in der vor allem seit der industriellen Revolution von 1760 Klima und Umwelt hauptsächlich von menschlichen Aktivitäten geprägt werden.

Bei der Veranstaltung zum Welttag der Poesie spiegelte sich diese Sichtweise in jeder Aufführung wider, denn die Effekte unserer schädlichen menschlichen Praktiken wurden hervorgehoben. Deutlich wurde auch die Überzeugung, dass der Mensch auf die Auswirkungen seiner Taten auf Mutter Erde achten sollte, wenn er weiterhin das Wohlwollen der Erde genießen will. Da die Erde nicht für sich selbst sprechen kann, wurden Dichter und Dichterinnen an diesem Abend zu ihrem Sprachrohr. Sie schilderten die Qualen und Wunden, die Mutter Erde durch die Grobheit der Menschheit zugefügt werden.
Die Veranstaltung trug den Titel „Stimmen für die Erde: ein Abend voller Ideen, Rhythmen und Debatten rund um Umwelt und Klimawandel„. Mit dabei waren als Hauptakt der legendäre Dichter, Dramatiker, Schauspieler und Menschenrechtler Wole Soyinka und fünf namhafte Dichter:innen – Evelyn Osagie, Akeem Lasisi, Umar Abubakar Sidi, Reginald Chiedu Ofodile und Efe Paul Azino. Außerdem umfasste das Podium auch junge, aufstrebende Dichterinnen und Dichter aus ausgewählten Poesie-Kommunen in Lagos – Poets in Nigeria, AJ House of Poetry, Loudthotz und das Bariga Poets Collective. Die verschiedenen poetischen Formen schufen ein schillerndes künstlerisches Ambiente.

Das Publikum bestand hauptsächlich aus der Crème de la Crème der Kreativen, der Banker:innen und der Literaturliebhaber:innen. Sie konnten Zeugen einer Lesung von Afrikas erstem Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka werden, der übergeordneter Gastgeber und natürlich Publikumsmagnet und Inspirationskraft der Veranstaltung war. Der gefeierte Schriftsteller und Intellektuelle Odia Ofeimun war ein besonderer Gastdichter, und er gab eine gute Vorstellung seines poetischen Können preis.

Für Mutter Erde

In seiner Eröffnungsrede zitierte Walter Akpani, der Moderator des Abends und Geschäftsführer der veranstaltenden Bank, Wangari Maathai, Friedensnobelpreisträgerin 2004, mit den Worten:

Das Thema Klimawandel ... führt uns die Tatsache vor Augen, dass wir uns auf einem Planeten befinden und dass einige der Auswirkungen dessen, was Menschen in einer Ecke der Welt tun, sich auf Menschen in einer entfernten Ecke der Welt auswirken werden. Wir mögen uns also immer noch sehr weit voneinander entfernt fühlen, aber wir sind einander wirklich sehr nahe...

Dies war nicht die erste Gelegenheit, bei der nigerianische Dichterinnen und Dichter ihre Besorgnis über den Klimawandel und Umweltverschmutzung zum Ausdruck brachten. In der Vergangenheit haben zahlreiche Dichter:innen zusammen mit Umweltschützer:innen die Verschmutzung und ihre schlimmen Folgen für das Klima angeprangert. Zu denjenigen Dichtern, die sich für die Umwelt einsetzten, gehörten zum Beispiel der verstorbene Ibiwari Ikiriko (Oily Tears of the Delta), Nnimmo Bassey (To Cook a Continent: Zerstörerische Extraktion und die Klimakrise in Afrika), Professor Tanure Ojaide (The Activists), um nur einige zu nennen. Sie alle prangern die Zerstörung der Natur an, besonders im Nigerdelta.
Ein gewisses Alleinstellungsmerkmal der Veranstaltung vom Sonntag, dem 21. März, muss jedoch angemerkt werden. Es war die Verschmelzung der Ideen von alten, mittelalten und angehenden Dichter:innen. In der Einigkeit des Zweckes erhoben sie alle ihre Stimmen für Mutter Erde. Sie waren vehement in der Verurteilung und Warnung vor den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Welt und die menschliche Existenz.

Die jungen und aufstrebenden Stimmen

Das Gedicht von Evelyn Osagie nahm eine dramatische Wendung, um diese Botschaft mit Leben zu erfüllen. Sie kroch auf der Bühne herum, geschmückt mit biologisch nicht abbaubaren Abfällen wie Nylon, Plastikflaschen usw., und erzeugte damit fesselnde Bilder. Sie spiegelten wider, dass Mutter Erde es geschafft hat, sich trotz der Hindernisse der Menschheit weiter zu drehen. Evelyn Osagie beklagte in ihrer Performance die wahllose Müllentsorgung, sie schwankte und taumelte. Das Gedicht mit dem Titel „Nature’s Irate Scream“ (Der wütende Schrei der Natur) wies auf die Gefahren der Umweltzerstörung hin und stellte deren unausweichliche Folgen vor. Es erinnerte sogar an die Waldbrände am Amazonas und den katastrophalen Hagelsturm im Sommer, der die mexikanische Stadt Guadalajara irgendwann im Juni 2019 unter drei Fuß Eis begrub.
Der lyrische Dichter Akeem Lasisi beeindruckte mit seinem entspannten, aber hochrhythmischen Stil mit Einflüssen aus der mündlichen Tradition der Yoruba bei seiner Vorführung von „The Divination“. Voller präziser Metaphern, mit großzügigen Verweisen auf die Sonne und den Mond, war die eindringliche Anspielung des Dichters auf eine Szene, in der das ungebremste Abfackeln von Gas, wie es in der Landschaft des Nigerdeltas üblich ist, der Grund dafür war, dass es Monate dauerte, bis die Sonne im Osten aufging und im Westen unterging.

Der Lauf der Natur ist durch die industrielle Verschmutzung durch den Menschen stark verändert worden. So heißt es im Gedicht:

Monate nach dem Aufbruch aus dem Osten
Ist die Sonne im verweilenden Westen nicht untergegangen
Geblendet von vagabundierendem Rauch
Eine Hölle von Turbulenzen durch abfackelndes Gas

Dieses Gedicht fesselte mich aufgrund einer unvergesslichen Erfahrung an einer Gasabfackelstelle in Imiringi, Bayelsa State. Es gibt viele Beweise für den Zorn der Natur, die täglich angegriffen und an den Rand gedrängt wird. Die bittere Wahrheit ist, dass die Natur sich sicherlich eines Tages wehren wird, aber wir sind vergesslich und wollen die Folgen unseres Handelns nicht wahrhaben.
Reginald Chiedu Ofodile behauptet in seinem Gedicht „Tödliches Gerät“, dass die Angriffe des Menschen auf die Umwelt, die meist in der Stadt stattfinden, sich oft genug gegen ihn wenden! Es ist das, was den Menschen mit vielen unheilbaren Krankheiten plagt und letztlich seine Lebensspanne verkürzt. Angesichts des weit verbreiteten Glaubens, dass die Menschen auf dem Land gesünder und länger leben als die Stadtbewohner, ist diese Behauptung nicht zu beanstanden.

Lekki in Lagos, Nigeria. ©Nupo Deyon Daniel

In seinem zweiten Gedicht „Deserved Appreciation“ beklagt Ofodile die schamlose Respektlosigkeit gegenüber unserem architektonischen Erbe. Was in gesünderen Gefilden als Schatz verehrt wird, wird bei uns wenig geschätzt und sogar abgerissen. Schlimmer noch, in Lagos wurden einige unersetzliche Meisterwerke in unrühmliche Orte umgewandelt – Mülldeponien oder ein Zufluchtsort für Straßenkinder und dergleichen. Das Gedicht ist ein klarer Ruf nach einer sofortigen Änderung der Einstellung und einer Überprüfung unserer Instandhaltungskultur, die im Moment auf dem niedrigsten Stand ist. Mehr noch, die Verachtung für das architektonische Erbe erstreckt sich auch auf kulturelle Praktiken, von denen einige inzwischen verteufelt und vernachlässigt worden sind.
Umar Abubakar Sidis Gedicht „Dichter und Salamander“ entsprach dem Thema der Veranstaltung. Er forderte Dichter und Schriftsteller auf, ihre kreativen Medien zu nutzen, um die Massen über die Notwendigkeit aufzuklären, die Erde vor zerstörerischen menschlichen Aktivitäten zu schützen. Ihm zufolge befindet sich die Erde in einer Krise, daher Lasst die Dichter das Alphabet des Himmels neu schreiben, um das Ozon zu zementieren, Schichten aus Poesie und Gas zu bilden, um die Seelen der Menschen und Salamander vor dem wütenden Buchstaben der Hitze zu schützen“. Die Dichter und Schriftsteller haben eine Verpflichtung, die Erde zu schützen. Da die Feder mächtiger ist als das Schwert, ist eine dringende Kampagne unabdingbar, oder besser gesagt, die Dichter und ihresgleichen sollten ihre Bemühungen im Werben gegen die Zerstörung der Ozonschicht intensivieren.

Auf die gleiche Weise frischt Efe Paul Azinos „After the Floods“ unsere kollektive Erinnerung an die Verwüstung, die monumentalen Schäden und den Tod auf, die die Flut 2019 in Benue, Kogi, Nasarawa, Kwara und anderen Gemeinden im mittleren Gürtel Nigerias angerichtet hat. Derlei Kalamitäten sind die Rache der Natur für unsere Missachtung ihrer Gefühle. Es ist ihr einziges Mittel, um ihren Tribut zu fordern. Azinos zweites Gedicht „One for the Tribe“ war wie ein süßer Nachtisch nach einem schweren Hauptgang. Es war eine Darbietung, die den Geist des Publikums nach der Düsternis der vorherigen Darbietungen aufhellte.

„Smokes and Death“ von Bestman Michael von AJ House of Poetry beschreibt die Auswirkungen der Umweltzerstörung auf die landwirtschaftlichen Produkte und die daraus resultierende Nahrungsmittelknappheit, den Hunger und die Inflation – all das ist Quelle von Schmerz, Tränen und Tod für die Menschheit. Es weist auf die Ironie hin, dass der Mensch sich in seinem Streben nach Einkommen selbst in den Fuß schießt, indem er die Natur beschädigt – den Dreh- und Angelpunkt seines Lebens. In ähnlicher Weise trug der Dichter Increase Nathaniel von Loudthotz ‚I know What Will Kill Us First‘ vor. Das Gedicht stellt die enorme Gefahr einer verschmutzten Erde und den Aufstand im Norden einander gegenüber. Für den Dichter ist weder der „Aufstand“ noch der „Krieg im Norden“ vergleichbar mit dem Elend, das die Erde entfesselt. Was uns zuerst töten wird, „ist das, was wir Mutter Erde und ihren anderen Kindern angetan haben“.

Soyinkas Wiederkehr

Der Höhepunkt der Veranstaltung war jedoch der Auftritt des legendären Wole Soyinka (Literaturnobelpreisträger 1986), flankiert von der Schauspielerin und Herausgeberin Taiwo Ajai-Lycett und dem Schauspieler Bimbo Manuel, alle drei in blauen Astronauten-Fluganzügen, um das spaßig-heroische Gedicht „2009: A Space Odyssey‘ (für Kinder unter 90+)“ vorzutragen. Der Hauptmoderator des Abends hatte daran erinnert, dass dieser Auftritt von Soyinka zur Darbietung eines seiner Texte vielleicht der erste seit über zwei Jahrzehnten war. Es war also ein historischer Moment, dass der Dichter und Schauspieler Soyinka live auf die Bühne kam, und dann auch noch im Kostüm! Bei seinem letzten Auftritt hatte der Künstler, der oft als „Löwe des Schreibens“ bezeichnet wird, zu Ehren der berühmten Boko-Haram-Gefangenen Leah Sharibu gelesen aus einem seiner Werke vorgelesen. Viele der damals Anwesenden werden sich noch daran erinnern, dass der Achtzigjährige in Tränen ausbrach, als er zu einem bestimmten Abschnitt des Gedichts kam. Er sagte, dass ein Vers in dem Gedicht ihn sehr an das Ableben seiner eigenen Tochter Yetade erinnert habe, die vor ein paar Jahren verstorben ist.

Zunächst forderte der eigenwillige Professor das Publikum auf, sich von der Düsternis zu befreien, die im Raum herrschte. Er bemerkte, dass Poesie, vor allem durch junge Leute, oft zu ernst genommen werde:

...sie denken, Poesie sei nichts als eine feierliche, düstere und finstere Beschäftigung... Eigentlich sollte Poesie einen Sinn für Humor haben.“

Taiwo Ajai-Lycett, Wole Soyinka und Bob Manuel (von links) ©Samuel Osaze

Und bei der anschließenden Aufführung seiner 22-seitigen Sammlung „2009: A Space Odyssey“, sagte Soyinka: „Wir werden Ihnen eine halb-biografische Erfahrung vorlesen. Sie ist eine Art Helden-Mockery, um die Poesie hier mal ein bisschen aufzuhellen.“ Als dann das große Finale kam, brachte es das Publikum zum Lachen und Brüllen vor Freude. Aufgeteilt in sechs Abschnitte mit 27 Strophen, nutzt das Gedicht den Stil der heroischen Poesie, um den Traum des englischen Milliardärs-Unternehmers Richard Branson zu persiflieren. Als Gründer von Virgin Galactic träumte Branson davon, seinen Geburtstag im Jahr 2019 mit dem Gedenken an die Weltraumexpedition Apollo II zusammenfallen zu lassen. Sein Bestreben war es, Menschen in den Orbit zu befördern, um den 50. Jahrestag der ersten Mondlandung von 1969 zu feiern.

Der Preis für die Reise war mit 250.000 Dollar pro Person unverschämt hoch angesetzt. Da Dichter sich diese unerschwingliche Summe nicht leisten können, erweist sich die Persona in diesem spöttischen Heldenstück, die der Ogunkanako der NASA ist, als besonders erfindungsreich. Er nutzt die Macht der Poesie, um ein Freiticket zu ergattern, und stürzt sich zusammen mit seinen Mitstreitern in das Vergnügen der Weltraumfahrt. Die poetische Phantasie ist die Erfüllung des vergeblichen Traums des englischen Milliardärs.
Diese Vorführung war keineswegs unpassend zum Abendmotto, denn verfügbare Statistiken zeigen, dass Weltraumstarts aufgrund der Verbrennung von festen Raketentreibstoffen einen saftigen Kohlenstoff-Fußabdruck hinterlassen können. Science Focus sagt: „Viele Raketen werden jedoch mit flüssigem Wasserstoff angetrieben, der „saubere Wasserdampf“-Abgase produziert, obwohl die Produktion von Wasserstoff selbst erhebliche Kohlenstoffemissionen verursachen kann.
Nach der geistigen Wanderung mit Soyinka als poetischem Piloten verließen die Zuhörer die Veranstaltung gesättigt, weil sie ein vollwertiges Menü aus Zeilen, Reimen und Rhythmen zu Ehren unserer so sehr missbrauchten Mutter Erde zu sich genommen hatten, und vielleicht mit dem Vorsatz, sich fortan für die Erhaltung der endlosen, großzügigen Gaben der Natur einzusetzen.

Die Feier zum Welttag der Poesie in Lagos verdient wirklich eine jährliche Wiederholung.
Sam Osaze ist Festivalverwalter für das jährliche Buch- und Kunstfestival der CORA Arts & Cultural Foundation in Lagos. Im Jahr 2016 schloss er sich Menschenrechtsaktivist:innen an, die für die Freilassung des Performance-Künstlers Jelili Atiku kämpften. 2014 war er Programmbeauftragter des Lagos Book & Arts Festival. Sein erster Gedichtband, Ein Esan-Mädchen tanzen sehen, erscheint im Juli bei Akono.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Burna Boy made it!

Burna Boy made it!
Der Musiker aus Nigeria erhält einen Grammy für sein Album "Twice as Tall"

I remember when I couldn't level up
'Cause the Grammys had me feeling sick as fuck
Throwing up and shit
Asking questions like, "Why it wasn't us?"
Almost had a nigga feeling envious (Serious)
Tell 'em, say them can't bury us
Tell 'em, say them can't bury us
'Cause the love make me stand up every time when me fall
Come back standing twice as tall (Mmm)
I never thought that I could level up
'Til I started filling all these venues up (Now it's regular)
All I wanted was weed in my Rizla
And some VVS to ice my bezel up (Run it up)
Some of my guys might never see the sun
Some of them still peddle drugs (Run along)
If you know that you ain't never show me love
And you like me better when me gun ah buss

Gut, dass Burna Boy im letzten Jahr nicht nur Weed in sein Rizla gedreht hat, sondern musikalisch so produktiv wie immer war, denn so hat es bei seiner zweiten Nominierung endlich mit dem Grammy geklappt. Der unglaubliche weltweite Erfolg des Afro-Fusion Stars aus Nigeria erfährt nun auch durch die Auszeichnung mit dem wichtigsten Award in der Musikbranche Anerkennung. Für sein Album „Twice as Tall“ erhielt Burna Boy, der mit bürgerlichem Namen Damini Ogulu heißt und aus Port Harcourt stammt, den Grammy Award für das beste Weltmusik Album.

Auf der einen Seite wächst durch diese internationale Auszeichnung und damit auch Inwertsetzung des Genres Afrobeats die Hoffnung auf eine langfristige Anerkennung, auf Achtung der Urheberrechte und finanzielle Kompensation von Afrobeats-Künstler:innen, denn bisher, das musste auch Burna Boy in Zusammenarbeit mit dem kanadischen Rapper Drake erfahren, bedienen sich Musiker:innen von Weltrang oft gratis an den musikalischen Leistungen afrikanischer Künstler:innen.

Auf der anderen Seite sollte der Grammy auch bedeuten, dass Burna Boy in Nigeria so gut wie unantastbar wird. In seinen Texten setzt sich der 29-Jährige nicht gerade subtil kritisch mit sozialen und politischen Problemen auseinander, was ihm bis vor einigen Jahren noch die Ablehnung der nigerianischen Musikindustrie einbrachte. 2015 sagte Burna Boy auf die Frage, wie er die Musikindustrie seines Heimatlandes sehe:

Sie ist politisch, Mann. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich nicht wirklich als Teil der Branche. Ich bekomme keine Auszeichnungen, weil die Mächtigen mich nicht wirklich mögen. Ich bin nicht wie alle anderen, ich tue nicht, was alle anderen tun. Das mögen sie nicht. Alles ist sehr politisch und ich bin kein sehr guter Politiker. Also mische ich mich nicht wirklich in all das ein. Ich bringe einfach nur Hits, und meine Fanbase wird immer größer.

Nun wurde er jedoch bei seinem nigerianischen Homecoming-Concert nach der Grammy Verleihung von der nigerianischen Regierung mit dem Titel ‚Distinguished Service Star of Rivers State‘ ausgezeichnet, einem Titel, der als Anerkennung für außergewöhnliche Dienste oder Leistungen verliehen wird. Berichten zufolge überreichte River State Gouverneur Nyesom Wike den Preis an Burna Boy im Beisein seiner Familie und seines Managements und schenkte gleich ein Grundstück und Geldmittel für einen Hausbau dazu. Wike erklärte, dass die Auszeichnung ein Zeichen der Dankbarkeit sei und hoffte, dass sie als Ermutigung für den River State dienen würde, damit seine Leute sich bemühen, auf Burna Boy’s Niveau zu kommen.

Die Grammy-Auszeichnung wird von vielen als großer Erfolg für die gesamte afrikanische Musikwelt gesehen und als Wegbereiter für weitere afrikanische Künstlerinnen und Künstler, die sich an die internationale Bühne herantrauen wollen. Neben Burna Boy wurde schließlich auch der ebenfalls aus Nigeria stammende WizKid für seinen Auftritt in Beyoncés „Brown Skin Girl“ mit einem Grammy Award geehrt.

In Burna Boys Musik treffen zeitgenössischer westafrikanischer Elektro-Pop, Dancehall und Reggae, Rap, R’n’B und der politische Jazz-Funk, den Fela Kuti in den 60er Jahren berühmt gemacht hat, aufeinander. Seine Songs, die jemand in der ZEIT als Songs mit breiten Beinen und leichten Füßen bezeichnet hat, singt er auf Englisch und Yoruba und oft in Zusammenarbeit mit internationalen Superstars wie Youssou N’Dur, Beyoncé, Jorja Smith, Ed Sheeran, Justin Bieber, Chris Martin und noch vielen mehr.

ZEIT Online

Burna Boy – Ein Riese auf Augenhöhe…Ogulu verbindet die kleinen Details seiner Songs mit großen Themen, meistens so mitreißend, dass man erst bei genauerer Beschäftigung merkt, was einem gerade eingeflößt wird. So erinnert der Musiker sich in Twice As Tall seiner teilzeitkriminellen Jugendtage, seiner Erfahrungen mit korrupter Staatsgewalt und einiger alter Weggefährten, denen der Absprung nicht vergönnt war.

„Twice As Tall“ von Burna Boy ist bei Atlantic/Warner erschienen.
Offizielle Webseite des Künstlers: https://www.onaspaceship.com/

Foto im Header: Burna Boy, © Instagram

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Fotografie

Karma the Great

Karma the Great
von Adetolani Davies

In seinem Fotoprojekt will der in Lagos lebende Fotograf Karma the Great natürliche afrikanische Schönheit jenseits des eurozentrischen Blickes zeigen.

Cognoscenti of Africanism

Entlang des Weges von Umweltkonflikten und Kapriolen, die durch gesellschaftliche Bilder von Orthodoxie und Andersartigkeit ausgelöst werden, können wir uns leicht mit den Schwierigkeiten identifizieren, denen wir als Afrikaner:innen gegenüberstehen, dem Druck und der Angst, zu einem sentimentalen Individuum heranzuwachsen. Gleichzeitig wollen wir im Gleichgewicht bleiben zwischen Modernisierung und dem Leben selbst.

Indem er verschiedene Traditionen und Bräuche verkörpert, hat der Afrikanismus den Afrikaner:innen in der Tat die Werte, den Reichtum und die Originalität ihrer Kultur vermittelt, die von Afrikas Geschichte bis zu seiner Natur, der Schönheit und der Philosophie seiner Zierde zu der Wahrheit reichen, die wir als Afrikaner:innen so vernachlässigen, da die empirische Bewertung unserer Kultur jetzt in harmonischem Konsens mit scheinbarer Objektivität existiert.

© Karma the Great

Basierend auf den neu gefundenen Bedeutungen von Schönheit durch die Zivilisation, die Moderne, sind wir Afrikaner:innen von unserer ursprünglichen Identität zu einer banalen entgleist und tragen ein neues Gesicht, dem es an Wahrhaftigkeit mangelt, während wir uns weiterhin bemühen – während wir uns einer gemeinsamen Herausforderung stellen, gesehen und gehört zu werden. Wenn man die Geschichten vor und nach der Befreiung durchblättert, findet man unsterbliche Helden, die die Standards ihrer Tradition, die überwiegend durch die Modernisierung neu definiert wurde, leidenschaftlich verinnerlicht haben.
Das vorherrschende eurozentrische Konzept von Schönheit hat unterschiedliche Auswirkungen auf unsere Kultur, das Festhalten an diesem Konzept treibt uns fort von unserer Persönlichkeit als Afrikaner:innen.

© Karma the Great

Wenn es einem Afrikaner oder einer Afrikanerin nicht gelingt, an dem Grund für sein / ihr Schwarzsein teilzuhaben, ist diese Person eine Schande für Afrika.

Auf diesen Bildern sehen wir eine junge westafrikanische Frau, die definitiv aus einem Umfeld mit heiligen Glaubensvorstellungen und Normen stammt.
Sie zeigt die Schönheit in ihrer einfachen und natürlichen Form mit einem unverfälschten und kühnen Ausdruck, den sie in ihrem ungeschminkten Gesicht trägt.
Die Subjektivität ihres Schmucks offenbart uns, wie stolz sie als Afrikanerin ist, die Art und Weise, wie sie die Farbe ihrer Haut inmitten des völligen Wahnsinns der Zivilisation, der Eurozentrik und der Neudefinition von Schönheit, die der Hauptstressfaktor ist, umarmt.

Unabhängig von seiner Geschichte ist Afrika tief verwurzelt, deshalb verdient es nicht nur eine oberflächliche Betrachtung, sondern es verdient verstanden, bewohnt und gelebt zu werden.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Literatur

Süsswasser

Süßwasser
Über die Metaphysik von Identität und Sein

Als sie (unser Körper) sich in die Welt hinaus gekämpft hatte, glitschig und lauter als ein Dorf aus Stürmen, blieben die Tore offen. Wir hätten inzwischen in ihr verankert sein müssen, schlafend in ihren Membranen, mit ihrem Bewusstsein verbunden. Das wäre der sicherste Weg gewesen. Aber weil die Tore offen standen und nicht verschlossen waren gegen die Erinnerung, waren wir verwirrt. Wir waren beides gleichzeitig, alt und neugeboren. Wir waren sie, und doch nicht. Wir waren nicht bei Bewusstsein, aber wir waren am Leben – genau genommen bestand das Hauptproblem darin, dass wir ein deutlich unterscheidbares WIR waren, statt ganz und ausschließlich SIE zu sein.

Sie – das ist Ada. Ada wächst im Süden Nigerias aus und bereitet schon als Kind ihrer Familie Sorgen mit ihrer Unruhe, mit Wutausbrüchen und depressiven Phasen. Doch es soll sich herausstellen, dass sie nicht einfach nur launisch ist. Im College in den USA löst eine traumatische Erfahrung die Ausprägung multipler Persönlichkeiten in ihrem Kopf aus. Von nun an leben und sprechen in ihrem Inneren die Brüderschwestern, St. Vincent und Asughara. Ada gerät in den Hintergrund ihres eigenen Verstandes, während die anderen, mal maliziös, mal fromm, männlich und weiblich, hedonistisch, auto-aggressiv oder beschützerisch, die Kontrolle über ihr Leben übernehmen.

Doch der Roman verharrt keineswegs in dem altbekannten Narrativ der „verrückten Frau“, es geht auch nicht um die pathologische Ausschlachtung der Persönlichkeitsstörung.
Ada geht schließlich nicht an den Stimmen in ihrem Kopf zugrunde, sondern für sie sind sie auch Inspiration und Kraft. Emezi erforscht das singuläre Kollektiv oder das plurale Individuum in Adas Kopf mit Mitteln der Igbo-Kultur und bringt das Konzept des Ogbanje ins Spiel – Ada ist geboren „mit einem Fuß auf der anderen Seite“.

"Ogbanje" zu sein bedeutet jedoch, als "anders" kategorisiert zu werden und Alterität auf eine Art und Weise nach Hause zu bringen, die über das gewöhnliche, zweigeteilte "Anderssein" des Geschlechts hinausgeht. Wir könnten sogar spekulieren, dass Ogbanje-Kinder unter eine dritte Kategorie von Geschlecht fallen, die des menschlich aussehenden Geistes. Dieses Geschlecht ist von Geburt an markiert - wie der männliche und weibliche Status - durch besondere Verhaltensweisen gegenüber dem Kind und seine körperliche Ausschmückung. Die sexuelle Erscheinung des Ogbanje kann in der Tat als eine Täuschung angesehen werden - ein weiteres Versprechen, das der Ogbanje in seiner Weigerung, nach menschlichen Normen zu handeln, wahrscheinlich bricht."

Adas verschiedene Persönlichkeiten, die Emezi mit distinkten Stimmen zum Leben erweckt, geben dem Buch Tiefe und Komplexität, die es in Kombination mit Emezis anmutiger Sprache und wilder Kraft zu einem äußerst intensiven und herzzerreißenden Leseerlebnis werden lassen.

Mit Süsswasser hat Akwaeki Emezi einen extrem kraftvollen und anrührenden, aber auch anspruchsvollen Debütroman geliefert, der Fragen von Identität und Sein auf erfrischende Weise erforscht.

© Akwaeke Emezi

Akwaeke Emezi ist Igbo- und tamilische Schriftsteller_in und Künstler_in. Geboren und aufgewachsen in Nigeria, erhielt Emezi einen MPA von der New York University und wurde 2015 mit einem Miles Morland Writing Scholarship ausgezeichnet. 2017 gewann Emezi den Commonwealth Short Story Prize für Afrika. Emezis Arbeiten wurden in verschiedenen Literaturmagazinen veröffentlicht, darunter Granta.

The Cut

Transition My surgeries were a bridge across realities, a spirit customizing its vessel to reflect its nature. By Akwaeke Emezi The robot was called a da Vinci. It was delicate, precise, inserted through my navel to slice my uterus and fallopian tubes into small unimportant pieces, which were then suctioned out of my body.

Wenn man die Idee eines essenziellen Selbst loslässt, sie nackt in die Brandung wirft und vom Meer forttragen lässt, dann verändert sich alles. Ohne sie nehmen Masken eine neue Dimension von Möglichkeiten an. Sie können verbergen, ja, aber wie der Zauberer sagt, können sie auch verdeutlichen, was wahr ist, genau so, wie eine Geschichte dir etwas besser erzählen kann, als es nackte Fakten jemals könnten. Sie können dich zusammenhalten wie eine straffe Zellophanbinde über gebogenem Metall, wie ein Blick über zwei Körper, ein gestärkter, in Gold gewickelter Knoten. Sie können Schmuck sein, Kleider als Kostüme, die den Körper verdecken, hell genug, um die Blicke darauf zu lenken.

Süsswasser ist im Eichborn Verlag erschienen.

Dazed Magazine: A visual and literary journey through Nigeria. Text by Akwaeke Emezi

Instagram: azemezi

Website: akwaeke.com

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Mode & Design

Duro Olowu

Duro Olowu

Michelle Obama trägt ihn, Keira Knightley und Uma Thurman tragen ihn, und sein charakteristisches „Duro“ – ein Patchwork-Boho Kleid mit hoher Taille – ist inzwischen zum modernen Klassiker geworden. Der Modedesigner Duro Olowu setzt in seinen Kollektionen auf eine starke, kulturübergreifende Ästhetik, die Qualität von Schnitt und Stoff und die Wertschätzung der weiblichen Form. Doch wer ist dieser gefeierte Mann, dieser Autodidakt, dieser „Renaissance Mensch“ und Intellektuelle?

Das stilvolle Lagos der 1970er

Geboren in Lagos als Sohn eines nigerianischen Vaters und einer jamaikanischen Mutter, verbrachte Duro Olowu seine Kindheit zwischen Nigeria in Europa unter verschiedenen kuturellen Einflüssen. Von klein auf wurde seine Begeisterung für Mode inspiriert durch die außergewöhnliche Mischung aus Stoffen, Texturen und Drapierungstechniken der Kleidung der Frauen, die ihn umgaben.

Meine Eltern hatten beide einen ausgeprägten Sinn für Stil, der nicht darauf basierte, wie viel die Dinge kosteten; allerdings war Qualität immer wichtig. Meine Mutter mischte die Dinge frei in ihrem Look; ihr Stil war ein echter Mix aus nigerianischer Kleidung mit Kleidung von europäischen Designer:innen, die sie liebte, sowie mit speziellen Dingen, die ihre Schneiderin in Lagos für sie anfertigte. Ich wuchs im Lagos der 1970er Jahre auf. Damals gab es einen echten Sinn für traditionellen Stil und internationale Eleganz, der sehr inspirierend war: eine kulturelle Lebensfreude, die sich aus der Stimmung des panafrikanischen Stolzes mit einem Interesse an internationalen Angelegenheiten speiste. Frauen kleideten sich auf eine Art und Weise, die sie stark, aber feminin aussehen ließ; und der Körpertyp war sicherlich kein Hindernis.

Inspiriert von Musiker:innen wie Miriam Makeba, Fela Kuti, Sunny Ade, Jimi Hendrix, Victor Uwaifo, Davie Bowie oder den Wailers, King Sunny Ade, The Lijadu Sisters oder Marc Bolan und der Art, wie diese sich gaben, schaffte sich Olowu eine Vorstellung von den Möglichkeiten von Mode und der Rolle, die Kultur beim Entstehen des individuellen Stils spielt. Das Lagos seiner Kindheit sei eine dynamische Stadt des Komforts und der vielen Freuden gewesen, erzählt er im Interview für Designing Africa. Mitte der 80er Jahre jedoch seien die Dinge auseinandergebrochen und das neue Ölgeld habe echte Kultur und den guten Geschmack zerstört.

Designing Africa #Issue 2

A Conversation with Duro Olowu
„I was a child growing up in the Lagos of the 1970s. At that time, there was a real sense of traditional style and international elegance that was very inspiring: a cultural joi de vivre that fed off the mood of pan-African pride with an interest in international affairs… „

Ein autodidaktischer Designer

Wie schon sein Vater vor ihm, studierte Olowu in England Jura, bevor er nach Nigeria zurückkehrte, um dort einige Jahre lang zu praktizieren. Als er später nach London zurückkehrte, folgte Olowu seiner wahren Berufung als autodidaktischer Modesdesigner und gründete 2004 das Duro Olowu Label. Seine erste Kollektion, die unter anderem das Duro-Kleid enthielt, war ein sofortiger Hit bei Moderedaktionen auf der ganzen Welt und ein internationaler Verkaufsschlager bei den weltweiten Händler:innen, darunter Barneys in New York, Harrods in London und Maria Luisa in Paris.

Sehr früh bekam Olowu außerdem Unterstützung von der amerikanischen Vogue, die die einzigartige Weise, in der er Texturen und Stoffe mischte, zu schätzen wusste. Ein Jahr später gewann er den „New Designer of the Year Award“ bei den British Fashion Awards, als einziger Designer, der dies jemals ohne eine Laufstegshow absolviert zu haben, geschafft hat.

Farbe, Collagen, Applikationen und das Zusammensetzen waren in den letzten zehn Jahren ein sehr wichtiger Aspekt meiner Kollektionen. Ich habe immer die Beziehung zwischen Stoffen verschiedener Kulturen und Texturen erforscht. Drucke sind wahrscheinlich von Anfang an eine Signatur meiner Arbeit, aber ich verwende sie nie auf eine offensichtliche Weise. Man versucht, in diesem Mix eine Harmonie zu erreichen, die weder offensichtlich noch erzwungen ist. Schließlich dürfen der Schnitt und die Silhouette der Kleider nicht von den Stoffen erschlagen werden, selbst wenn sie üppig bedruckt oder gewebt sind.

Antike afrikanische Stoffe

Olowu sammelt seit langem antike afrikanische Textilien und Stoffe, insbesondere handgewebte und bedruckte Stoffe der Yoruba, Ibo, Hausa und Mali aus dem frühen 20. Jahrhundert. Er sagt, dass im Laufe der Jahre die akribischen Techniken, die mit der Herstellung dieser „Kunstwerke“ verbunden sind, durch die Anziehungskraft von billig produzierten Stoffen aus aller Welt sowie durch mangelnde Wertschätzung der einheimischen Web- und Färbekünsten verloren gegangen seien. Ohne lokale Nachfrage nach diesen Fertigkeiten und Stoffen würden diese bald verschwinden. Daher hat Olowu mit der Ethical Fashion Initiative der Vereinten Nationen unter der Leitung von Simone Cipriani und ihren handwerklichen Webergruppen in Burkina Faso zusammengearbeitet, um handgewebte Stoffe für die Olowu Kollektionen 2014 herzustellen. Es sei wichtig, diese Webfähigkeiten und -techniken zu bewahren, damit eine jüngere Generation diese Techniken als relevante Einkommensquelle und als Stabilisationsfaktor für ihre lokalen Gemeinschaften erkennen würden.

Herbst-/Winterkollektion 2014, © Duro Olowu

Afrikanische Stoff- und Textiltraditionen sind historisch und kulturell genauso wichtig wie die von Japan, Italien, Frankreich und Indien, die in den renommiertesten internationalen Museen und Designinstitutionen ausgestellt werden. Deshalb müssen sie erhalten und vor der Katastrophe der globalen Billigproduktion geschützt werden.

More Material

Eine Kombination aus Kunst, Kino, Film, Musik, Kultur und dem realen Leben findet irgendwie ihren Weg in jede von Olowus Kollektionen. Doch auch als Kurator konnte er sich schon einigen Erfolg verschaffen. Die Galerie Salon 94 in New York eröffnete in den 2010er Jahren zwei von ihm kuratierte Gruppenausstellungen „Material“ und „More Material“, in denen Olowu seine Idee realisierte zu zeigen, dass Gegenstände, die in sehr unterschiedlichen und weit voneinander entfernten Umgebungen und Praktiken hergestellt wurden, dennoch durch den Wunsch verbunden sind, kraftvolle, dauerhafte Aussagen von Schönheit und Form zu schaffen. In „More Material“ ließ er dazu eigene opulente Kostüme aus seinen eigenen Kollektionen neben die Arbeiten von international anerkanntenen Künstler:innen, Schmuck, Skulpturen, Keramik, Möbel und Kostüme von Yoruba-Frauen stellen.

Von dieser kreativen Praxis ließ Olowu sich auch als Kurator der Ausstellung „Making and Unmaking“ leiten, über die er im folgenden Video berichtet:

Eine visuelle Überfülle an Schönheit und eine kreative Praxis, die wesentlich dafür ist, wie ich arbeite und was mich inspiriert...

Duro Olowu auf Instagram.
Foto im Header © Vogue

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Musik Verschiedenes

Garey Godson

Garey Godson

Ein Gespräch über Schönheit, den Room of Understanding und die Geburtstunde eines neuen Nigerias

Gare Anighoro alias Garey Godson ist ein in Berlin lebender nigerianischer Künstler, Musikproduzent und Creative Writer. Mit seinem von ihm als Afrofusion bezeichneten Sound und seinem unabhängigen Plattenlabel Room of Understanding bahnt er sich abseits von den Erwartungen, die die Musikindustrie an afrikanische Millenials stellt, seinen eigenen Weg zum Erfolg. Mit Akono hat er über die aktuelle Lage in Nigeria, seine künstlerischen Freundschaften in Deutschland und über verschiedene Begriffe von Schwarzer Schönheit gesprochen.

A: Was ist eigentlich genau Afrofusion?

G: Unter Afrofusion verstehe ich einen befreienden und zukunftsweisenden Weg für afrikanische Millennials, sich auszudrücken, ohne notwendigerweise dem Status quo der Erwartungen der Industrie zu erliegen. Es ist eine futuristische Perspektive auf Musik, da sie afrikanische Melodien mit westlichen Einflüssen verschmilzt. Sie kombiniert Rhythmen aus R’n’B, Hip-Hop, Soul & Afro-Beats. Alle diese Musikrichtungen haben im Kern ihre Wurzeln in Afrika, aber was ich meine, ist, dass sie durch westlichen Einfluss rekommerzialisiert wurden. Aber die ursprünglichen afrikanischen Klänge, Farben und Melodien kann man in meiner Musik hören, und man merkt, dass dies nicht amerikanisch und nicht westlich ist, was die Interpretation und den Gesang betrifft. Aber die Produktion ist in gewisser Weise eine Verschmelzung von allem. Sie ist einfach sehr klar oder frei. Mein Album Still I Rise ist von Maya Angelous gleichnamigen Gedicht inspiriert, da es gefühlvoll und rhythmisch ist und Ideen wie Belastbarkeit, Selbstliebe, Stärke und Schönheit bei Afrikaner:innen in der Diaspora und darüber hinaus fördert. Meine musikalischen Einflüsse stammen von internationalen und nigerianischen Künstler:innen wie Jay Z, Lauryn Hill, Nipsey Hussle, Kanye West, Tuface Idibia, T-Pain, Jesse Jags, Odunsi The Engine, Nonso Amadi und Burna Boy.

A: Wie bist du denn bei diesem Sound angelangt? Erzähl uns bitte etwas über deinen musikalischen Werdegang.

Musik war ein wichtiger Teil meiner Erziehung. Mein Vater hatte eine sehr umfangreiche Plattensammlung von internationalen und heimischen Künstler:innen. Bei uns zuhause liefen immer Platten von Fela Kuti, Barry Wonders, Marvin Gaye, Majek Fashek, Prince und Michael Jackson. Ich bin in einem evangelischen Elternhaus aufgewachsen und war als Teenager Mitglied im Kirchenchor. So ungefähr mit 19 Jahren habe ich dann begonnen, mich für Musikproduktion zu interessieren und habe Songs geschrieben, selbst gesungen und für lokale Künstler:innen in Nigeria produziert. Nach meinem Abschluss bin ich nach Europa gezogen und habe an der TU Ilmenau einen Master in Kommunikations- und Medienwissenschaften gemacht. Dort habe ich meinen Freund und Co-Produzenten Hannes alias HKMK kennengelernt. 2018 haben wir zusammen das Plattenlabel Room of Understanding gegründet. Zuerst war es die Freundschaft, die uns zusammengebracht hat, und dann die Musik. Je mehr Zeit wir miteinander verbrachten, desto mehr haben wir verstanden, wie unterschiedlich wir im Sinne unserer kulturellen Erfahrungen sind. Als wir dann beschlossen, gemeinsam Musik zu machen, fingen wir an, offene Konversationen über politische und kulturelle Themen zu sprechen, die uns auf unterschiedliche Art und Weise betrafen. Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind, haben häufig Wissen und eine Haltung, die sie nur ungerne hinterfragen. Ich habe versucht, einige Dinge in Frage zu stellen, und wir haben gemeinsam auf freundschaftliche Art und Weise versucht, voneinander zu lernen. Dieser Raum der Verständigung wurde dann zum Room of Understanding, in dem gemeinsame Musik entstand. Vieles davon durchbricht die Mauern dessen, was die Leute denken, wie wir aussehen oder klingen sollten, und schafft einen Raum, in dem sich Menschen jedes Glaubens oder jeder Sexualität frei fühlen können, sich auszudrücken. Der durchschnittliche Nigerianer wie ich ist auf so viele Arten unterdrückt worden. Vor allem diejenigen von uns, die in Nigeria leben. Aus der Unterdrückung gibt es immer zwei Wege der Flucht: Entweder man wird selbst zum Unterdrücker, wenn man die Gelegenheit dazu hat, oder man versucht, etwas zu tun, um Unterdrückung zu hinterfragen. Ich für meinen Teil will mit meiner Arbeit Dinge hinterfragen und ein positives Beispiel abgeben. Der Room of Understanding wurde deshalb auch geschaffen, um andere aufstrebende Kreative dabei zu unterstützen, ihre Stimme zu finden und ihre Kunst der Welt zu präsentieren.

Zwei Männer
Room of Understanding, HKMK und Garey Godson. Foto: © Max Judge

A: Du hast gerade so ein tolles T-Shirt an, auf dem Afro Beauty steht. Du hast auch einen Text verfasst, der An Ode to the Black Skin heißt. Magst du etwas erzählen über Vorstellungen von Black Beauty, die deine Musik unterfüttern?

Am Gymnasium hatte ich einen tollen Literaturlehrer, der sich gut mit Geschichte auskannte, uns zu Gedichtlesungen und Theatervorstellungen mitnahm und uns in die Welt Schwarzer Schriftsteller:innen wie Léopold Sédar Senghor, Maya Angelou, Wole Soyinka und anderen einführte. Ein wiederkehrendes Thema in deren Werken war das des Schwarzen Stolzes und der Schwarzen Schönheit. Ich hatte das Privileg, etwas über mein kulturelles Erbe zu erfahren und darüber, dass wir vor der Ausbeutung des afrikanischen Kontinents Könige und Königinnen waren. Die Negritude-Bewegung, die im frankophonen und karibischen Raum schon lange vor meiner Geburt begann, half mir, die Tatsache zu begreifen: Black is beautiful. Dieses Wissen gab mir auch einen besseren Einblick in den Beitrag Afrikas zu den globalen Künsten und Wissenschaften.

Es ist ein Privileg, als Künstler die Möglichkeit zu haben, Erzählungen zu definieren und umzugestalten. In Zeiten wie diesen bin ich davon überzeugt, dass Literatur, Musik und Kunst in allen Formen wichtige Werkzeuge für gesellschaftliche Veränderungen sind. Für Schwarze auf der ganzen Welt war dieses Jahr ein Schlüsselmoment für Reflexion und Aktion. Ich glaube, es ist an der Zeit, den Status quo aufzurütteln, indem wir uns auf sinnvolle Gespräche einlassen und die Erzählung durch Agenden, die Veränderungen bewirken, neu gestalten. Wir können durch unsere Stimme, unsere Plattformen und unsere Solidarität mit unseren Schwarzen Brüdern und Schwestern auf lokaler und internationaler Ebene eine Rolle bei der Gestaltung der Zukunft spielen.

A: Eine Zeile aus deinem Song Tha Juice geht „When you come from where I come from you know that we don’t give up” und du beziehst dich immer wieder auf das Gedicht „Still I Rise“ von Maya Angelou. Was bedeutet es für dich im Leben, Hindernisse zu überwinden?

G: Ja, tatsächlich stammt das Gedicht aus einer Zeit, in der extrem starke Segregation herrschte und ist eine Ode ans Schwarzsein und die Fähigkeit, sich über Hindernisse im Leben zu erheben. In Nigeria muss man immer einen Weg finden. Das kann ich nicht schönreden. Wenn man das Gefühl hat, dass die Regierung nicht hinter einem steht, muss man einen Weg finden. Es gibt viele junge Menschen in Nigeria, die sich die Dinge von Grund auf selbst erschaffen haben oder Dinge zusammenfügen oder auslagern. Es ist uns also in die Wiege gelegt, uns unseren eigenen Weg zu bahnen. Das ist der Kampfgeist.

A: Lass uns nochmal über Nigeria sprechen. Wie ist deine Einschätzung der aktuellen Ereignisse?

Junge Nigerianer:innen haben sich zu den #endSARS Protesten versammelt, um ihre Stimme für Polizeireformen zu erheben, um Korruption ein Ende zu setzen und staatliche Umstrukturierung zu fordern, vor allem was den Zugang zu Bildung und Beschäftigung von jungen Menschen angeht. Ich denke es handelt sich hier auch um einen intergenerationalen Konflikt: Viele junge Menschen haben das Gefühl, von der älteren Generation im Stich gelassen worden zu sein. Aber erst jetzt, da wir bei Themen von sozialer Gerechtigkeit an vorderster Front stehen, beginnen wir mehr von der Dynamik zu verstehen, die viele Ältere dazu gebracht hat, aufzugeben und sich in diesem System einzurichten. Aber wir sind durch neue Technologien und den Kontakt in verschiedene Teile der Welt befähigt, Dinge zu ändern. Das heißt nicht, dass man Ältere, die sich wirklich leidenschaftlich für ihr Land einsetzen, auschließen sollte vom gesellschaftlichen Veränderungsprozess. Wir brauchen Leute, die mit anpacken wollen, egal welchen Alters, welcher Religion oder welchen Geschlechts.

Aber was die Regierung angeht, ist es mal wieder allzu bezeichnend, was während der Proteste passiert ist. Drei große nigerianische Nachrichtensender, die über die Proteste berichteten, wurden wegen ihrer Berichterstattung mit einer Geldstrafe belegt. In den nächsten Wochen oder Monaten werden die Massenmedien, die größtenteils von der Regierung kontrolliert werden, daher versuchen, die öffentliche Aufmerksamkeit von dem, was wir in der Nacht der Schüsse am Lekki-Gate gesehen haben, abzulenken, die Erzählung umzugestalten und eine Regierungsbeteiligung sogar ganz zu leugnen. Aber unsere kollektiven Stimmen und Energien haben ein neues Bewusstsein ausgelöst. Das verlangt von uns, den Staffelstab zu ergreifen und loszulaufen. Es liegt jetzt an uns, an diejenigen zu erinnern, die ihr Leben für ein besseres Nigeria verloren haben. Wir sollten das alles als Antrieb nutzen, um den Kampf für Gerechtigkeit fortzusetzen. Wir sollten uns an die Namen der Toten erinnern, sie in unsere Kunst einbetten und ihre Geschichten unseren Kindern erzählen. Das ist für die Geburt eines neuen Nigerias von entscheidender Bedeutung. Auch Nigerianer:innen in der Diaspora haben ihre Solidarität in Ländern wie den USA, Deutschland, Großbritannien, Kanada, Finnland und Österreich gezeigt, indem sie sich an friedlichen Protesten beteiligten und auf die Ungerechtigkeiten in Nigeria aufmerksam machten.

Freiheit ist nichts, was einem gegeben wird. Man muss sie sich erkämpfen. Die Ereignisse der letzten Wochen zeigen, dass es in Nigeria einen Aufbruch gibt.

Mann mit Fahne

Immortalizing the lost lives: A vital key in the awakening of a new Nigeria.

It’s exactly one week since the shootings at the Lekki toll gate in Lagos occurred. The 20th of October 2020 was a day that shook many citizens as well as international sympathizers and raised so many questions about the so-called democracy of Africa’s most populous nation Nigeria….

Garey Godson veröffentlichte sein zweites Studioalbum Still I Rise im Jahr 2020, das u.a. die Lieder Koko und Kairo enthielt. Aktuell arbeitet er an seiner EP Lucid Thoughts, die im nächsten Jahr erscheinen soll.

Instagram: Garey Godson

Foto im Header: © Max Judge

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Mode & Design

Yinka Ilori

Yinka Ilori
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Die Farbexplosion nigerianischer Art in London

Der Londoner Designer Yinka Ilori verarbeitet in seinen Werken Erinnerungen an eine fröhliche, bunte Kindheit. Er will die Geschichte seines nigerianischen Erbes mit Hilfe von Möbeln erzählen und seinen charakteristischen farbenfrohen Stil in größere Architekturprojekte in London einbringen.

Yinka Ilori, © Creative Review

Bei uns gab es immer Parties, wir gingen in die Kirche und zu Hochzeiten, und zu diesen speziellen Anlässen trugen die Menschen immer überall Farben. Es war eine Farbexplosion! Menschen sind immer glücklich, wenn sie Farben tragen.
Da ist aber auch diese Sehnsucht nach Zuhause. Du vermisst bestimmte Aspekte deines Dorfes oder deiner Stadt oder deiner Mutter oder deines Vaters oder deiner Familie. Ich versuche also, diese besonderen Schlüsselmomente zu erinnern und welche Farben getragen wurden und dann bringe ich diese Farben in meine Arbeiten ein.

Beim Londoner Architekturfestival gewann ein Entwurf Iloris zur Neugestaltung einer düsteren Straßenunterführung in der Londoner Thessaly Road den ersten Preis. Die Umsetzung kann sich sehen lassen: Die farbenfrohen Muster lassen die Straßenunterführung fast zu einem einladenden Raum für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen werden. Die örtliche Gemeinde sei jedenfalls stolz, so Ilori.

Happy Street © Yinka Ilori

2019 durfte Ilori zusammen mit einem Architektenteam den zweiten Pavillion im Londoner Dulwich Center gestalten. Das Ergebnis war ein zehn Meter hoher Würfel, der auf vier roten Zylindern steht und europäische und afrikanische kulturelle Traditionen vereint. Der Bau soll laut Ilori Studio eine Feier von Farben, Mustern und Licht sein und das multikulturelle London widerspiegeln. Stoffe und Muster, die man auf dem Lagoser Markt Balogun in Lagos ebenso bewundern könne wie in Londons „Little Lagos“, hätten das das kühne geometrische Muster des Pavillons inspiriert, das einen starken Kontrast zu dem von Sir John Soane entworfenen, unter Denkmalschutz stehenden Galeriegebäude bildet.

der Colour Palace im Dulwich Center

Im selben Jahr überraschte Ilori mit einem ähnlich starken Kontrast zur Architektur Londons durch seinen Beitrag zur Ausstellung Get up stand up now im Somerset House. Das Somerset House wollte die Auswirkungen von 50 Jahren Schwarzer Kreativität in Großbritannien feiern und zeigte zu diesem Anlass eine große Auswahl von Werken aus Kunst, Film, Fotografie, Musik, Literatur, Design und Mode.

Der Kurator Zak Ové lud das Yinka Ilori Studio ein, die neoklassizistische Umgebung des Hauses in eine aufrührerische, farbenfrohe Kulisse für Hunderte von Kunstwerken zu verwandeln. Das Projekt umfasste auch eine lebendige, mehrfarbige Türverkleidung und maßgefertigte Möbel einschließlich gepolsterter Sitze.

Yinka Iloris farbenfrohe Gestaltung des Somerset House

Iloris Werkstatt ist voll von Referenzen, die in Lagos und im Dorf seiner verstorbenen Großmutter gesammelt wurden – Stoffe, Gemälde… und Musik. Tief inspiriert von nigerianischen Afrobeat-Pionieren wie Fela Kuti, King Sunny Ade und Ebenezer Obey, kann man diese Rhythmen sogar in den statischen Objekten spüren, die er produziert:

Zum Weiterlesen und Weitergucken:
Yinka Iloris Website
Yinka Iloris Instagram Account

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