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Das Christentum und neue queere afrikanische Vorstellungswelten

Das Christentum und neue queere afrikanische Vorstellungswelten
von Adriaan van Klinken und Ezra Chitando

Ghana sorgt zuletzt weltweit für Schlagzeilen wegen eines neuen Anti-Homosexuellen-Gesetzes, das „bis zu 10 Jahre Gefängnis für LGBTQ+-Personen sowie für Gruppen und Einzelpersonen, die sich für ihre Rechte einsetzen“ vorsieht. Das als „schlimmstes Anti-LGBTQ-Gesetz aller Zeiten“ bezeichnete Gesetz könnte „Leben zerstören“, was angesichts der Vorfälle in anderen Ländern wie Uganda und Nigeria, die bereits ähnliche Gesetze verabschiedet haben, keine Übertreibung sein dürfte. (Ende Mai wurde eine Gruppe ghanaischer Aktivisten verhaftet, weil sie an einem LGBTQ-Workshop teilgenommen hatten. Sie wurden drei Wochen lang festgehalten und dann freigelassen. Möglicherweise werden sie noch strafrechtlich verfolgt.) Mehrere Kommentatoren erkennen die Hand des Weltkongresses der Familien, einer Organisation mit engen Verbindungen zur amerikanischen christlichen Rechten, in diesem jüngsten Vorstoß in Richtung Anti-LGBTQ-Gesetzgebung. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass der Gesetzentwurf vor Ort starke Unterstützung von religiösen Führern erhält, insbesondere von der einflussreichen Bruderschaft der Pfingstpastoren.

Die jüngsten Ereignisse in Ghana sind ein Beispiel für die Politisierung von Homosexualität und LGBTQ-Rechten auf dem afrikanischen Kontinent, ja sogar weltweit, und für die Rolle der Religion, insbesondere der populären christlichen Pfingstbewegung, bei der Förderung von Anti-LGBTQ-Kampagnen. Dies ist jedoch nicht die einzige Geschichte, die es zu erzählen gilt. So haben beispielsweise mehrere Länder in Afrika, zuletzt Botswana und Angola, Homosexualität entkriminalisiert. Auch in Bezug auf die Religion ist die Situation komplexer, als oft angenommen wird. Wie der Historiker Marc Epprecht in seinem Buch Sexualität und soziale Gerechtigkeit in Afrika unter Bezugnahme auf das Christentum, den Islam und die indigenen Religionen dargelegt hat: „Alle drei Glaubensgruppen in Afrika waren und sind historisch gesehen offener für die Akzeptanz sexueller Unterschiede, als allgemein angenommen wird.“

Das Hauptziel unseres kürzlich veröffentlichten Buches Reimagining Christianity and Sexual Diversity in Africa besteht darin, diesen Punkt speziell in Bezug auf das Christentum weiter zu untersuchen. Es stellt verallgemeinernde Darstellungen von „afrikanischer Homophobie“ und „religiöser Homophobie“ in Frage und lenkt die Aufmerksamkeit auf Diskurse und soziale Bewegungen, die in Afrika selbst entstehen und sich auf progressive Weise mit dem christlichen Glauben auseinandersetzen – zur Unterstützung der sexuellen Vielfalt und der Suche nach Gerechtigkeit für LGBTQ-Personen.

Das Buch beginnt mit einem Kapitel über den ehemaligen Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, der weltweit für sein Eintreten für die Rechte sexueller Minderheiten bekannt ist. Unmittelbar nach dem Ende der Apartheid, Mitte der 1990er Jahre, erklärte Tutu: „Wenn die Kirche nach dem Sieg über die Apartheid nach einem würdigen moralischen Kreuzzug sucht, dann ist es dieser: der Kampf gegen Homophobie und Heterosexismus.“ Diese Aussage ist bedeutsam, weil sie die Rolle anerkennt, die Kirchen und christliche Führer im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika gespielt haben, und das Potenzial religiöser Organisationen anerkennt, weiterhin zu einem progressiven sozialen Wandel beizutragen. Außerdem stellt sie den Kampf für die Rechte von Homosexuellen in eine längere Geschichte von Kämpfen für Gerechtigkeit. Tutu selbst lehnte die rassistische Apartheid-Ideologie und die Homophobie mit den schärfsten theologischen Worten ab: Er erklärte beide als Häresie und Blasphemie.

Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass die Kirche Tutus prophetischem Aufruf nicht nachgekommen ist. In Südafrika und anderswo auf dem Kontinent war und ist das Christentum häufig an Kampagnen gegen Homosexualität und LGBTQ-Rechte beteiligt. Es gibt zahlreiche Beispiele, etwa aus Ghana, in denen Kirchenführer ihren Einfluss nutzen, um Fragen der sexuellen Vielfalt zu einem zentralen öffentlichen Anliegen zu machen, und in denen biblische Rhetorik und Bilder die öffentlichen Debatten prägen. Bezeichnend ist, wie der legendäre Tutu von einem anglikanischen Bischofskollegen aus Nigeria, Emmanuel Chukwuma, kategorisch als „geistlich tot“ abgetan wurde, weil er die Rechte von Homosexuellen unterstützt.

Unser Buch enthält neun weitere Fallstudien über führende afrikanische Schriftsteller:innen, die das christliche Denken neu interpretieren, über mehrere christlich inspirierte Gruppen, die die religiöse Praxis verändern, und über afrikanische Künstler:innen, die sich auf kreative Weise christliche Glaubensinhalte und Symbole aneignen. Kurz gesagt, das Christentum ist eine wichtige Ressource für eine befreiende Vorstellung und Politik der Sexualität und sozialen Gerechtigkeit im heutigen Afrika. Denn wie Achille Mbembe betont hat, „hat der Kampf als Praxis der Befreiung immer einen Teil seiner imaginären Ressourcen aus dem Christentum bezogen“.

Ein Kapitel widmet sich der führenden afrikanischen feministischen Theologin Mercy Oduyoye aus Ghana, die ebenfalls bereits in den 1990er Jahren religiöse Homophobie entschieden anprangerte und zur Achtung sexueller Minderheiten in Afrika aufrief. Dann gibt es noch den kamerunischen Kirchenführer Jean-Blaise Kenmogne und den botswanischen Bibelwissenschaftler Musa Dube, für die Sexualität nicht nur ein Thema ist, sondern mit anderen Themen wie Rasse, Geschlecht, HIV und AIDS, Menschenrechte und Klimawandel verbunden und in eine progressive panafrikanische Vision des Menschseins eingebettet ist.

In der Kategorie der Organisationen und Bewegungen ist die Ökumenische HIV- und AIDS-Initiative und Advocacy zu nennen, ein vom Ökumenischen Rat der Kirchen eingerichtetes Programm mit starker afrikanischer Beteiligung, das Fragen der sexuellen Vielfalt in seine Arbeit zu HIV und AIDS einbezieht. Es gibt auch das „Fellowship of Affirming Ministries“, eine ursprünglich afroamerikanische Pfingstorganisation, die in den letzten Jahren in verschiedenen afrikanischen Ländern aktiv geworden ist, um eine „radikal inklusive“ Form des Christentums zu fördern und den Einfluss des weißen konservativen Evangelikalismus in Afrika zu bekämpfen.

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im Original auf englisch bei Africa is a Country unter dem Titel „Christianity and new queer African Imaginations.“

Und schließlich gibt es verschiedene Formen afrikanischer Kulturproduktion von Queers. Ihre kritische und kreative Auseinandersetzung mit christlicher Sprache, Symbolen und Bildern weist auf neue queere afrikanische Imaginationen hin. Die Arbeit von Kulturschaffenden u. a. in Nigeria und Kenia, die von Romanen (z. B. Chinelo Okparantas Unter den Udala Bäumen) und Gedichten (z. B. die Anthologie Walking the Tightrope) bis hin zu Erzählungen (z. B. Unoma Azuahs Sammlung Blessed Body) und Filmen (z. B. Rafiki) reicht, war in dieser Hinsicht entscheidend. Wichtig ist, dass das Christentum nicht nur in Form einer institutionalisierten Religion existiert, sondern auch als Teil der Populärkultur und der Kunst.

Unser Ton ist ein hoffnungsvoller, denn die Aktivist:innen und Organisationen, die wir besprechen, stehen für einen starken Optimismus, dass eine andere Welt möglich ist und bereits im Entstehen begriffen ist. Natürlich leugnet dies nicht die Tatsache, dass auch das Christentum tief in die Politisierung von Homosexualität und LGBT-Rechten in Afrika und anderswo verstrickt ist. Wir stellen jedoch die afrikanische Handlungsfähigkeit und das fortschrittliche religiöse Denken in den Vordergrund, um ein Gegengewicht zu den säkularen Ansätzen zu LGBT-Rechten in Afrika zu schaffen und die queere Theorie, Theologie und Politik zu dekolonisieren. Wir tun dies, um das „gemeinschaftsbildende, humanistische Potenzial“ des Glaubens zu erforschen und zu nutzen, einschließlich seines Potenzials, neue, queere afrikanische Vorstellungen zu stimulieren.

Adriaan van Klinken ist außerordentlicher Professor für Religion und Afrikastudien an der Universität Leeds und Autor von Kenyan, Christian, Queer: Religion, LGBT Activism, and Arts of Resistance in Africa.

Ezra Chitando ist Professor für Religionswissenschaften an der Universität von Simbabwe.

Blick Bassy

Der kamerunische Musiker Blick Bassy ist in aller Munde. Über sein politisches Engagement und seine metaphysische Musik.

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Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Musik

Amaarae – farbenfrohe Musik aus Ghana

Amaarae
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farbenfrohe, warme Klänge aus Ghana

Amaarae ist eine Künstlerin, die sich selbst durch Musik und Farben ausdrückt und vor allem Befreiung für junge Frauen darstellen will... und für Kids. Ja, das ist Amaarae.

Ama Serwah Genfi, die unter dem Künstlernamen Amaarae arbeitet, überzeugt in ihrem Debütalbum „Passionfruit Summers“ durch klanglichen Freigeist, kokette Melodien und leise, hypnotische Reflexionen. Die Ende 2017 veröffentlichte LP trieft vor üppigen, warmen Klängen und Amaaraes zarte Stimme singt von bittersüßer Sehnsucht, verlorener Liebe und Nostalgie.

Amaarae wurde als Lieblingskünstlerin von Apple Music Africa ausgezeichnet. 2019 veröffentlichte sie die Singles „Like It“ und „Spend Some Time“ und trat in Los Angeles, New York und Lagos auf. In der Musikszene in Ghana kann sie als eines der hellsten Sternchen der alternativen Musikszene jedoch am meisten brillieren:

In Accra haben wir eine Vielfalt in Bezug auf Rap, R&B, Neo Soul und die elektronische Szene, die wahnsinnig lebhaft ist, und wir sind wagemutig mit unserem Handwerk.

NATAAL.COM

Amaarae: The young Ghanaian songstress who stands out from the pack

Amaarae bei Instagram.

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Literatur

Die Spur des Bienenfressers

Die Spur des Bienenfressers
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Ein ghanaischer Krimi der Extraklasse

Sonokrom, ein Dorf im Hinterland Ghanas, hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert. Hier spricht man noch die Sprache des Waldes, trinkt aphrodisierenden Palmwein und wandelt mit den Geistern der Vorfahren. Doch eine verstörende Entdeckung und das gleichzeitige Verschwinden eines Dorfbewohners stören die ländliche Ruhe…

Für alle Krimifans haben wir heute einen besonders schönen Tipp: „Die Spur des Bienenfressers“ von Nii Parkes. In einem Dorf in der Nähe von Accra entdeckt eine junge Frau durch Zufall einen knochenlosen Haufen menschlicher Überreste. Da sie die Geliebte eines Ministers ist, schalten sich sofort höhere Beamte ein, die den Fall so schnell wie möglich lösen wollen. Kayo, ein junger Mann, der in einem biochemischen Institut in Accra arbeitet, aber eine Kriminaltechnik Ausbildung in Großbritannien absolviert hat, soll den Fall aufklären. Da sein Chef ihm hierfür allerdings nicht freigeben will, verhaftet die Polizei Kayo kurzerhand und schickt ihn zur Spurensicherung nach Sonokrom.

Inspektor Donkor lächelte. „Haben Sie sich CSI angeschaut?“ „Ja.“ „Das sind Sie.“ Er warf Kayo einen bedeutungsschwangeren Blick zu. Kayo runzelte die Stirn, immer noch perplex. „Ich hörte, Sie sind Kriminaltechniker.“ „Ja, bin ich.“ „Also, wir haben da einen Fall in einem Dorf in der Nähe von Tafo, bei dem wir Ihre Hilfe benötigen. Wir hätten uns gar nicht erst damit abgegeben, aber der Verkehrsminister schläft mit einer Tussi aus Tafo. Sie hat irgendwelche menschlichen Überreste entdeckt, und der Minister hat mich höchstpersönlich angerufen und gebeten, ein paar Leute dorthin zu schicken. Und jetzt will er Ergebnisse sehen.“ Der Inspektor klopfte mit dem Mittelfinger auf den Tischrand, als würde er Sekunden zählen. „Das Interesse des Ministers bedeutet eine gute Gelegenheit, sich befördern zu lassen. Und nicht nur eine Beförderung, auch Sonderzulagen sind die Lebensader des öffentlichen Dienstes. Unsere offiziellen Gehälter sind ein Witz.“ Er lachte herzhaft. Kayo war überrascht, wie melodiös sein Lachen klang. Wider Willen musste er lächeln.

Zwischen den in Sonokrom einfallenden Polizeibeamten aus der Hauptstadt und den bisher von Polizeigewalt verschonten und deswegen eher gleichgültigen Dorfbewohner:innen kommt es zu Reibungen: die Polizisten halten sich nicht an die Regeln des Anstandes und des Respektes und erhalten daher auch keinerlei Informationen. Kayo gelingt es, mit viel Feingefühl für die alten Sitten und die Bedeutungswelt der Menschen aus Sonokrom sein gesammeltes Beweismaterial durch die Geschichten und Mythen des Dorfes zu deuten.

Schriftsteller mit Hut
Nii Parkes,© Marianne San Miguel

Der junge Kriminaltechniker Kayo und der alte Jäger Opanyin Poku sind die zwei sich im Buch abwechselnden Narrative und stehen laut Nii Parkes symbolhaft für das Nebeneinander aus Sprachen, Kulturen und Bedeutungswelten von Menschen in afrikanischen Ländern und das Aufeinandertreffen von postkolonialem Stadtleben mit dem ‚außerkolonialen‘ Landleben, wie Parkes es nennt. Die Leserin, die zu Beginn der Geschichte wahrscheinlich ihre ganze Hoffnung für die Lösung des Falls in Kayos moderne Kriminaltechnik legt, versinkt mit ihm zusammen mehr und mehr in die entschleunigte und idyllische Welt Sonokroms, die voller Mythen und Geschichten steckt.

Oduro löste den Knoten in dem Tuch, das er sich um die Hüften gebunden hatte, und zog ein Fläschchen aus Holz hervor. „Da.“ Er hielt es über Kayos Kalebasse. Kayo runzelt die Stirn. „Was ist das?“ „Etwas aus der Rinde von Hwema. Macht den Wein stärker.“ Der Medizinmann schüttete zwei Tropfen in seine Kalebasse, nahm einen Zug und schmatzte mit den Lippen. Kayo hielt Oduro seine Kalebasse hin, um etwas davon abzubekommen, rührte seinen Wein mit dem Finger um und trank. Er wartete bis das, was er getrunken hatte, von seinem Magen aufgenommen war, und fühlte zuerst eine angenehme Schwere und dann die eigentliche Wirkung. Er fuhr sich langsam mit der Zunge über die Lippen. „Vater Oduro, das schmeckt wirklich prima! Heizt richtig ein!“ Oduro lehnte sich über den Tisch, packte Kayo an den Schultern und grinste. „Es ist auch ein Aphrodisiakum.“ Er lachte, bis er am ganzen Körper bebte und mit ihm auch Kayos Schultern. Das Gelächter wurde immer stürmischer und ansteckender und überwältigte schließlich auch Kayo. Er spürte, wie ihm plötzlich schwindelig wurde. Die Schatten im Raum schienen größer zu werden und mitzulachen, der Duft der Buschfleischsuppe breitete sich aus und kitzelte Augen und Gaumen mit seinen pfeffrigen Fingern. Schließlich hatte Kayo das Gefühl, mit Oduro zusammen im Raum zu schweben und auf die Kalebassen, die Menschen, die Suppentöpfe hinunterzublicken, die sich in einem Wirbel von Farben und Formen auflösten. Von draußen war ein fernes melodisches Xylophon zu vernehmen, dessen Töne vom Wind getragen wurden und wie ein Zauber die Nacht zu durchschneiden schienen.

Neben Parkes humorvollem Grundton und der liebevollen Beschreibung seiner Charaktere ist das Besondere an seinem Roman die Auflösung des Falles, die wir hier natürlich nicht verraten wollen, die einen aber zum Nachdenken bringt über den eigenen Wahrheitsbegriff und die Implikationen, die dieser für das eigene Leben hat. Als die Situation immer unfassbarer wird, müssen Kayo und sein Ermittler einsehen, dass westliche Logik und politische Bürokratie ihre Grenzen haben.

Der Jäger seufzte. „Für Sie ist das vielleicht die Geschichte, die Sie brauchen. Aber ob es die Wahrheit ist, kann ich nicht sagen. Ich habe einfach nur erzählt. Man muss sich auf dieser Welt genau überlegen, welche Geschichte man erzählt, denn davon hängt vieles ab. Zum Beispiel, wie wir leben.“ Garba klopfte auf den Rand seiner leeren Kalebasse einen Adowa-Rhythmus, hörte aber abrupt wieder auf. „Wenn ich was sagen darf…“ Er warf Kayo einen Blick zu, und Kayo nickte. „Ihr Älteren schickt uns im Kreis herum. Wenn wir Fragen stellen, antwortet ihr mit einem Sprichwort. Ich möchte dazu nur eines sagen. Ja, ich bin zwar Polizist, aber ich möchte keinen Ärger machen. Ihr Leute seid in Ordnung, total in Ordnung, …“ Garba hob die Hand, als wolle er verhindern, dass jemand sprach, während er Luft holte. „Wir wollen euch helfen. Mein Freund hier neben mir, Mr Kayo, weiß das vielleicht nicht, aber unser Chef ist total verrückt. Wenn wir ihm nicht irgendwas erzählen, wird das Dorf nie zur Ruhe kommen. Ich schwöre bei meiner Mutter, dass die Polizisten euch alle hier überleben werden, ‚tschuldigung, wenn ich das so sage. Also sucht euch eine Geschichte aus, die ihr erzählen wollt.“ Nach längerem Schweigen sagte Oduro: „Über das, was ihr hier gesehen oder gehört habt, könnt ihr mit keinem reden.“ Kayo runzelte die Stirn. „Und warum nicht?“ „Als ich euch wegschickte, um diese Sache im Bambus zu verbrennen, habt ihr mit dem Rauch einen Zauber eingeatmet. Wenn ihr das, was ihr hier gesehen oder gehört habt, jemandem erzählt, der nicht aus dem Dorf ist, wird es sich anhören, als würdet ihr weinen.“ „Wenn dem so ist, warum sagt ihr uns dann nicht einfach die Wahrheit?“ Kayo war selbst überrascht, als er mit der Handfläche auf den Tisch schlug. Oduro lächelte. „Geduld.“ Er legte seine Hand auf die Kayos. „Die Zeit ist noch nicht reif dafür.“

Nii Parkes selbst sagte hierzu in Interviews:

Als Wissenschaftler weiß ich selbst, dass der Glaube an die Vernunft seine Grenzen hat – wäre das nicht so, gäbe es keine Religion, keinen Weihnachtsmann. Ich bin der Meinung, dass Mythen und Geschichten zu einer vollständigeren »Wahrheit« führen können als wissenschaftlicher Vernunftglaube allein. Wir können nicht einer Wissenschaft, deren Lehrsätze auf Leerstellen gründen, die als Konstanten bezeichnet werden, einen so hohen Stellenwert zusprechen, ja sie sogar als einziges Erklärungsmodell für die ungelösten Rätsel der Welt betrachten – dafür ist die Menschheit viel zu komplex.

Nii Parkes stellt die alte Krimi-Formel ›Wer hat’s getan?‹ auf den Kopf. ›Was ist gestorben?‹ lautet die Frage hier, und Parkes konfrontiert seinen Helden mit einer Welt, in der Wissenschaft korrumpierbar und Wunderbares möglich erscheint. Kayo soll einen Tatverlauf konstruieren, der mit den gesicherten Beweismitteln übereinstimmt, doch beim Palmweintrinken mit den Dörflern erfährt er eine Geschichte, die die Herkunft des Dings in der Hütte auf fantastische Weise erklärt.

Geschichten, die Weisheit der Alten, die Macht der Mythen – das sind Schlüsselbegriffe in diesem Kriminalroman von Nii Parkes. Er lässt in seinem mit Wortwitz und Verve geschriebenen Buch zwei Lebenswelten kollidieren: die rasende, postkoloniale Realität des urbanen Ghana, mit ihrem Kapitalismus, der Korruption, den hilflos strampelnden Armen, arroganten Reichen und desillusionierten Rückkehrern; und die Welt der Dorfgemeinschaft, in der Tradition, Autoritäten und Magie noch lebendig sind.

Parkes schreibt voller Humor und voller Liebe für seine Figuren und für die eigenwilligen Charaktere einer archaisch anmutenden Welt. Dabei entwickelt er seine Geschichte dramaturgisch geschickt, beschleunigt sie bis in ein vergnügliches und dabei doch auch weises Finale. So kommt ›Die Spur des Bienenfressers‹ flott, unterhaltsam und gewinnend klug daher – einfach bestens nicht nur für ein Romandebüt.

Nii Ayikwei Parkes ist Schriftsteller, Herausgeber, soziokultureller Kommentator und Performance-Dichter. Er hat einen MA in kreativem Schreiben aus Birkbeck (University of London) und erhielt 2007 den nationalen ACRAG-Preis Ghanas für Poesie und literarische Interessensvertretung. „Die Spur des Bienenfressers“ war 2010 in der engeren Auswahl des Commonwealth-Preises. Parkes Werk wurde auf italienisch, französisch, chinesisch, niederländisch, deutsch und arabisch übersetzt. Seine neuesten Gedichtbände sind die Broschüre „Ballast: a remix“ (2009) und „The Makings of You“ (Peepal Tree Press).

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Africa Riding

Africa Riding

Africa Riding auf ARTE porträtiert die Community der „Riders“: unkonventionelle junge Afrikaner:innen, die sich für eine neue kulturelle und soziale Ordnung einsetzen. Von Ghana bis Ruanda, von Senegal bis nach Uganda – die Rider nehmen uns mit zu ihren „Playgrounds“: ramponierte Gehwege, verlassene Plätze, holprige Straßen oder versandete Pisten… Die vielen Hindernisse machen aus diesen Freigeistern wahre Krieger – auf dem Asphalt und im Leben.

Jackson ist der Vater des Skatesports im Osten Afrikas. 2005, als er sich noch kaum auf einem Brett halten konnte, baute er eine Rampe inmitten der Zuckerrohrplantage seiner Mutter im Slum Kitintale in Kampala. Heute ist der Skatepark Garant für sozialen Frieden, zieht die Jugendlichen der Umgebung und darüber hinaus an und stärkt so die sozialen Bindungen in der Gesellschaft.

Ibrahim ist nie ohne sein BMX-Rad unterwegs, das er aus Teilen von verschiedenen Märkten Kampalas zusammengebaut hat. Sein Lieblingsgelände ist der freie Platz hinter dem ugandischen Parlament. Ein symbolisches Augenzwinkern, damit seine Stimme gehört wird – die einer Jugend, die in einem Land mit eingeschränkter Redefreiheit mehr Rechte einfordert.

Kigali ist kein Hotspot für Rollerskater – noch nicht zumindest. Hier gibt es keine Halfpipes und keine Sprayer. Der Sport ist hier noch völlig unbekannt – und daher bietet auch ein Rollerskater wie Abdul Karim Habyarimana einen sehr seltenen Anblick. Vor allem, wenn er bei seinen akrobatischen Schussfahrten auf offener Straße ganz lässig die Autos überholt. Für Karim spielt sich das Leben auf acht Rollen ab: eine Einstellung, die er auch dem Rollerskating-Nachwuchs näherbringen will.

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