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Blick Bassy

Blick Bassy, politischer Superstar
von Marcel Sturm

Seit einigen Jahren ist der Musiker Blick Bassy in aller Munde, und das nicht erst seit der Verwendung eines seiner Songs für eine Apple Werbung. Wir stellen in diesem Artikel den kamerunischen Superstar vor und gehen dabei auch auf sein politisches Engagement ein, das sich in seiner Musik widerspiegelt.

Blick Bassy ist ein kamerunischer Bassa-Sänger. Bassa ist seine Muttersprache, eine Bantusprache und wird in Kamerun von etwa 800.000 Menschen gesprochen. Bantusprachen im Allgemeinen werden von über 200 Millionen Menschen im Afrika südlich der Sahara gesprochen. Blick Bassy ist unter anderem bekannt für den Titelsong „Kiki“ vom Album „Akö“, der für die Veröffentlichung und Werbung des iPhone 6 genutzt wurde.

Früh übt sich ...

Unter 20 Geschwistern wächst Bassy in der quirligen kamerunischen Metropole Yaoundé auf. Blick Bassy fängt laut CNN bereits im Alter von drei Jahren an zu singen und wacht um 5 Uhr morgens auf, um mit den anderen Kindern des Ortes zu singen und zu proben. Doch Besuche im Regenwald-Dorf der Großeltern bringen ihn mit den ländlichen Musiktraditionen der Hochzeiten und Begräbnisse, der Amtseinführungen von Chiefs in Berührung. So war er immer von Musik im Alltag begleitet.

Karriere und Pläne

Zurück in der Stadt entdeckt Blick Bassy seine Leidenschaft für Jazz und Bossa Nova, was ihn dazu inspiriert, eine eigene Band zu gründen. Bassys Band „Macase“ spielt innovativen Afropop mit Texten in vielen Sprachen Kameruns und tourt zehn Jahre lang durch Kamerun, bis sie 2001 den „Prix Elysse Musique du Monde“ gewinnt und über Kamerun heraus Bekanntheit erlangt. Dies bewegt Bassy dazu, nach Paris auszuwandern, um in Frankreich seine Karriere fortzusetzen. Nachdem er erfolgreich bei zahlreichen kleineren Veranstaltungen aufgetreten ist, sichert er sich einen Plattenvertrag für die ersten beiden Alben seiner Solo-Karriere. Das erste Album trägt den Titel „Leman“ und erscheint 2009, zwei Jahre später folgt „Hongo Calling“.

Er singt und spielt Gitarre mit dem französischen Musiker und Cellisten Clément Petit. Dieser ist ebenso Künstler, Musiker, Songschreiber, außerdem Mediengestalter, Talentsucher und
Gründer der Labels Othatiq AA und Likoda Prod, sowie Mitgründer von Show-me President du CCA – Moca. Inzwischen hat Blick Bassy Paris wieder verlassen und ist in ein Dorf bei Calais gezogen, da er sich wieder mehr mit der Natur verbunden fühlen möchte. Für seinen Ruhestand stellt er sich vor, nach Kamerun, nach Mintaba, ins Dorf seiner Kindheit zurückkehren. Dort möchte er laut eines Interviews auf elbphilharmonie.de eine kleine neue Welt seiner Gedanken erschaffen, in der der Mensch und alle anderen Lebewesen der Erde gleichwertig zusammenleben.

Politisches Engagement

Im Februar 2023 wurde Blick Bassy zusammen mit Karine Ramondy zum Co-Direktor der „Memory Commission on Cameroon“ ernannt. Diese Kommission war von Präsident Macron anlässlich eines Staatsbesuches in Yaoundé im Juli 2022 angekündigt worden und ist verantwortlich für die Aufarbeitung der Kolonialverbrechen Frankreichs in Kamerun und während des Unabhängigkeitskrieges. Macron kündigte außerdem an, die bis dato verschlossenen französischen Staatsarchive öffnen zu lassen und die Kriegsverbrechen, den Einsatz von Giftwaffen und die Ermordung des Freiheitskämpfers Ruben Um Nyobé untersuchen zu lassen. Inwiefern ein Musiker, der lange nach der Unabhängigkeit geboren wurde und im Ausland lebt, ein angemessener Co-Direktor einer solchen Kommission ist, oder nicht doch eher als Token herhalten muss, sei mal dahingestellt. Seine Besetzung löste jedenfalls große Empörung bei der Kamerunischen Geschichtsgesellschaft (SCH) aus: „Man sagt uns, dass der Sänger sich um die künstlerischen Aspekte kümmern wird, das mag sein. Aber Kamerun verfügt über nachgewiesene Kompetenzen und hochkarätige Wissenschaftler, die Kunsthistoriker oder Historiker des Kulturerbes sind“, erklärt der Präsident des SCH. Er sagt mit einem Anflug von Sentenz: „Ich kann nicht akzeptieren, dass man eine französische Historikerin und einen kamerunischen Sänger nebeneinander stellt. Ich finde, dass man sich über uns lustig macht.“ (Präsident der SCH)

Weitere Informationen dazu findet ihr hier.

Doch nun zu Blick Bassy fantastischer Musik:

Akö (2015)

2015 veröffentlichte Blick Bassy sein drittes Album Akö. Ein Ausschnitt von 15 Sekunden des Songs „Kiki“ wurde in Apples weltweiter Werbekampagne für das iPhone 6 verwendet.

Bassy gab an, dass das Album vom amerikanischen Bluesmusiker „Skip James“ beeinflusst sei. Der Guardian kommentierte, es spiegele die Behutsamkeit des Bossa Nova wider und erinnere gleichzeitig an Bassys anderen Einflüsse, von afrikanischen Stilen bis zum Mississippi-Blues seines Helden „Skip James“. Es sei ein lockeres, aber experimentierfreudiges Album, in dem er Gitarre und Banjo spiele und von der ungewöhnlichen Kombination aus Cello und Posaune unterstützt würde. Er begänne damit, dass er seine unverwechselbare Stimme in einer coolen, treibenden Late-Night-Ballade zur Schau stelle. Dann ändere er die Richtung, während er in einen lebhaften Song übergehe, der wie eine afrikanische Antwort auf einen amerikanischen Country-Blues-Volkstanz klänge, bei dem er kongolesische Einflüsse mit beeindruckender, bluesiger Gitarrenarbeit mische.

Bassy tourte mit dem Album weltweit und trat in der Royal Festival Hall in London, beim Africa Utopia Festival im Jahr 2015 und bei WOMAD in Neuseeland im Jahr 2018 auf.

1958 (2019)

Blick Bassy verarbeitet in seinem 2019 erschienen Album „1958“ die Geschichte seines Heimatlandes Kamerun. Im Jahr 1958 wurde der Unabhängigkeitskämpfer Um Nyobé von französischen Kolonialtruppen in Kamerun erschossen. Das Album präsentiert einen umfassenden Bericht über die Ereignisse in den 70 Jahren seit dem Tod von Ruben Um Nyobés. Diese Begebenheit wird im Roman »Vertraulichkeiten« von Max Lobe thematisiert, das 2022 bei akono erschien.

Bassy widmete das Album dem Andenken an Ruben Um Nyobé, den er als einen seiner politischen Helden betrachtet. Sein Name durfte bis vor kurzem in der Öffentlichkeit nicht genannt werden, es drohte eine Anklage samt Gefängnisstrafe. Daher ist der Name Um Nyobés im Land so gut wie verschwunden; keine Straße, kein Platz ist nach ihm benannt. Der Songtitel „Mpodol“ basiert auf Um Nyobés Spitznamen.

Blick Bassy beschäftigt sich musikalisch mit der Vergangenheit, aber auch mit dem heutigen Kamerun. Die Situation dort sei auch heute noch erschütternd, berichtet Bassy. „Der Präsident wurde nach der Entkolonialisierung von den Franzosen eingesetzt. Es ist, als ob das Land für eine fremde Firma arbeitet“, so Bassy. „Das gesamte System, die Verwaltung, die Schule, alles basiert noch immer auf dem Organisationsschema der Kolonialzeit, und das kann einfach nicht funktionieren.“
Dennoch klingt seine Musik nicht wütend. „Meine Musik ist ein Gesprächsangebot“, erklärt Bassy. Man müsse über die Situation reden, um sie zu ändern. Nur, weil das Gegenüber einen nicht verstünde, müsse man ihn nicht attackieren. So soll die Musik neue Wege eröffnen.

Mádibá (2023)

Nach den Erfolgen von Akö (2015) und 1958 (2019) meldete sich der Sänger und Komponist Blick Bassy mit seinem neusten Album zurück. Es erschien am 26. Mai 2023 unter dem Titel „Mádibá“. Ein Jahr später 2024 erschien zusätzlich eine um 4 Songs erweiterte Version des Albums „Mádibá Ni Mbondi“.

Blick Bassys Alben haben eine humanistische und universelle Dimension. Sein fünftes Album Madíbá, was in der kamerunischen Sprache Douala Wasser bedeutet, besteht aus Songs, die Fabeln nahestehen und in denen Bassy “ein gemeinsames Thema” des Wassers, der Quelle des Lebens, erforscht.

“It is a question here of showing a form of respect, of connecting with the living, of imagining through these titles a world in which we could live in coherence with our environment”.

Madíbá versammelt zwölf Songs, in denen Bassys hohe und engelsgleiche Stimme dominiert, getragen von filigraner Gitarre, Synthesizermelodien und dezenten Bläserarrangements. Die Stücke sind durchsichtige und dennoch modernistische Songs, die von einer zeitgenössischen und poetischen Afrikanität an der Kreuzung von Soul, Folk und Elektro zeugen.
Die Fabeln des Albums erforschen auf konkretere Weise verschiedene Themen im Zusammenhang mit Wasser, seiner Seltenheit, seiner Notwendigkeit, seiner Energie oder seiner Lebenskraft. Die zwölf Songs beinhalten eine Reihe von Figuren, Tieren oder verschiedenen Charakteren, die wiederum von Blick Bassy verkörpert werden.

“I have fun stepping into the shoes of a bird, a cat conversing with an elephant, a flower worrying about its declining beauty, a monkey looking for a spring or a storyteller with his grandchildren. In these texts, water can even take on a human appearance.”

Über die Erzählung hinaus beziehen sich die Texte des Albums auch auf unsere Klimakrise oder auf die Probleme des Zugangs zu Wasser, eine Möglichkeit für den Künstler, sich ernsten Themen über die poetische Form zu nähern, die didaktische oder moralisierende Reden vermeidet.

Für das neue Album wollten Bassy und sein Produzent Jovion eine neue musikalische Richtung einschlagen, die sich an Künstlern wie James Blake, Bon Iver und Ry X orientiert, die es verstehen, ihre Soul- oder Folk-Inspiration mit moderneren und elektronischen Arrangements sowie einer minimalistischen Instrumentierung zu verbinden. “By small touches, we have brought a certain electro modernity to this new album, seeing a more futuristic side“, bestätigt Bassy. “I have always claimed my status as an African musician, but also the contemporary aspect of my approach. In African musical culture, there is unfortunately little of this type of work on the sound itself, on the exploration of new techniques. I would like to position myself as an African avant-garde artist who, with each of his new projects, offers new ideas in the treatment of sound and melody.”

Ein Ansatz, der sich in den meisten Titeln dieses neuen Albums wiederfindet, wie z.B. Séa, Bengue oder Mètam sowie in der ersten Single Hola Mè, die alle das richtige Gleichgewicht zwischen Blicks schwebender Stimme, den klaren melodischen Linien der Gitarre und den dezenten Bläserarrangements bezeugen, ohne dabei die getragenen Noten der Synthesizer zu vergessen, die dieses dem flüssigen Element gewidmete Album zu etwas Metaphysischem machen.

Für den vollständigen Artikel zu Madíbá könnt ihr auch die Website von Handshake booking besuchen.

Hier könnt ihr das Musikvideo zu „Mètam“ aus diesem Album anschauen

Marcel Sturm (29) ist Studierender der Populären Musiken und Medien im 6. Semester und bei akono seit Herbst 2023 als Praktikant im Magazin tätig.

Blick Bassy

Der kamerunische Musiker Blick Bassy ist in aller Munde. Über sein politisches Engagement und seine metaphysische Musik.

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Musik

Amapiano Boom

Amapiano Boom
von Marcel Sturm

Was ist Amapiano?

Amapiano ist eine Stilrichtung der House-Musik und stammt aus Südafrika, genauer gesagt aus den prekären Stadtvierteln (Townships) in der Metropole und größten Stadt Johannesburg, auch „Joburg“ genannt. In Südafrika konnte sich anhand des chicagoer House, speziell dem „Deep House“ und des davon inspirierten afrikanischen Genres „Kwaito“, eine rege Dance-Szene entwickeln. Diese Dance-Szene und die Verhältnisse in den Townships boten einen Nährboden für die Entstehung des Amapiano Mitte der 2010er Jahre. Auf isiZulu, der meistverbreiteten Sprache in Südafrika, bedeutet Amapiano einfach „das Piano“.

Typisch für den leichtfüßigen und geradlinigen Amapiano-Sound ist die Log-Drum. Dabei wird für die Tracks in aller Regel ein Soundeffekt der Software Fruity Loops verwendet, der auf der traditionellen Schlitztrommel aus Westafrika beruht. Die Log-Drum fungiert in den Tracks als Bass-Sound, bedient tiefere Register in der Soundästhetik und spielt eigene Melodien. Zum im Vergleich zu anderen Dance-Genres langsameren Tempo, meist vorgegeben durch wilde, rhythmische Percussions oder auch Pfeifensounds, gesellen sich teils jazzige Synth- oder Klaviermelodien oder tragende Synthesizerflächen, die Mollakkorde spielen – ein ungewöhnlicher Kontrast zum sonst eher hektischen Überbau.

Politische und gesellschaftliche Komponente

Amapiano-Musik enthält oft politische und anti-rassistische Botschaften. Schon zu Zeiten der Apartheid war Dance-Musik zum Soundtrack und Symbol für Freiheit und Freiheitsbewegungen geworden. Amapiano bietet Künstler:innen Hoffnung, aus der eigenen Misere und der Armut zu entkommen. Ebenso hilft diese Musik jedoch auch den Hörer:innen, wenigstens kurzzeitig ihren Problemen zu entfliehen, zum Beispiel den oft schwierigen sozialen und politischen Realitäten in den Townships.

„Amapiano ist ein Lifestyle“ – diese von Amapaino-Künstler:innen und Szenemitgliedern häufig zitierte Phrase ist inzwischen schon beinahe zum Klischee verkommen, denn jeder möchte Amapiano machen und diesen Lifestyle leben, der so viel verspricht. So prägt Amapiano das Leben einer ganzen Generation – ihren Style, Musikgeschmack und ihren Tanz. Dabei möchte Amapiano als Bindeglied auftreten und forciert mit der Dance-Party als Treffpunkt Zusammenhalt, Inklusivität und natürlich Freiheit. Ballroompartys mit Amapiano-Künstler:innen bieten Zuflucht aufgrund einer starken Homophobie in der Bevölkerung in weiten Teilen Südafrikas, trotz einer liberalen Verfassung.

Der internationale Durchbruch

2019 gelang dem Genre dann der internationale Durchbruch. Amapiano-Tracks tauchten in den Sets bekannter DJs auf. Im ersten Corona-Jahr 2020 reichten ein paar virale Videos auf Tiktok, um den südafrikanischen Produzenten Master KG innerhalb weniger Wochen zum Superstar zu machen. Sein Song „Jerusalema“, der dem Amapiano-Genre ähnelt, verbreitete sich rasant. Folglich konnten sich weitere Amapiano-Tracks über Social-Media verbreiten, wie der weltweite Tik-Tok-Hit „Water“ von „Tyla“. Von ozeanischer Weichheit umspülte Vocal-Tracks stehen dabei neben rougheren MC-Auftritten, unter denen vor allem die sexpositive südafrikanische Sängerin Moonchild Sanelly hervorsticht.

Südafrika ist mittlerweile das Ursprungsland von Zehntausenden Dance-Musiker:innen, und Amapiano ist sowieso längst im Mainstream der südafrikanischen Musikszene angekommen. Dieser Entwicklung war besonders zuträglich, dass Amapiano der Soundtrack von Social-Media während des harten Corono-Lockdowns in Südafrika wurde, denn zu den verbreiteten Videos ließ sich auch wunderbar in den eigenen vier Wänden tanzen. Es entwickelte sich ein starker Wettbewerb um die Einnahmen mit der Musik. Diese Kommerzialisierung wiederum könnte in der Zukunft die dem Underground typischen Weiterentwicklungsprozesse hin zu einer musikalischen Vielfältigkeit und Eigenständigkeit hemmen. Tracks bekannter Amapiano-Künstler:innen wie MFR Souls, Major League DJz, DBN Gogo und Focalistic verzeichnen nun Streamingzahlen im Millionenbereich.

Peter Fox nutzte als erster deutscher Künstler den Amapiano-Sound in seinem Song „Zukunft Pink“. Dabei wurde jedoch kritisiert, dass die Herkunft des Sounds nicht genügend deklariert wurde, wodurch Debatten über kulturelle Aneignung versus kulturelle Wertschätzung entflammten. In Großbritannien ist das Genre aus Südafrika mittlerweile so populär, dass auch die öffentlich-rechtliche BBC jeden Samstag einen Amapiano-Mix sendet.

Résumé

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Amapiano unter anderem durch Social Media zum musikalischen Exportschlager in der ganzen Welt geworden ist. Amapiano ist dabei eine Musik und ein dazugehöriger Tanz, welche/r aus der Not entstanden ist – Hoffnung schenkt und Möglichkeiten bietet zu heilen und für existenziellen Ausdruck sowie Eskapismus. Letztlich bekommt dadurch die Welt, auch außerhalb von Südafrika, eine Möglichkeit einfach mal abzuschalten und eine gute Zeit zu haben.

Künstler:innen, die man unbedingt auschecken sollte

Moonchild Sanelly, Uncle Waffles, Tyla, Nkosazana Daughter, Kabza De Small, Tyler ICU, Focalistic, Kamo Mphela, Sam Deep, DBN Gogo, Felo Le Tee, MFR Souls, Major League DJz, und auch der nigerianische Sänger Asake bietet Amapiano-Einflüsse in seinen Songs.

Kabza De Small x Mthunzi – “Isimo”

Der „King of Amapiano“ Kabza De Small arbeitet mit dem Afropop/Soul-Sänger Mthunzi an ihrer neuen EP Isimo zusammen. Der einfallsreiche und wegweisende DJ erforscht hier andere Sounds wie Afro-Tech und 3Step und verschmilzt sie zu seinem weltberühmten Produktionsstil. Das gefühlvolle Projekt ist eine tiefe Erkundung von Spiritualität und Liebe.

Kamo Mphela, Khalil Harrison & Tyler ICU – „Dalie“ (feat. Baby S.O.N)

Die außergewöhnliche Tänzerin Kamo Mphela hat endlich ihren lang erwarteten viralen Track „Dalie“ veröffentlicht, auf dem Khalil Harrison, Tyler ICU und Baby S.O.N. zu hören sind. Der spitzenmäßige Song, der mit einer Tanz-Herausforderung einherkam, erreichte innerhalb weniger Tage nach der Veröffentlichung die Spitze der Charts und hat inzwischen über 10 Millionen Aufrufe gesammelt.

Asake & Olamide – „Amapiano“

Asake schrieb mit dem nigerianischen Künstler und Rapper Olamide sogar einen Song extra über das Genre Amapiano. Dabei ist „Amapiano“ die 3. Single aus Asakes Album „Work of Art“, welches akono bereits im Magazin vorgestellt hat.

Marcel Sturm (29) ist Studierender der Populären Musiken und Medien im 6. Semester und bei akono seit Herbst 2023 als Praktikant im Magazin tätig.

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Die Verdammten dieser Erde

Die in Kamerun geborene und in den USA lebende Schriftstellerin Imbolo Mbue lässt in ihrem zweiten Roman ein Dorf in Kamerun von seinem Kampf gegen Ausbeutung und Verrat berichten.

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Spotify in Afrika: Teil 2

Spotify in Afrika: Teil 2
von Marcel Sturm

Herausforderungen von Spotify und Co. in Afrika

Der Musik-Streaming-Markt ist zunächst einmal eng mit der Vernetzung und der Akzeptanz von elektronischen Geräten verbunden. Diese externen Faktoren haben einen großen Einfluss auf die Akzeptanz von Streaming-Diensten und bleiben die größte Herausforderung im Falle Afrikas. Auch wenn die Einnahmen in den kommenden Jahren voraussichtlich deutlich steigen werden, gibt es noch eine Begrenzung für das Wachstum des Musik-Streamings, denn dieses kann sich nur so schnell entwickeln, wie es die Infrastruktur ermöglicht. Da Internet- und Smartphoneverfügbarkeit niedriger sind, wird erwartet, dass die Durchdringung von Streaming-Diensten in der Bevölkerung im Vergleich zu anderen Märkten zumindest für eine Weile ebenso niedriger bleiben wird.

Auch die geringe Zahlungskraft vieler Menschen und fehlende Bankkonten stellen Hürden für die Verbreitung dar. Eine weitere Herausforderung sind die Zahlungsbedingungen in vielen afrikanischen Ländern, denn der Devisenumlauf ist oft sehr begrenzt, und die Mehrheit der potenziellen Nutzer:innen nutzt für ihre Zahlungen Smartphones statt Banktransfers. In Ländern mit hohen Bankzinsen ist es beinahe unmöglich, online einzukaufen. Die einzigen Staaten, deren Zentralbanken Online-Transaktionen zulassen, sind Südafrika, Ruanda, Marokko, Ägypten, Senegal und Nigeria. Für andere afrikanische Länder ist die Einrichtung eines Fremdwährungskontos äußerst kompliziert, wenn nicht sogar unmöglich – eine Herausforderung für Spotify und andere expandierende Anbieter.

In Afrika hat sich Streaming also bisher noch nicht endgültig durchgesetzt, und dies jedoch auch, weil die Musikindustrie insgesamt einen schweren Stand hat. Südafrika ist mit seiner hoch entwickelten Musikindustrie eine Ausnahme auf dem Kontinent. „Es gibt in den meisten Ländern Afrikas eine lebendige Musikszene“, sagt David Price vom Weltverband der Musikindustrie (IFPI) im DW-Interview, „aber die Umsätze in diesen Ländern sind recht gering“. Denn wenn in Afrika für Musik bezahlt wird, geht das Geld oft an Raubkopierer:innen und nicht an die Labels bzw. Produzent:innen. Angesichts der Umsetzung und Lage des Urheberrechts setzen viele Musiker:innen für ihren Lebensunterhalt vor allem auf Konzerte. Was natürlich seinen Charme, aber auch seine Schattenseiten hat; wie die Abhängigkeit von Auftritten für die Einnahmen der Künstler:innen.

Die größte Herausforderung des Geschäfts in Afrika seien die hohen Kosten für Datenvolumen, sagt Gillian Ezra im DW-Interview. Sie ist Afrika-Chefin des französischen Anbieters „Deezer“, der in fast allen Ländern des Kontinents verfügbar ist. Nach Angaben der Organisation „Alliance for Affordable Internet“ kostet ein Gigabyte Datenvolumen einen Südafrikaner 2,35 %, eine Kenianerin 4,33 %, und einen Ivorer sogar 6,36 % des Monatseinkommens. Ein möglicher Weg, um den hohen Datenkosten zu begegnen, ist die Kooperation der Streaming-Dienste mit Mobilfunkunternehmen. Denn diese haben die Möglichkeit, kostenlose oder vergünstigte Datenpakete für die Nutzung eines Musik-Streaming-Dienstes anzubieten. „Solche Datenbrücken können tatsächlich der Schlüssel dazu sein, die Streaming-Dienste in Afrika zu etablieren“, sagt Musikindustrie-Experte Price. Doch manche Mobilfunkbetreiber setzen lieber auf eigene Produkte.
Für Afrika haben die „westlichen“ Musik-Streaming-Dienste ihr Angebot angepasst. Ein Monat werbefreies Musik-Streaming kostet bei Spotify, Apple oder Deezer umgerechnet etwa 3,65 Euro, also weniger als die Hälfte dessen, was Nutzer:innen in Europa oder Amerika zahlen. Für Kunden ohne Bankkonto gibt es im Supermarkt Prepaid-Karten. Die Dienste gehen also auf die afrikanische Bevölkerung ein. Jedoch stellt sich die Frage, ob diese Bemühungen tatsächlich ausreichen; besonders unter dem Aspekt günstigerer afrikanisch-orientierter Musikstreaming-Anbieter.

Tatsächlich hat das Streaming-Geschäft im Allgemeinen, also auch weltweit, einen großen Haken. Bisher erwirtschaften die Großen der Branche nämlich keine Gewinne. Umso riskanter erscheint die Wette darauf, dass das Musikgeschäft in Afrika mit der neuen Technologie aufblüht. Für die Streamingdienste und Musikindustrie gilt es dennoch, den afrikanischen Markt für sich zu gewinnen. Die große Bevölkerung und das starke Wachstumspotenzial sorgen dafür, dass verschiedene Musikplattformen sie für ihre Ausweitung auf den vielfältigen Kontinent nutzen möchten. Insgesamt ist die Besonderheit des afrikanischen Musik-Streaming-Marktes so groß, dass die Akteure ein erhöhtes Maß an Anpassungsfähigkeit an den Tag legen müssen. Afrika kann sicherlich ein Wachstumsmotor für Musik-Streaming-Plattformen sein, die nun herausfinden müssen, wie man diesen anheizt.

Marcel Sturm (29) ist Studierender der Populären Musiken und Medien im 5. Semester und bei akono im Herbst 2023 und Winter 2023/24 als Praktikant im Magazin tätig.

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Die Verdammten dieser Erde

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Spotify in Afrika: Teil 1

Spotify in Afrika: Teil 1
von Marcel Sturm

Spotifys Expansion in Afrika

Mit 551 Millionen Nutzer:innen ist das schwedische Unternehmen Spotify heute der größte Anbieter auf dem Musikstreaming-Markt. Die Gründung von Spotify im Jahr 2006 war eine Antwort darauf, dass illegale Downloads und Piraterie die Musikindustrie zunehmend unter Druck setzten. Die Idee der Spotify-Gründer Daniel Ek und Martin Lorentzon war es, einen Streamingdienst zu entwickeln, der alle Interpret:innen auf einer Plattform vereint und die Künstler:innen an den Einnahmen beteiligt. Nach der Entwicklung einer Software und vielen Vertragsabschlüssen mit großen Musiklabels ging Spotify schließlich im Oktober 2008 in Schweden, Finnland, Frankreich, Norwegen und Spanien offiziell an den Start. Deutschland folgte dann 2012 und Afrika erst viel später.

Anders als die Konkurrenten Apple oder Amazon ist Spotify auf den Erfolg seines Streaming-Geschäfts angewiesen, da dies die einzige Einnahmequelle für das Unternehmen ist. Etwa 70 % der Einnahmen aus dem Musikgeschäft fließen, wie auch bei der Konkurrenz, direkt in die Musikindustrie. Deswegen versucht Spotify weiterhin, sein Geschäft mit neuen Einnahmequellen auszubauen. Das Problem des Streaming-Dienstes bleibt, trotz seiner Popularität und weltweiten Verbreitung, seine weiterhin schwierige finanzielle Lage. Seit langem kämpft das Unternehmen darum, dauerhaft profitabel zu wirtschaften. Vor diesem Hintergrund erhöhte Spotify die Abo-Preise in Europa und folgte den Preiserhöhungen anderer Dienste. In Deutschland kostet das Einzel-Premiumabo daher mittlerweile 10,99 Euro statt lange Zeit 9,99 Euro. Bestandskund:innen sind von den Änderungen noch nicht betroffen. Allerdings hat ihnen Spotify eine Frist bis zum 31. Dezember 2023 gesetzt. Wer den neuen Preisen bis dahin nicht zustimmt, riskiert sein Premium-Abo zu verlieren.

Afrika ist für Spotify ein vielversprechender Markt und hoffnungsvolles Investmentziel, um seine Gewinne zu steigern. Spotify hat auf dem afrikanischen Kontinent Anerkennung für seine breite Nutzung im Ausland erlangt, aber bisher trotzdessen recht wenig zahlende Nutzer:innen hinter sich versammelt. Viele bevorzugen den illegalen Musikdownload, die kostenlose Version von „Youtube Music“ oder andere, in Afrika etabliertere, Streaming-Anbieter. Nach eigenen Angaben hatte Spotify 2018 180 Millionen Nutzer:innen weltweit, darunter 83 Millionen zahlende Kund:innen. Diese Zahl ist laut Statista im 2. Quartal 2023 auf inzwischen 220 Millionen zahlende Nutzer:innen angestiegen.

Im Jahr 2018 startete Spotify in Südafrika und zog damit Apple nach. Tatsächlich nimmt Afrikas Musikindustrie seitdem an Fahrt auf. In Südafrika soll das Streaming laut PwC im Jahr 2022 rund 50,8 Mio. US-Dollar eingebracht haben, mehr als das Dreifache dessen, was 2017 erwirtschaftet wurde. Afrikas Musikstreaming-Markt ist somit sicherlich in Südafrika zentriert. 40 % der Einnahmen und fast 11 % der „Monthly Active Users“ (MAUs) sind auf Südafrika zurückzuführen. Zusammen mit Ägypten, Nigeria, Marokko und Algerien erreicht das Land einen Marktanteil der Einnahmen von 86 % auf dem gesamten Kontinent. Für Februar 2021 peilte das Unternehmen schließlich eine große Expansion in 39 weitere Länder auf dem Kontinent an; davor war Spotify schon mit über 70 Millionen Songs und 2,6 Millionen Podcasts in Algerien, Ägypten, Marokko, Südafrika und Tunesien verfügbar. Nun kamen unter anderem Musikzentren wie Ghana, Nigeria, Uganda, Senegal und Sierra Leone hinzu. Diese Expansion markiert einen großen Schritt für das Streaming-Unternehmen, dem Expert:innen immense wirtschaftliche Vorteile vorausgesagt haben, obwohl bestehende Streaming-Plattformen wie „Apple Music“, und afrika-fokussierte Anbieter wie „Audiomack“, „Mdundo“ aus Kenia und „Boomplay“ aus Nigeria Konkurrenz darstellen und günstiger sind, jedoch teils deutlich weniger Musikauswahl bieten.

Spotify startete schließlich die geplante Expansion in 38 weitere afrikanische Länder. Es gab exzellente Kampagnen-Rollouts mit Künstlern aus dem ganzen Kontinent und jede Menge Aufregung in den sozialen Medien. Vor allem aber war da die Einsicht, dass ein neues Kapitel für Afrikas Musik-Ökosystem aufgeschlagen wurde.

Während YouTube für seinen Premium-Dienst nicht über einen globalen Zugang zum afrikanischen Markt verhandeln kann, verhandelte Spotify mit jedem Staat. Denn Online-Transaktionen und Transaktionen mit Fremdwährungen sind oft sehr kompliziert oder gar nicht möglich gewesen. Deshalb habe das Unternehmen „alternative Zahlungsmethoden“ gefunden. Das Geldtransfersystem von Vodafone „M-Pesa“ ermöglicht es nun Spotify, seine Dienste auf dem afrikanischen Kontinent zu verkaufen. Tatsächlich wird M-Pesa im Gegensatz zu seinen anderen Kund:innen, wie Banken, Handelsunternehmen und internationale ICT-Player, keine Provision für Spotify-Käufe verlangen.

Wie bereits erwähnt, gibt es einige bestehende Plattformen, die den Eintritt von Spotify in weitere afrikanische Märkte erschweren. Ebenso gibt es viele zahlungstechnische und infrastrukturelle Schwierigkeiten, die es zu überwinden gilt. Auf der Seite der Künstler:innen bleibt es auch abzuwarten, wie kleinere oder unabhängige afrikanische Künstler:innen auf die relativ geringen Streaming-Einnahmen reagieren werden, die durch das Abspielen von Songs auf Spotify erzielt werden. Laut Business Insider zahlt Spotify in der Regel zwischen 0,003 und 0,005 US-Dollar pro Stream, was bedeutet, dass man etwa 250 Streams benötigt, um einen Dollar zu verdienen. Eine faire Bezahlung ist dies sicherlich nicht – vor allem für kleinere Künstler:innen mit weniger Aufrufen. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich der Musikstreaming-Markt in Afrika weiterhin und zukünftig entwickelt und wie groß die Rolle und Einflussnahme von Spotify dabei sein können.

Marcel Sturm (29) ist Studierender der Populären Musiken und Medien im 5. Semester und bei akono im Herbst 2023 und Winter 2023/24 als Praktikant im Magazin tätig.

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Die Verdammten dieser Erde

Die in Kamerun geborene und in den USA lebende Schriftstellerin Imbolo Mbue lässt in ihrem zweiten Roman ein Dorf in Kamerun von seinem Kampf gegen Ausbeutung und Verrat berichten.

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African Heat

African Heat
von Marcel Sturm

Spotifys Playlist bekommt ein Make-over

African Heat, Spotifys Aushängeschild-Playlist für afrikanische Musik, bekommt ein neues Gesicht und schlägt ein neues Kapitel für die wichtigste Adresse der Plattform, und womöglich die wichtigste Adresse in der nicht-afrikanischen Welt überhaupt, für afrikanische Musik auf.

Die Playlist, die über eine Millionen Follower:innen auf der Plattform sammeln konnte, hat sich zu einem der führenden Vehikel für afrikanische Musik entwickelt und kann somit ein neues streaming-affines Publikum erreichen. Indem sie den Hörer:innen hilft, neue und zukünftige afrikanische Hits zu entdecken, ist sie auch zu einem Bindeglied geworden, das Fans der Musik des afrikanischen Kontinents durch die gemeinsame Liebe zu diesen ikonischen Klängen verbindet und ein Gemeinschaftsgefühl unter den Liebhaber:innen afrikanischer Musik fördert.

Mit dem gestiegenen globalen Wert und der Aufmerksamkeit, die afrikanische Musik genießt, sowie den zunehmenden Spuren, die ihre Künstler:innen auf Bühnen in der ganzen Welt hinterlassen, hat African Heat seit dessen Erstellung einige der wichtigsten Songs und Momente des Kontinents ins Rampenlicht gerückt und geltend gemacht. Seit 2018 hat African Heat unter anderem dazu beigetragen, dass große Hits wie Ckay’s „Love Nwantiti“, Wizkid’s „Essence“ und DBN Gogo’s „Love and Loyalty“ entstehen konnten. Die Playlist enthält Musik aus allen Ecken des Kontinents und bietet auch eine demokratische Plattform für aufstrebende Talente.

Die überarbeitete Playlist soll sich darauf konzentrieren, die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein innerhalb der afrikanischen Kreativ- und Hörergemeinschaften zu fördern. Inspiriert von öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem ganzen Kontinent, repräsentiert das Rebranding der Playlist visuell die Bewegung und emotionale und kulturelle Transportfähigkeit der Musik in ganz Afrika und darüber hinaus.

Um das Image von African Heat als Vehikel weiter heraufzubeschwören, wird die Playlist eine neue visuelle Identität mit einer aktualisierten Version des mittlerweile bekannten Covers tragen, das einige der größten Stars des Kontinents gezeigt hat. Ebenso wurde das Namensdesign der Playlist überarbeitet und versucht afrikanischer zu gestalten.

Die Kampagne wird auch Beiträge und Gespräche mit einigen der aufregendsten aufstrebenden und etabliertesten Künstler:innen Afrikas sowie Live-Elemente enthalten, um die erneuerte Playlist zum Leben zu erwecken und die Zuhörer:innen zu begeistern. Darüber hinaus werden die Spotify-Daten der angesagtesten „African Heat“-Künstler:innen der letzten 90 Tage präsentiert und es werden Einblicke in ihre Popularität und Reichweite gegeben. Nach den Erkenntnissen des Unternehmens kamen die Nutzer:innen, die African Heat in den letzten drei Monaten gestreamt haben, hauptsächlich aus den USA, Großbritannien, Nigeria, Frankreich, Kenia, Deutschland, den Niederlanden, Kanada, Südafrika und Ghana. Ebenso können Informationen erhalten werden, welche Künstler:innen am meisten aus der Playlist gestreamt wurden.

Sängerin Tyla ziert zur Veröffentlichung von „Truth or Dare“ das Playlist-Cover von African Heat

Tyla ist eine aufstrebende Künstlerin aus Johannesburg, die zur Veröffentlichung ihres neuen Songs „Truth or Dare“ das Cover der Playlist „African Heat“ zierte. Die gebürtige Südafrikanerin startet international gerade mit ihrer „amapiano“-Musik voll durch. Mit „Water“ präsentiert sie dabei einen astreinen Ohrwurm und weltweiten Hit. In der Nominierungszeremonie für die Grammy Awards 2024, verdiente sich Tyla sogar eine Nominierung in der Kategorie „Best New Artist“.

Der Song „Water“ wurde Ende Juli releast und wird seitdem immer beliebter. Nachdem der Song auch Teil einer Dance-Challenge auf TikTok geworden ist, platzierte sich „Water“ in zahlreichen internationalen Single-Charts, wie zum Beispiel in Großbritannien auf Rang 4. Aber auch hierzulande ist die Nummer gut dabei gewesen und erreichte Platz 25 der offiziellen deutschen Single-Charts. Ebenso wurde Platz 10 in den US-Billboard-Charts erreicht.

Das liegt wohl vor allem an der Präsenz ihrer Stimme. Tyla versteht es, einen entspannt tanzbaren Vibe zu transportieren. Zusammen mit Produzent Sammy Soso erzeugt die 21-Jährige eine zurückgelehnte Atmosphäre, die aber auch eine verführerische Wirkung erzeugen kann. Dafür sorgen neben klassischen Sound-Elementen aus Pop und R&B vor allem gezielt unterlegte Afrobeats. Zudem unterstreichen Synthies den spätsommerlichen und träumerischen Vibe.

Dabei können die Hörer:innen vieles über Dynamiken zwischen zwei Individuen in einer Beziehung lernen. Im Song sucht eine Partei nach einer Zeit der Distanz wieder Bestätigung oder Versöhnung. Der Song befasst sich mit Themen wie Selbstwertgefühl, Wachstum und der Frage nach der Authentizität der Zuneigung oder der Absichten einer Person. Ein Part fordert die andere Person heraus, sich mit ihren vergangenen Handlungen und Emotionen auseinanderzusetzen sowie die Veränderungen im Leben und in der Einstellung anzuerkennen. Darüber hinaus stellt der Song die Aufrichtigkeit von Fürsorge und Zuneigung in Frage und hebt die Komplexität von Beziehungen und die Unsicherheiten hervor, die entstehen, wenn Vertrauen auf die Probe gestellt wird. Letztendlich ist der Song eine Reflexion über die persönliche Entwicklung und das Erkennen des eigenen Wertes.

Can’t handle what I am now / You’re a fan now / And I’m not what I was / So tell me, are you down now? / ‘Cause I’m up now / So, let’s play truth or dare / Dare you to forget / That you used to treat me just like anyone / Truth or dare

Marcel Sturm (29) ist Studierender der Populären Musiken und Medien im 5. Semester und bei akono im Herbst und Winter 2023 als Praktikant im Magazin tätig.

Bild im Header: unsplash

Die Verdammten dieser Erde

Die in Kamerun geborene und in den USA lebende Schriftstellerin Imbolo Mbue lässt in ihrem zweiten Roman ein Dorf in Kamerun von seinem Kampf gegen Ausbeutung und Verrat berichten.

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Musik

Das Kunstwerk : Asake

Das Kunstwerk : Asake
von Marcel Sturm

Im Juni dieses Jahres veröffentlichte der nigerianische Singer-Songwriter Asake (gesprochen: Aschake mit kurzem E) sein neues und zweites Album Work Of Art. Seinen Künstlernamen hat sich Asake, der bürgerlich Ahmed Ololade heißt, von seiner Mutter geborgt, doch ein braves Muttersöhnchen ist der Musiker ganz und gar nicht. Sein Song Mr. Money brachte ihm einen weiteren Spitznamen ein, dem neuen Tausendsassa-Sternchen am nigerianischen Musikhimmel.
Omo ope, ein Song von seiner ersten EP, den er mit dem international bekannten und ebenfalls in Lagos aktiven Rapper und Labelbesitzer Olamide aufnahm, öffnete 2022 für Asake den Weg auf die internationale Bühne. Auch sein geschicktes Tik-Tok Marketing half dabei.
Das neue Album Work Of Art lässt sich nun dabei am ehesten den Genres Afrobeats oder Amapiano zuordnen. Amapiano-Einflüsse waren schon bei seinem Debütalbum von 2022 vorhanden, das unter anderem in den USA Erfolge feiern konnte.
Amapiano ist ein südafrikanisches Subgenre aus Deep House, Jazz und der Kwaito-Musik, das afrikanische Sounds und Samples integriert und sich durch langsameres Tempo, perkussive Loops und Hip-Hop/Rap-Einflüsse auszeichnet. In den letzten Jahren entstand in der nigerianischen Mega-City Lagos eine neue Musik-Szene, die Afrobeats, Amapiano, Popmelodien und raffinierte Rap-Lyrics miteinander verbindet. Asake selbst mischte noch zusätzlich Chöre and Streicher-Arrangements bei und integrierte indigene Yoruba-Musik aus West-Afrika – genannt „fújì“.

Albumcover von Work of Art
»If you don’t feel blessed, you won’t be blessed«, sagte Asake neulich bei ABC News. Dieses Statement spiegelt seine eigene Vorstellung von Manifestation wider. Seine Songs handeln oft davon, dass jeder, der sich darum bemüht, den Segen erfahren kann, den er selbst erfährt. In Basquiat stellt Asake klar, dass er mit dem Work Of Art im Albumtitel sich selbst meint. Warum nicht. Die Chöre im Song erinnern und jedoch daran, dass nicht alles eine One-Man-Show ist, sondern dass Feiern ein gemeinschaftliches Erleben ist. Vielleicht ist Asake auch deshalb dem Amapiano so zugewandt, um ein bisschen auf dem Boden zu bleiben.
Jeder einzelne Song auf Work Of Art ist melodisch ziemlich stark, kommerziell mühelos verwertbar und der hinführende Chorus von I Believe ist ein bemerkenswerter Ohrwurm. Trotz des kurzen Abstands zwischen der Veröffentlichung des ersten und zweiten Albums klingt es nicht danach, als wäre zu hastig gearbeitet worden. Die Produktion ist wunderbar gelungen. Zum Beispiel der Moment in 2:30, wenn die Bassline in ein stotterndes Pattern übergeht, das die Rhythmik von Asakes Vocals wiederspiegelt, und die zarten Snare-Rolls, die den Beat von Sunshine unterstreichen, sind kleine Details, die auf eine gekonnte Produktion und Gestaltung des Albums hinweisen. Hinzu kommen unterstützende Sounds einer country-artigen Violine in Mogbe, von Dancehall beeinflussten Einwürfen bis zu einer an den Dire Straits angelehnten Gitarre, die den Song Sunshine eröffnet. In Sunshine interpoliert Asake außerdem eine Zeile der britischen Gruppe Lighthouse. Diese musikalische Abwandlung verdeutlicht ein weiteres Mal seinen Einfallsreichtum. Thematisch ist wiederum zu seinem Debütalbum kaum etwas Neues hinzugekommen. Asake erkundet Themenfelder wie Dankbarkeit in Olorun, Straßenweisheiten in Sunshine, Afro-Balladen in Mogbe, unterschwellige Botschaften in Awodi, und das Im-Mittelpunkt-Stehen bei sozialen Anlässen in 2:30.

Man darf gespannt sein, wie sich Asake, vor allem textlich, in künftigen Alben weiterentwickeln wird. Eines ist jedoch gewiss – seine Songs und die Mischung der verschiedenen afrikanischen Genres hören sich verdammt gut an.

Asakes nachdrücklicher Aufstieg ist geprägt von seiner Mischung aus dem aus seiner Heimat stammenden Fuji-Genre und dem aus Südafrika stammenden Amapiano. Geprägt von Holztrommeln, Fuji-inspirierten Melodien und der Yoruba-Sprache, ist Work of Art die Vereinigung von Asakes Vermächtnis, das mit seiner Klangauswahl einen anderen, aber ebenso vertrauten Weg einschlägt und die Präsenz von "Fuji-Piano" weiter festigt.

Marcel Sturm (29) ist Studierender der Populären Musiken und Medien im 5. Semester und bei akono im Herbst und Winter 2023 als Praktikant im Magazin tätig.

Die Verdammten dieser Erde

Die in Kamerun geborene und in den USA lebende Schriftstellerin Imbolo Mbue lässt in ihrem zweiten Roman ein Dorf in Kamerun von seinem Kampf gegen Ausbeutung und Verrat berichten.

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akonos Herbstvorschau 2023

akonos Herbstprogramm 2023

We proudly present unsere Herbstvorschau 2023 mit sechs vielseitigen Titeln! Yewande Omotoso erzählt in Mojisola weint nicht eine tiefgründige und mitreißende Familiengeschichte, Tierno Monénembo kehrt in seinem mit dem Renaudot-Preis ausgezeichneten Werk Der König von Kahel den Blick der kolonialen Reiseliteratur um, Kopano Maroga dichtet zärtlich-subversiv in Die Jesusthese über religiöse Mythen und Anselme Nindorera berichtet erfindungsreich in Was war da in Burundi los? vom letzten Herrscher des Königreiches Burundi.
Auch ein empowernder Titel des Kreativkollektivs Look at Us hat sein Zuhause bei akono gefunden, sowie ein berührender Briefwechsel zwischen der eritreischen Schriftstellerin Yirgalem Fisseha Mebrahtu und der deutschen Schriftstellerin Tanja Kinkel: Freiheit in Briefen.

Wir danken allen Autor:innen, Übersetzer:innen, Gestalter:innen und Unterstützer:innen und freuen uns auf das dritte Verlagsjahr!

 

Laden Sie hier das Programm herunter ⇲ oder klicken Sie auf eine:n Autor:in

akono ist ein Indieverlag aus Leipzig, der afrikanische Literaturen auf deutsch veröffentlicht. Lyrik, Romane, Kurzgeschichten, aber auch Sachbücher von afrikanischen Autor:innen oder deutsch-afrikanische Kollaborationen werden seit 2021 bei akono verlegt.
Wir sind der Meinung, dass Dekolonisierung uns alle betrifft, und dass Literatur dafür eine Vielfalt von Realitäten vermitteln und Verständnis erzeugen kann.
Da afrikanische Geschichte und Kulturen von Europa lange Zeit fremdbestimmt und fehlinterpretiert wurden, verlegen wir gerne historische Fiktion und halten mit großartigen Texten unterschiedlicher Genres aus einigen der 54 Staaten dagegen. In unserem Onlinemagazin berichten wir über die Arbeit von afrikanischen Kreativen in den Bereichen Literatur, Fotografie, Film, Musik, bildender Kunst und Mode. akono versteht sich als Gastgeber für afrikanische Kreative in Deutschland, als Netzwerk und Anlaufstelle.

Für unsere Arbeit wurden wir 2022 mit dem Sächsischen Verlagspreis ausgezeichnet.

Blick Bassy

Der kamerunische Musiker Blick Bassy ist in aller Munde. Über sein politisches Engagement und seine metaphysische Musik.

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Literatur

Die Verdammten dieser Erde

Die Verdammten dieser Erde
von Thomas Hummitzsch

Die in Kamerun geborene und in den USA lebende Schriftstellerin Imbolo Mbue lässt in ihrem zweiten Roman ein Dorf in Kamerun von seinem Kampf gegen Ausbeutung und Verrat berichten. »Wie schön wir waren« erzählt von den täglichen Verbrechen, die Konzerne in den Entwicklungsländern im Namen des Kapitalismus begehen.

»Wir hätten wissen müssen, dass das Ende nahte«, räumen die Stimmen von Kosawa gleich zu Beginn ein. Waren sie zu naiv, dass sie das Unvermeidliche nicht haben kommen sehen? Oder zu gutgläubig jenen gegenüber, die behaupteten, dass sich die Geschichte noch auf ihre Seite schlagen würde? Es sind diese Fragen, die in den Vordergrund dieser sich über Jahrzehnte erstreckenden Geschichte drängen.

»Wie schön wir waren« handelt von den verschiedenen Phasen des Widerstands der wortwörtlich aussterbenden Gemeinschaft von Kosawa, deren Lebensgrundlagen von dem amerikanischen Ölkonzern Pexton zerstört werden. Entweichendes Öl zerstört das Ackerland, die Chemikalien der Förderung vergiften das Trinkwasser und der große Fluss fließt unter einer dicken grünen Schicht gefährlichen Mülls dahin.

 

intellectures

Dieser Artikel erschien im Original bei intellectures.

Ausgerechnet der als Dorftrottel verschrieene Konga ist es, der zu Beginn des Romans die Ausweglosigkeit der Situation und die Ausbeutung seiner Gemeinschaft erkennt. Bei einer Versammlung, bei der Pexton-Vertreter den Dorfbewohnern erklären wollen, warum das skrupellose Agieren des Konzerns ein Segen sei, erhebt er seine Stimme. Seine Rebellion steht am Beginn des Aufstands.

Ein Aufstand, der von jenem kollektiven Wir getragen wird, das gleich zu Beginn einräumt, sich getäuscht zu haben. Es sind die Kinder und Kindeskinder dieser Gemeinschaft, die im Kampf gegen Zerstörung und Korruption offenbar ebenso gescheitert sind wie ihre Vorfahren. Die gesellschaftspolitischen Umstände und die Verhältnisse des Raubtierkapitalismus haben ihren Kampf aussichtslos gemacht.

Imbolo Mbue: Das geträumte Land. Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch. Verlag Kiepenheuer & Witsch 2018. 432 Seiten. 22,- Euro.

»Wir hassten es, wie sie jedes Mal, wenn das Öl aus einer der Pipelines auf unseren Acker lief, Tage für die Reparatur brauchten und unsern Eltern anschließend erzählten, sie müssten nur die oberste Erdschicht abtragen und wegwerfen, um ihr Ackerland zurückzugewinnen. Wenn unsere Eltern zu erklären versuchten, dass das nicht funktioniere, das Gift tief eindringe, das Öl sich über große Flächen ausbreite und es wahrscheinlich am besten sei, wenn Pexton sich bessere Pipelines zulege, kicherten sie und fragten, ob wir etwa glaubten, Pexton werde zusammenpacken und gehen, nur weil wir ein Problem mit ihnen hätten.«

Imbolo Mbue gehört zu jenen Autoren, die die britisch-nigerianische Autorin Taiye Selasi als »Afropolitan« beschreibt. Gemeint ist eine neue Generation von Weltbürger:innen mit afrikanischen Wurzeln wie Chimamanda Ngozi Adichie, Nana Oforiatta Ayim, Teju Cole, Yaa Gyasi, Maaza Mengiste oder Chigozi Obioma. Ihre gesellschaftspolitischen Romane reflektieren dezidiert afrikanische Themen. Mbue kombiniert diese mit Fragen der Globalisierung. In ihrem sprachlich und erzählerisch glänzenden Debüt »Das geträumte Land« geht es um eine Familie aus Kamerun, die unter die Räder der Lehman-Pleite gerät.

Der neue Roman der 1982 in Limbe geborenen und in New York lebenden Autorin behandelt Fragen von Umweltzerstörung, Ausbeutung, Korruption und Trauma. Weil Mbue weiß, dass kollektive Klagen über politische Skandale in Entwicklungsländern schnell verhallen, hat sie 15 Jahre daran gefeilt, um von den tragischen Einzelschicksalen und dem kollektivem Trauma einer solchen Erfahrung Zeugnis abzulegen.

Aus der Gemeinschaft greift sie eine Handvoll Figuren heraus, über deren persönliche Perspektiven und Schicksale sie die Erfahrung der skrupellosen Ausbeutung, falschen Versprechungen und vergeblichen Hoffnungen nachhaltig erfahrbar macht. Daneben stellt sie jenen Chor der Generationen, der kollektiv die Folgen der Ausbeutung durch den Ölkonzern bezeugt.

Imbolo Mbue | © Kiriko Sano

Der fossile amerikanische Konzern hat aber auch seine Unterstützer:innen, auf die er sich verlassen kann. Etwa den Dorfältesten Woja Beki, der den Pexton-Vertreter:innen regelmäßig das Podium bei den Dorfversammlungen überlässt. Zugleich schickt er zu diesen Versammlungen auch immer nur irgendwelche Repräsentant:innen, die nichts zu sagen oder zu entscheiden haben. Eine amerikanische Umweltorganisation taucht auf, die erklärt, sich für die Interessen des Dorfes einsetzen zu wollen. Doch auch die gerät schnell in den Verdacht, nur ein Instrument der perfiden kolonialen Ausbeutungspolitik des Konzern zu sein. Die Verhandlungsversuche der Dorfgemeinschaft versickern wie das aus den Pipelines entweichende Öl im Sand und vergiften die Atmosphäre weiter.

Nach einer dieser Versammlungen eskaliert die Situation und die Dorfgemeinschaft nimmt die Konzernvertreter in Geiselhaft, um mit der Führung in den USA zu sprechen. »Zum Wohl unserer Kinder und Kindeskinder werden wir all das tun und noch mehr«, sagt der junge Bongo, der zu den Entführern gehört. Und auch wenn der Kampf ein langer und möglicherweise nicht von Erfolg gekrönt sein wird, lohnt er sich doch, um dem Schweigen ein Ende zu machen. »Wir werden keine Unbekannten mehr sein. Wir werden Namen haben. Kosawa wird zu erkennen sein.«

Zu eskalierenden Strategien angesichts der Tatenlosigkeit jener, auf deren Tun man angewiesen ist, greifen auch die »Children of Kali« in Kim Stanley Robinsons Klimawandel-Roman »Das Ministerium für die Zukunft«. Während Robinson allerdings ein Best-Case-Szenario der vor uns liegenden Ära zeichnen will, blickt Mbue in ihrem hervorragenden Umweltroman erschüttert auf das, was die Gegenwart uns jetzt schon zeigt: die Arroganz der global agierenden Konzerne, die sich an ihrem Hauptsitz physisch und juristisch verschanzen, während sie fremde Länder ausbeuten und denen, die schon am Boden liegen, die Lebensgrundlagen entziehen.

In den Mittelpunkt der Handlung rückt Thula, ein junges Mädchen, die früh ihren Vater verliert. »Ein Papa, der abends mit seiner Tochter zusammensaß und die Sterne zählte, der mit ihr darüber nachdachte, ob Grashalme in der Angst leben, eines Tages niedergetrampelt zu werden, der ihr einschärfte später nie zu vergessen, wie es sich angefühlt habe, ein Kind zu sein, nie zu vergessen, wie es sich angefühlt habe, klein zu sein und schutzbedürftig.«

Imbolo Mbue: Wie schön wir waren. Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch. Verlag Kiepenheuer & Witsch 2021. 448 Seiten. 23,- Euro.

Diese Sensibilität für die Umwelt und ihre Umwelt wird Thula nie verlieren. Nicht einmal in den USA, wo sie als junge Studentin lebt, nicht ohne das Schicksal ihres Dorfes aus den Augen zu verlieren. Aus dem Heimatland von Pexton heraus wird sie den Aufstand gegen den Konzern anführen. Später wird sie ins Dorf zurückkehren, um vor Ort aktiv zu werden. Im Laufe des Romans kommen auch ihre Großeltern, Eltern und ihr Onkel zu Wort, die von ihren seelischen und physischen Entbehrungen und Verlusten berichten. Ihre Erinnerungen machen die persönlichen Motive und Traumata, das Menschliche hinter der Politik, greifbar.

Mbue bleibt eng bei ihrem Personal, hält ihren befremdeten und zunehmend feindseligen Blick auf die ausbeuterische Moderne. Zwischen den persönlichen Perspektiven ihrer Figuren und der kollektiven Erinnerung der Kinder entsteht ein flirrendes Spannungsverhältnis, in dem Vergangenheit und Gegenwart, Tradition und Moderne, Patriarchat und Emanzipation, Macht und Ohnmacht, Idealismus und Ernüchterung miteinander verbunden werden.

Die Tradition der mündlichen Überlieferung von Geschichte und Geschichten ist tief in diesem Text verankert. Maria Hummitzsch greift diese in ihrer lebendigen Übersetzung auf. Der Text verläuft wie in Wellen, greift in Satzketten rhythmisch das zornige Klagen des Kollektivs auf. Auch bleibt er lexikalisch nah am Mündlichen. Obwohl die Ölindustrie und die politische Theorie des Aufstands eine große Rolle spielen, kommt der Text ohne Fachbegriffe aus. Direkte Anspielungen auf Frantz Fanons Widerstandsklassiker »Die Verdammten dieser Erde« oder Karl Marx’ »Kommunistisches Manifest« müssen ausreichen, um die theoretischer Grundlage dieser Rebellion zu liefern. Das funktioniert perfekt, die von den Dorfbewohnern vorgetragene Klage erhält gerade dadurch eine hohe Glaubwürdigkeit.

»Wie schön wir waren« ist in der Vergangenheitsform geschrieben, Aufstand, Massaker, Niederlage sind bereits geschehen. Imbolo Mbues großer Roman lässt uns jetzt verstehen, woher die Enttäuschung in vielen afrikanischen Gesellschaften kommt. Und leistet vor allem eines: Er sorgt dafür, dass man von den verstorbenen Kindern von Kosawa nicht nur gehört haben wird. Man wird sie auch nicht mehr vergessen.

Thomas Hummitzsch, geboren 1979 in Meißen, ist freier Journalist, Pressereferent, Kritiker und Blogger.

Blick Bassy

Der kamerunische Musiker Blick Bassy ist in aller Munde. Über sein politisches Engagement und seine metaphysische Musik.

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Literatur Verschiedenes

Vertraulichkeiten für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert!

Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse

Katharina Triebner-Cabalds Übersetzung von Max Lobes Roman "Vertraulichkeiten" wurde für den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Der Preis, der seit 2005 verliehen wird, gilt als einer der bedeutendsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum und wird von der Leipziger Messe in Zusammenarbeit mit dem Literarischen Colloquium Berlin und der Stadt Leipzig vergeben. Er ist mit insgesamt 60 000 Euro dotiert und wird in den Kategorien Belletristik, Sachbuch und Übersetzung verliehen. Je Kategorie werden fünf Titel nominiert. Wer den Preis erhält, wird bei der Verleihung am Messedonnerstag der Leipziger Buchmesse, die vom 27. – 30.04.2023 stattfindet, bekanntgegeben. Wir freuen uns sehr und sind gespannt! Zum Messeprogramm des akono Verlages und den Veranstaltungen mit Max Lobe und Katharina Triebner-Cabald geht es hier.

Die Übersetzung von Vertraulichkeiten wurde von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und der Kulturabteilung der französischen Botschaft in Deutschland gefördert. Merci beaucoup!

Ein Geschichtsbuch der neuen Art, lebendig und getragen von der Stimme des Volkes

In Vertraulichkeiten kehrt der in der Schweiz lebende Narrator in sein Geburtsland Kamerun zurück, um Recherchen anzustellen über den Unabhängigkeitskrieg in Kamerun und dessen Anführer Ruben um Nyobè. Im Bassa-Wald sucht er die alte Frau Mâ Maliga auf, die dem Narrator bei Spaziergängen und gemeinsamem Palmweintrinken wie eine Griotte (Bewahrerin von Geschichte, oraler Literatur und Musik, oft mit satirischen und mythologischen Inhalten) vom Widerstand gegen die Kolonialmacht erzählt – von Lagern, Folter und dem Verschwinden ihrer Landsleute. Mâ Maliga berichtet von ihrem eigenen Leben und von ihrer Mutter, einer schüchternen Haushälterin in einer französischen Familie, die sich auflehnte und zu einer Sprecherin von Um Nyobè und der Unabhängigkeitsbewegung wurde. In „Vertraulichkeiten“ wird die komplexe Geschichte Kameruns durch die Erzählungen der kleinen Leute erfahrbar, die keine anderen Quellen als mündliche Überlieferungen und die eigene Erinnerung haben, da die Geschichte Ruben um Nyobès im formalen Bildungswesen ausgespart wird.

Afrikanisierte Sprache

Max Lobe gelingt es kunstvoll, eine französische Sprache zu erfinden, die der Volkssprache Bassa in Rhythmus, Redewendungen und Stilmitteln so nahe wie möglich kommt, ohne dabei künstlich zu wirken. Dafür wurde das Original Confidences (Editions Zoé) 2017 in der Schweiz mit dem Prix Ahmadou Kourouma ausgezeichnet. Ebenso wie Kourouma greift Lobe zu den Stilmitteln afrikanischer Erzähltraditionen und erfindet eine Literatursprache, die getragen durch das lebhafte und komische Wort nahe der mündlichen Rede ist. Und Katharina Triebner-Cabald hat es geschafft, diese Sprache, die keine Entsprechung im Deutschen hat, ebenso kunstvoll und einfallsreich zu übersetzen.

Die Literaturübersetzung ist ein Abenteuer, das mich immer wieder herausfordert und inspiriert, ganz besonders weil sie es möglich macht, Brücken zwischen Kulturen und Menschen zu bauen. Ich freue mich, dass ich mit der Übersetzung von "Vertraulichkeiten" eine solche Brücke bauen und Max Lobes sprachlichem Einfallsreichtum zusammen mit Mâ Maligas Botschaft eine deutsche Stimme geben konnte. Die Nominierung für den Preis der Leipziger Buchmesse ist eine wunderbare Würdigung meiner Arbeit und zugleich ein Ansporn, auf diesem Weg weiterzugehen. Herzlichen Dank dafür!

Dass die Jury auch Werke aus kleinen und relativ unbekannten Indie-Verlagen wie dem akono Verlag in den Blick nimmt, freut akono Verlegerin Jona Krützfeld sehr. Sie hofft, dass die Erzählung der charismatischen Mâ Maliga durch die Nominierung den Weg zu vielen weiteren Lesenden schafft.

Max Lobe ist ein Autor, der sich in seinem Schaffen und Wirken für globale Nord-Süd Beziehungen interessiert und einsetzt, und für den Literatur über den geschriebenen Text hinausgeht, für den sie erst in der zwischenmenschlichen Auseinandersetzung und im Gespräch ihr volles Potenzial entfalten kann. Die Arbeit am Buch und vor allem die Lesungen und Diskussionen über Ruben Um Nyobé, Mâ Maligas Erzählung und die Frage der Übersetzbarkeit zusammen mit Max und Katharina sind wirklich ein Gewinn für uns alle und ich bin sehr dankbar über diese Chance, dem Buch eine Bühne zu bieten. Wir laden alle herzlich ein, bei der Buchmesse zur Lesung und zum Anstoßen vorbeizukommen!

Lobes 2020 auf Deutsch erschienener Roman „Drei Weise aus dem Bantuland“ (Austernbank Verlag) wurde bereits als eines der besten Independant Bücher Bayerns 2020 ausgezeichnet.

MAX LOBE | Vertraulichkeiten
Aus dem Französischen von Katharina Triebner-Cabald
Roman | Originaltitel: Confidences, Editions ZOÉ 2016
Klappenbroschur 13,5 x 20 cm | 268 Seiten
€ 20 (D) | € 21 (A) | CHF 22
ISBN: 978-3-949554-07-0
Erschienen am 15. August 2022

Blick Bassy

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Verschiedenes

Jenseits von „afrikanischer Kunst“

Jenseits von „afrikanischer Kunst“
von Drew Thompson

Wie wird afrikanische Kunst heute definiert und ist die Kategorie noch relevant? Über den Rassismus der weißen Feldforschungsgeneration im Kunstbetrieb, die Ethnologie-Schublade und über die Post-Black ästhetische Praxis und Emanzipation.

In den letzten zehn Jahren haben Kunstinstitutionen und Museen in den USA versucht, Kurator:innen für ihre historischen afrikanischen Kunstsammlungen einzustellen – mit unterschiedlichem Erfolg. Im Jahr 2018 sah sich das Brooklyn Museum mit breiter Kritik von Aktivist:innen aus der Nachbarschaft und in den sozialen Medien konfrontiert, als es eine weiße Kuratorin für afrikanische Kunst einstellte. Dass die Stelle in Teilzeit ausgeschrieben, befristet und potenziell nicht verlängerbar war, schien von deutlich geringerer Bedeutung zu sein. Zwei Jahre später sahen sich das Brooklyn Museum und andere Museen vor dem Hintergrund von Black Lives Matter und einer Pandemie mit weiteren Herausforderungen konfrontiert. COVID-19 übte Druck auf die Museen aus, ihre Budgets zusammenzustreichen, was die Bemühungen um eine Erweiterung und Diversifizierung des Personals weiter ausbremste, während der zunehmende öffentliche Fokus auf Vorfälle wiederholter Polizeibrutalität gegen Schwarze und PoC die Forderung erneuerte, dass die kuratorischen und administrativen Teams der Museen die Gemeinschaften widerspiegeln sollten, in denen sie verortet sind und denen sie dienen wollen.

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im Original auf Englisch unter dem Titel „Outside the field of African art“ bei Africa is a Country.

Ein kritischer Punkt für afrikanische Kunst in den USA?

In diesem Zusammenhang stieß ich auf einen Artikel mit dem Titel „The Long View: Leadership at a Critical Juncture for ‚African Art‘ in America“ von der Kunsthistorikerin und Kuratorin für afrikanische Kunst, Susan Vogel. Der Artikel wurde in der akademischen Zeitschrift African Arts veröffentlicht, die von Fachkolleg:innen begutachtet wird und eine wichtige Rolle für das Fachgebiet spielt. Vogel ist Kuratorin, Kunsthistorikerin, Museumsdirektorin und Professorin mit mehr als 50 Jahren Berufserfahrung, die in einigen der bedeutendsten Kunstinstitutionen für das Studium und die Ausstellung afrikanischer Kunst in den USA tätig war, darunter das Metropolitan Museum of Art (Met), das Museum of African Art (jetzt Africa Center) sowie die Universitäten Yale und Columbia.

Der wichtigste Punkt in Vogels Artikel ist ihr Unmut über die derzeitige Stellung und den Zustand der Abteilungen für afrikanische Kunst in amerikanischen Museen. Sie stellt fest, dass in den derzeitigen kuratorischen Leitungen und Verwaltungen der Sammlungen afrikanischer Kunst Lücken klaffen, die dazu geführt haben, dass afrikanische Kunst aus der öffentlichen Wahrnehmung in den USA verschwunden ist. In den letzten Jahren wurden mehr als 16 Stellen für Kurator:innen für afrikanische Kunst ausgeschrieben. Nur fünf dieser Stellen wurden erfolgreich besetzt; viele Museen haben die Stellen anscheinend dauerhaft gestrichen. Vogel versucht, mehr Aufmerksamkeit auf diese Realität und auf die jüngsten Einstellungen zu lenken, da ihrer Meinung nach nur wenige außerhalb der Museumswissenschaften oder der Kunstgeschichte davon Notiz genommen haben. Vogel argumentiert, dass die afrikanische Kunst „aus dem Blickfeld verschwindet“. Sie schreibt, dass die US-Institutionen nicht über die notwendigen Kurator:innen verfügten, um historische Sammlungen zu pflegen, und dass sie auch nicht auf der von früheren Generationen geleisteten wissenschaftlichen Arbeit aufbauen könnten. Nach Vogels Einschätzung lassen die Direktor:innen und Kurator:innen von amerikanischen Museen mit Abteilungen für afrikanische Kunst ihre Sammlungen und das Publikum, dem sie dienen, im Stich, indem sie Kandidaten bevorzugen, die lediglich „mit der zeitgenössischen afrikanischen Kunst und Kultur vertraut sind.“

Eine ihrer provokativsten Aussagen ist, dass Abteilungen für afrikanische Kunst, selbst wenn sie eine:n Vollzeitkurator:in haben, nicht über das Fachwissen anderer Abteilungen wie denen für europäische und amerikanische Kunst verfügen: „Den afrikanischen Sammlungen ausschließlich, die Expertise anderer kuratorischer Abteilungen vorzuenthalten, ist nicht zu rechtfertigen und nicht respektvoll gegenüber dem Erbe, das sie repräsentieren.“ Für Vogel bedeutet dies, dass das Fachwissen in den Abteilungen für afrikanische Kunst jenem in anderen Abteilungen nachsteht, was das Ansehen der Abteilungen für afrikanische Kunst in den Museen weiter herabsetzt.

National Museum of African American History and Culture, Co

Personelle Veränderungen in amerikanischen Museen

Das Problem ist, dass Vogel, auch wenn sie sicher dachte, es sei hilfreich, in ihrem Essay stattdessen ein schlechtes Verständnis der zeitgenössischen Race-Thematik und des systematischen Rassismus in der afrikanischen Kunst offenbart. Zum einen blendet ihre Kritik die andere Seite der Kandidat:innen aus, gegen die sie sich wendet: In dem Zeitraum, in dem sie einen Niedergang sieht, haben US-Museumsinstitutionen mehr Menschen eingestellt, die sich als Schwarze identifizieren, als in den Jahren zuvor. Aber mehr noch, der Kern von Vogels Argumentation und Kritik liest sich eher wie die Frage: „Können Weiße noch afrikanische Kunst kuratieren?“ Eine sinnvollere Frage wäre gewesen: „Was ist afrikanische Kunst heute und spielt die Kategorie noch eine Rolle?“ Letztere lädt zu einer größeren Diskussion und Beteiligung ein, und das in einem Moment, in dem Institutionen versuchen, ihre Relevanz zu erhalten – im Gegensatz zu einer reduktionistischen, ausgrenzenden Frage, die auf eine verengte Vergangenheit blickt. Lassen Sie mich das erklären.

Culture Type, eine Online-Plattform samt Newsletter, die sich auf „die visuellen Künste aus einer Schwarzen Perspektive“ konzentriert, berichtet alle zwei Jahre in einer Kolumne mit dem Titel „On the rise“ über Neueinstellungen in amerikanischen Museen und Kultureinrichtungen. Im Jahr 2022 stellten das Brooklyn Museum, das Met und das Virginia Museum of Fine Arts prominente Mitarbeiter:innen im Bereich der afrikanischen Kunst ein, während weitere 63 US-Institutionen sich als Schwarze identifizierende Personen für eine Reihe von Kuratoren-, Verwaltungs- und Führungsaufgaben einstellten. Von 2020 bis 2021 haben 112 Institutionen ähnliche Einstellungen vorgenommen. Vogel berücksichtigt nicht, dass Menschen mit einer Ausbildung in oder einem Interesse an diesem Bereich in US-Institutionen in Führungspositionen aufgestiegen sind. Sie differenziert nicht nach neu geschaffenen Positionen, die eine komplexere Kulturlandschaft widerspiegeln, in der die afrikanische Kunst nur einer von vielen Bereichen ist.

So wurde beispielsweise 2021 in der National Gallery of Art in der US-Hauptstadt Washington, DC, erstmals ein Kurator für afroamerikanische und afrodiasporische Kunst eingesetzt. Mehrere Kurator:innen mit akademischer und professioneller Ausbildung in afrikanischer und afroamerikanischer Kunstgeschichte stiegen auf, um Abteilungen am Guggenheim Museum und der National Portrait Gallery der Smithsonian Institution zu leiten. Andere übernahmen die Leitung von führenden Institutionen wie dem California African American Museum, The Kitchen (im New Yorker Galerienviertel) und der Gund Gallery des Kenyon College. Diese Beispiele berücksichtigen noch nicht einmal die internationalen Entwicklungen, die ebenfalls von Bedeutung sind. Im Jahr 2020 gründete die Art Gallery of Ontario das Department of the Arts of Global Africa and the Diaspora; das weltberühmte Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona, die Whitechapel Art Gallery und die Chisenhale Gallery haben ebenfalls mutige Neueinstellungen von Schwarzen oder afrikanischen Kurator:innen vorgenommen.

Wer definiert, was „afrikanische Kunst“ ist?

Als kunsthistorischer und kuratorischer Bereich ist „afrikanische Kunst“ ein westliches Konstrukt und ein relativ neuartiges Phänomen in US-Museen, das nur bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Die Sammlung afrikanischer Kunst im Brooklyn Museum entstand beispielsweise unter der Leitung von Stewart Cullin, dem Gründungskurator der Abteilung für Völkerkunde. Cullin erweiterte die afrikanische Kunstsammlung des Museums durch den Ankauf von Objekten europäischer Händler:innen, und laut der Website des Museums stellte er häufig ethnografische Objekte als Kunstobjekte aus. Das Brooklyn Museum bezeichnet sich selbst als eines der ersten Museen in den USA, das afrikanische Kunst sammelte und ausstellte, womit es bereits in den frühen 1900er Jahren begonnen hat. Das Met gründete 1969 seine Abteilung für die Künste Afrikas, Ozeaniens und Amerikas, als Nelson Rockefeller der Sammlung 500 Objekte aus dem subsaharischen Afrika spendete. Im Jahr 1982 eröffnete das Met den Michael C. Rockefeller Wing, um diese Schenkungen in einer Dauerausstellung zu zeigen. (Übrigens begann Vogel ihre Karriere an Rockefellers Museum of Primitive Art, das 1954 gegründet wurde und ein Vorläufer der Met-Schenkung war).

Wie die Beispiele des Brooklyn Museums und des Met zeigen, stammen viele Objekte, die den Grundstock der Abteilungen für afrikanische Kunst in den US-Museen bilden, aus privaten Schenkungen wohlhabender Mäzen:innen und nicht aus gezielten Ankäufen durch Kurator:innen, wie es bei heutigen Neuzugängen meist der Fall ist. Diese Spender:innen hatten keine akademische und/oder kuratorische Ausbildung in diesem Bereich der afrikanischen Kunst. Dennoch bestimmen die Objekte, die sie den Museen schenkten, bis heute, was erforscht und ausgestellt wird.

Mehr noch, populäre und wissenschaftliche Darstellungen afrikanischer Kunst in den USA schweigen sich über die Rolle afroamerikanischer Sammler:innen aus, deren eigene ästhetische Gewohnheiten und Aktivitäten die Grundlage für Museumssammlungen und kunsthistorische Abteilungen an schon immer von Schwarzen dominierten Colleges und Universitäten wie Hampton und Howard und dem Spelman College bildeten. Die Verankerung der afrikanischen Kunstgeschichte in US-amerikanischen Museen und Bildungseinrichtungen war eine verspätete Reaktion auf Diskurse, die seit langem in den intellektuellen und kulturellen Traditionen der Schwarzamerikaner:innen, der Karibik und des Black Atlantic geführt wurden.

In ihrem Artikel über afrikanische Kunst datiert Vogel dieses Feld in den USA auf die 1960er und 1970er Jahre, als die Fachbereiche für Kunstgeschichte und Anthropologie an den Universitäten begannen, Lehrkräfte einzustellen, die sich mit der Kunst Afrikas befassten. Zu dieser Zeit traten auch die ersten Kurator:innen hervor, die in afrikanischer Kunst promoviert hatten. Doch schon lange vorher, bereits vom späten 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, debattierten schwarze Dichter:innen, Schriftsteller:innen, Theoretiker:innen, Künstler:innen und Aktivist:innen wie W.E.B. DuBois, Suzanne Césaire, Alain Locke und James Porter, um nur einige zu nennen, über die Vorzüge der Schwarzen Identität in Bezug auf die afrikanische Kunst. Schwarze Künstler wie Augusta Savage, Meta Warrick Fuller und Richmond Barthé arbeiteten mit Metall und integrierten die vielfältige Ikonografie und Bildsprache des afrikanischen Kontinents in ihre Werke des frühen 20. Jahrhunderts. Wie ihre europäischen Kollegen Henri Matisse und Pablo Picasso ließen sie sich von Holzmasken und Skulpturen des afrikanischen Kontinents inspirieren.

Vogel nimmt für sich eine weite Perspektive in Anspruch, die die Geschichte der afrikanischen Kunst bis zurück in die 1960er Jahre verfolgt, ohne anzuerkennen, dass diese Genealogie mindestens doppelt so lang ist. Darüber hinaus umfasst die Geschichte der afrikanischen Kunst in US-amerikanischen Museen und in der breiteren Kulturlandschaft nicht nur die europäische Avantgarde und die Modernisten, sondern auch den Platz der afrikanischen Kunst innerhalb der philosophischen Traditionen und künstlerischen Bewegungen der Schwarzamerikaner:innen, der Karibik und des Black Atlantic. Für Vogel sind die einzigen Orte, die für die Ausstellung afrikanischer Kunst von Bedeutung sind, Institutionen wie das Met. Dabei übersieht sie, wie alternative kulturelle Institutionen innerhalb Schwarzer Gemeinschaften die Kunst Afrikas unterstützten und sich mit ihr auseinandersetzten, und tut diesen Aspekt letztlich ab. Hinzu kommt, dass die Diversifizierung der kuratorischen Führung in den Vereinigten Staaten neue Möglichkeiten für einen besseren, stärkeren und gleichberechtigteren kulturellen Austausch mit Museen und Kunstinstitutionen in Afrika bietet.

Die Ethnologie-Schublade

Vogel äußert sich besorgt über die „berühmte historische Bildhauereitradition“ und deren Vernachlässigung zugunsten der weithin akzeptierten „zeitgenössischen afrikanischen Kunst und Kultur.“ Mit historischer Bildhauerei meint sie Kunstformen wie Skulpturen, Olifanten (mittelalterliche Jagdhörner) und Masken, die auf dem afrikanischen Kontinent größtenteils vor dem 20. Jahrhundert entstanden sind. Vogel befürwortet eine Praxis der Feldforschung, bei der Forschende in ländliche Gegenden reisen, um die Kunstproduktion zu beobachten und mit und unter den Kunstproduzent:innen zu leben, die untersucht werden. Vogel zufolge brachte diese Art der anthropologischen Feldforschung eine Kunstgeschichte hervor, „die auf der Beobachtung von Kunstwerken in situ und den persönlichen Beziehungen der Forscher:innen zu Kunstschaffenden und –nutzer:innen beruht.“ Viele Wissenschaftler:innen, die diesen methodischen Ansatz verfolgten, waren weiß – ein Merkmal, das von Vogel nicht erwähnt wird.

Für Vogel steht die zeitgenössische Kunst also im Gegensatz zur traditionellen. Indem sie anthropologische Methoden lobt, behauptet sie außerdem, dass jemand, der x Jahre in einem ländlichen Teil des Kontinents verbringt, über mehr Fachwissen und Autorität verfügt als jemand, der auf dem Kontinent aufgewachsen ist und mit lebenden Künstler:innen arbeitet. Vogel argumentiert, dass den Kurator:innen, die in letzter Zeit für die Leitung afrikanischer Kunstabteilungen ausgewählt wurden, das besondere Fachwissen der „Feldforschungsgeneration“ fehlt. Sie geht davon aus, dass bei ihrer Auswahl wenig Wert auf eine Ausbildung in traditioneller afrikanischer Kunst gelegt wurde, wie sie die „richtige“ Ausbildung definiert, sondern auf „andere Fähigkeiten, insbesondere in der Kommunikation, und eine Vertrautheit mit der zeitgenössischen afrikanischen Kunstkultur.“ Traditionell versus zeitgenössisch ist aus zwei Gründen eine falsche Dichotomie. Erstens geht sie davon aus, dass sich das Zeitgenössische nur auf das 20. Jahrhundert bezieht, insbesondere auf die Zeit nach 1950 (im Wesentlichen auf die gesamte Kunst nach der Unabhängigkeit des afrikanischen Kontinents von Europa), und auf das 21. Jahrhundert. Zweitens stützte sich die Feldforschungsgeneration auf lebende Künstler, um historische Werke zu studieren, und versäumt dabei anzuerkennen, dass diese in ihrer Zeit ja auch immer zeitgenössisch waren.

Es ist unklar, ob Vogel sich dessen bewusst ist, aber die Feldforschungsgeneration unter Kunsthistoriker:innen und Kurator:innen war fast ausschließlich weiß. In jüngerer Zeit haben die geisteswissenschaftlichen Disziplinen ihre Geschichte überdacht, und es ist unwahrscheinlich, dass Vogel diese Bewegung verpasst hat. Vieles an ihrer Kritik wirkt plump. Ihre Vision von afrikanischer Kunst konzentriert sich immer noch auf einen weißen Blick und verstärkt die Vorstellung, dass afrikanische Kunstschaffende den Wert ihrer historischen Kunsttraditionen für das westliche Publikum erst noch beweisen müssen. Produktiver wäre es, eine konzeptionelle und analytische Denkweise zu entwickeln, in der afrikanische Kunst ohne Rechtfertigung oder Entschuldigung entsteht. Die Verankerung in einer zeitgenössischen Kunstpraxis eröffnet wichtige Möglichkeiten für einen sinnvollen Austausch und eine dauerhafte Zusammenarbeit mit Personen und Institutionen auf dem Kontinent und in der Diaspora.

Zu überholten Voraussetzungen für eine Kurationskarriere

Um von US-Museen oder in der Wissenschaft im Bereich der afrikanischen Kunst anerkannt und erfolgreich angestellt zu werden, war früher ein Abschluss von einer der Ivy-League-Universitäten wie Harvard, Princeton, Yale und der Columbia University Voraussetzung. Die Schwierigkeiten, die eine Kurations- und Museumskarriere im Bereich der afrikanischen Kunst mit sich bringt, sind also nicht nur finanzieller Natur, denn außerhalb dieser Universitäten gab es überhaupt nur wenige Studiengänge für afrikanische Kunst. Erst 2012 stellte beispielsweise das Williams College (meine Alma Mater), das für sein Kunstgeschichtsprogramm und die Ausbildung von Museumsdirektor:innen bekannt ist, in Vollzeit einen Experten für afrikanische Kunst ein. Heutzuztage scheint diese Ivy League-Laufbahn nicht mehr der einzige Weg zu sein, sehr zu Vogels Leidwesen, wie es scheint. Sie äußert ihre Befürchtungen und fällt ihr Urteil, ohne sich überhaupt eingehend mit den Arbeiten dieser „neuen“ Generation von Kurator:innen zu befassen. Ihr vorschnelles Urteil macht jeden Nutzen einer Rückschau zunichte. Diese neu ausgewählten Kurator*innen sind noch nicht lange genug im Amt, damit man ihre Arbeit kritisch beurteilen kann. Ihre Institutionen haben sie mit langfristigen Neuausrichtungen ihrer Galerien für afrikanische Kunst und anspruchsvoller Provenienzforschung beauftragt. Bei Vogels Politik des Fachwissens geht es um Ressourcen und kulturelles Kapital. Auch wenn sie sich weigert, dies anzuerkennen, geht es dabei um Race, Gender und Marginalisierung – alles Bereiche, mit denen sich die kunsthistorische Disziplin und die Museumsberufe schwer getan haben.

Wenn Vogel schreibt, dass für Positionen in US-Museen „eher konventionelle Kandidaten übergangen“ wurden, muss der informierte Leser, der die Geschichte des Fachs und der Disziplin kennt, annehmen, dass sie „weiß“ meint. Andererseits hat man ohnehin den Eindruck, dass Vogel davon ausgeht, dass ihre Leser weiß sind und dass sie verstehen werden, dass sie weiß meint, und mit ihren Ansichten sympathisieren werden. Vogel nutzt ihr eigenes Fachwissen und ihre Erfahrung aus einem halben Jahrhundert, um offen darüber zu diskutieren, wer ihrer Meinung nach geeignet ist, afrikanische Kunst zu kuratieren. Noch besorgniserregender ist, African Arts Vogel eine Plattform bietet, um Kollegen, die im Rang niedriger stehen, zu verunglimpfen und niederzumachen. Vogels Äußerungen und die Veröffentlichung dieser Schrift durch African Arts veranschaulichen, was die Kulturtheoretikerin und Historikerin Saidiya Hartman als „die Verfahrensweisen der intellektuellen Disziplinen“ bezeichnet, die im Spiel sind, und die damit verbundene Ausübung von Gewalt. In ihrem Essay „Venus in zwei Akten“ versucht Hartman, etwas über Venus herauszufinden, das in den historischen Archiven nicht zu finden ist, und sie erklärt:

Die Romantik des Widerstands, die ich nicht zu erzählen vermochte, und das Ereignis der Liebe, das zu beschreiben ich mich weigerte, werfen wichtige Fragen darüber auf, was es bedeutet, historisch über Dinge nachzudenken, die in der Gegenwart noch umstritten sind, und über das Leben, das durch die Verfahrensweisen intellektueller Disziplinen ausgelöscht wird.

In Vogels „Dialog“ werden die Stimmen Schwarzer Frauen aus den USA und vom afrikanischen Kontinent auf verhängnisvolle Weise abgewertet und unterdrückt. Es ist kein Wunder, dass so viele der Wissenschaftler:innen, die Vogel angreift, die traditionelle kunsthistorische Perspektive vermeiden.

Wer definiert, was „afrikanische Kunst“ ist?

Wir befinden uns in einer Zeit, in der ein westlich institutionalisiertes Konstrukt wie afrikanische Kunst seine Lesbarkeit, Relevanz und Bedeutung verliert. Künstler:innen, die im Bereich der afrikanischen Kunst lange Zeit gemieden und in den Bereich der „zeitgenössischen Kunst“ verbannt wurden, haben diesen Moment bereits vorweggenommen, als sie sich in den 1980er und 1990er Jahren mit den Auswirkungen der Diskussionen über Multikulturalismus in Museen auseinandersetzen mussten. Viele dieser Künstler:innen machten sich das Konzept „post-black“ als alternativen Raum für kreatives Denken und ästhetische Praxis zu eigen. Die schwarze Kuratorin und Museumsdirektorin Thelma Golden hat diese Idee im Rahmen ihrer Ausstellungspraxis im Studio Museum in Harlem entwickelt und vorangetrieben. „Post-black“ ist ein Beispiel für eine alternative Tradition, die Vogel ins Visier nimmt, indem sie sich auf Politiken, die bestimmen, wer über Expertise verfügt, und wer nicht, beruft und dabei sowohl etablierte kuratorische Interventionen als auch wichtige wissenschaftliche Arbeiten verwirft. In ähnlicher Weise veranschaulichen die Schriften des verstorbenen Stuart Hall über zeitgenössische Kunst und Museen in Großbritannien, was bei Vogels Politik der Expertise auf dem Spiel steht. In seinem Essay „Museums of Modern Art“ befasst sich Hall mit den Grenzen bestimmter Kunstkonzepte und der Neigung, bestimmte Terminologien mit der Vorsilbe „post“ auszustatten:

Der Impuls, der einen bestimmten historischen oder ästhetischen Moment ausmacht, löst sich in der Form, in der wir ihn kennen, auf. Viele dieser Impulse werden auf einem neuen Terrain oder in einem neuen Kontext wieder aufgenommen, wobei einige der Grenzen verwischt werden, die unsere Beschäftigung mit einem früheren Moment relativ klar, gut abgegrenzt und leicht bewohnbar erscheinen ließen, und an ihrer Stelle neue Lücken, neue Zwischenräume entstehen.

Vogels Verständnis der Begriffe „afrikanische Kunst“, „traditionell“, „Experte“ und „Feld“ schließen Menschen und Meinungen aus, die nicht mit der traditionellen Geschichtswissenschaft übereinstimmen. Sie schränkt Definitionen von Schwarzsein und Afrikanischsein ein. So bergen Vogels Aussagen die Gefahr, dass sie in Bezug auf größere laufende Veränderungen, die außerhalb des Bereichs der afrikanischen Kunst stattfinden, irrelevant sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vogel für ein Feld plädiert, in dem ihr Fachwissen, ihre Stimme, ihre Laufbahn, ihr methodischer Ansatz und ihre Interpretationen von Bedeutung sind. Die jüngsten Personaleinstellungen durch Museen stellen Vogels Ansehen, ihre Weltsicht und ihre Fähigkeit, den Stellenwert afrikanischer Kunst in Museen und akademischen Einrichtungen zu bestimmen, in Frage. Eine solche Infragestellung und Kontrolle der Legitimität Schwarzer Wissenschaftler:innen und Kurator:innen in Museen und akademischen Einrichtungen ist nicht neu. Vielleicht sollten wir die afrikanische Kunst als Studienfach einfach auslaufen lassen. Die Kunst und die materielle Kultur des Kontinents sollten nicht in ein so spezifisches und einschränkendes Gefängnis verbannt werden. Die Herausforderung war und wird immer darin bestehen, nicht auf Vogels Köder hereinzufallen und feldbestimmende wissenschaftliche Traditionen fortzuführen und auszubauen. Goldens kuratorisches Konzept des „Post-Black“ und Suzanne Césaires Schriften zum Surrealismus, die sich schon seit langer Zeit außerhalb des Forschungsfeldes der afrikanischen Kunst entfaltet haben, sind Beispiele dafür, wie dies erfolgreich gelingen kann.

Drew Thompson ist Schriftsteller und Bildhistoriker am Bard Graduate Center in New York City. Er ist außerdem mitwirkender Redakteur bei Africa Is a Country. Übersetzt aus dem Englischen von DeepL und Lukas Valtin.

Bild im Header: Nkululeko Mayiyane, Unsplash

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Der kamerunische Musiker Blick Bassy ist in aller Munde. Über sein politisches Engagement und seine metaphysische Musik.

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