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Atlantique

Atlantique
von Mati Diop

Von Geistern der Liebe in Dakar

Der Atlantik ist ein Sehnsuchtsort für Ada (Mame Bineta Sané) und Souleiman (Ibrahima Traoré). Die beiden sind jung, schön und zum ersten Mal verliebt. Und obwohl ihr ganzes Leben noch vor ihnen liegt, befinden sich beide bereits in einer Sackgasse. Souleiman, der aus einer Arbeiterfamilie kommt und auf dem Bau schuftet, hat seit vier Monaten seinen Lohn nicht erhalten und ist deshalb hoch verschuldet. Ada soll von ihren Eltern an Omar (Babacar Sylla) verheiratet werden und in der arrangierten Ehe mit einem reichen Mann glücklich werden. Bevor diese tragische Liebesgeschichte sich jedoch entfaltet, ist Souleiman plötzlich weg, mit seinen Kollegen und Freunden in ein Boot gestiegen – auf der Suche nach einem besseren Leben auf den weiten, wilden Atlantik herausgefahren. Er und die anderen Bauarbeiter wollten nicht länger an dem futuristischen Gebäude bauen, das eine Zukunft suggeriert, die niemand von ihnen je haben wird.

Atlantique wurde von Netflix co-produziert und ist in OmU Fassung auf Netflix Deutschland verfügbar.

Erste Frau of Colour in Cannes

Angesichts von Frankreichs kolonialer Vergangenheit ist es wirklich erstaunlich, dass Regisseurin Mati Diop 2019 die erste Frau of Colour war, die mit ihrem Film für die Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes nominiert wurde. Denn Frankreich besetzte und veränderte auch den Senegal, Handlungsort von Atlantique, für immer. Die Franco-Senegalesin Diop wollte nach eigenen Aussagen einen Film über eine ganz bestimmte Zeitspanne zwischen 2002 und 2010 machen, in der junge Senegales:innen massenweise für eine bessere Zukunft Richtung Europa aufbrachen.

Die 1982 in Paris geborene Mati Diop stammt aus der berühmten senegalesischen Diop-Familie: Ihr Vater Wasis Diop ist Musiker und Songwriter, der für seine Mischung aus traditioneller senegalesischer Volksmusik mit moderner Popmusik und Jazz bekannt ist. Zudem ist sie die Nichte des Filmemachers und Schauspielers Djibril Diop Mambéty, der beim Kultfilm Touki Bouki Regie führte.

Mati Diop und der Cast von Atlantique in Cannes

Süddeutsche Zeitung

Verliebt in einen Geist – Umso enttäuschender ist es, dass der Streamingdienst Netflix, der den Film coproduziert hat, ihn in Deutschland ohne große Werbung in den Tiefen seiner Mediathek versenkt. Er hätte eine bessere Behandlung verdient. Nicht nur, weil er der Migrationsdebatte, von der die Europäer oft glauben…

Frauen als besessene Erzählerinnen

In Abwesenheit der Männer stehen in Atlantique die Frauen im Mittelpunkt, bis die Verschwundenen als Geister wieder auftauchen. Jeder kennt wahrscheinlich das Gefühl, buchstäblich krank zu sein vor Angst um einen geliebten Menschen. Diop zeigt, was passiert, wenn dieses Gefühl eine ganze Gesellschaft erfasst. Dass diese kollektive Erschütterung Symptom ist für globale Ungerechtigkeit, muss sie im Film nicht extra deutlich machen. Diop erzählt, wie Souleiman und die anderen verschwundenen Männer die zurückgeblieben Frauen als Geister heimsuchen. Die Besessenheit erlaubt ihnen nicht nur, Körper und Seelen zu tauschen, sondern setzt auch ungeahnte Kräfte in den Frauen frei, mit denen sie ihren Geliebten nachträglich zu Gerechtigkeit verhelfen. Sie sind besessen, aber es ist eine Besessenheit, die ihnen nicht nur erlaubt, Seelen und Körper zu tauschen und sich mit ihren abwesenden Geliebten zu vereinen. Sie setzt auch bei ihnen Kräfte frei, von denen sie nichts ahnten. Was auch immer den Männern geschehen ist: Ihr Versuch, das Leben in die eigene Hand zu nehmen, war nicht ganz vergebens.

Atlantique, Frankreich/Senegal/Belgien 2019 – Regie: Mati Diop. Buch: Olivier Demangel, Mati Dio. Kamera: Claire Mathon. Mit: Mama Sané, Ibrahima Traoré.

Blick Bassy

Der kamerunische Musiker Blick Bassy ist in aller Munde. Über sein politisches Engagement und seine metaphysische Musik.

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Pierre Thiam

Pierre Thiam
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ein kulinarischer Botschafter der westafrikanischen Küche

Man kennt ja leider nicht viele öffentlichkeitswirksame afrikanische Profiköche und -köchinnen. Deswegen stellen wir heute den Senegalesen Pierre Thiam vor, der sich mit seiner Kochkunst und seinem Engagement für die westafrikanische Cuisine als kulinarischer Botschafter versteht.

Von Dakar nach New York

Thiam wuchs in Dakar auf, wo er, wie er im folgenden Video erzählt, schon früh von einem Kochbuch seiner Mutter und den dort abgebildeten Köstlichkeiten so begeistert war, dass er wusste, er wollte Koch werden. Leider ist das im Senegal nicht so leicht, denn

als Junge hatte ich in der Küche nichts zu suchen. Ich durfte nicht hinein, denn im Senegal ist Kochen eine geschlechtsspezifische Aktivität, die Frauen vorbehalten ist. Das ist eine ernsthafte kulturelle Angelegenheit. Mittlerweile tut sich da aber was und es gibt auch männliche Profiköche.

Als Thiam wegen der Schließung seiner Uni in den USA weiter studieren musste, entdeckte er, dass er dort auch als Mann Zugang zu Küchen und Gastronomien hatte. Als er in den späten 80er Jahren in New York ausgeraubt wurde, beschloss er kurzerhand, sich einen Job in einem Restaurant zu suchen und nicht in den Senegal zurückzureisen. Er arbeitete sich als Koch in die New Yorker Restaurant Welt hoch und eröffnete zwei eigene Restaurants in Brooklyn. Das Yolele und das Le Grand Dakar sind heute zwei visionäre afrikanische Bistros, die zu kulinarischen und kulturellen Zentren für Afrikaner:innen vom Kontinent und aus der Diaspora geworden sind.

In den späten 80er Jahren, als ich dort ankam, gab es in New York kein afrikanisches Essen. Punkt. Vielleicht gab es nordafrikanisches Essen, das an mir vorüberging, aber definitiv kein westafrikanisches.

Inspiriert von einer Philosophie des ersten senegalesischen Präsidenten Senghor (der Dichter war), lebt und arbeitet Thiam nach einem Prinzip des neuen Humanismus, bei dem verschiedene Kulturen als gleichwertige an einem Tisch zusammenkommen und alle etwas Schönes beitragen. Als kulinarischer Botschafter möchte er jedoch nicht nur Menschen an einem Tisch vereinen und ihnen über das Kochen die westafrikanische Kultur näherbringen, sondern auch den vielen Profiköchen, die in Westafrika bescheiden in ihren häuslichen Küchen kulinarische Wunder vollbringen, eine Stimme geben.

Fonio - das afrikanische Quinoa

Screenshot aus Pierre Thiams Ted Talk: A forgotten ancient grain that could help Africa prosper

Während der Arbeit an seinem ersten Kochbuch reiste Thiam für neue Inspiration in den Senegal, wo man ihm in der weit von der Hauptstadt entfernten Region Kédougou ein uraltes Getreide zeigte, das schon lange vom Speiseplan der urbanen Senegales:innen verschwunden ist: Fonio. Traditionell wurde es zubereitet, wenn man Gäste aus dem Königshaus erwartete, deswegen wird es auch das Königsgetreide genannt. Thiam vermutet, dass es bei guter Vermarktung für Westafrika das bedeuten könne, was Quinoa für Peru und Chile bedeute. Ein Urgetreide, das glutenfrei, nahrhaft, schmackhaft und dürreresistent ist, könnte westafrikanischen Ökonomien große Abnehmer verschaffen.

The Guardian

Fonio: the grain that would defeat quinoa as king among foodies

Fonio wird seit mehr als 5000 Jahren in Afrika angebaut und wurde von Archäolog:innen sogar in ägyptischen Pyramiden gefunden, wo es als Grabbeilage genutzt wurde. Noch kosten 400 Gramm Fonio aus dem Senegal bei uns knapp 9 Euro, aber es lohnt sich, die Augen aufzuhalten um zu sehen, was Thiam als Advokat des Urgetreides erreichen wird.

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Africa Riding

Africa Riding

Africa Riding auf ARTE porträtiert die Community der „Riders“: unkonventionelle junge Afrikaner:innen, die sich für eine neue kulturelle und soziale Ordnung einsetzen. Von Ghana bis Ruanda, von Senegal bis nach Uganda – die Rider nehmen uns mit zu ihren „Playgrounds“: ramponierte Gehwege, verlassene Plätze, holprige Straßen oder versandete Pisten… Die vielen Hindernisse machen aus diesen Freigeistern wahre Krieger – auf dem Asphalt und im Leben.

Jackson ist der Vater des Skatesports im Osten Afrikas. 2005, als er sich noch kaum auf einem Brett halten konnte, baute er eine Rampe inmitten der Zuckerrohrplantage seiner Mutter im Slum Kitintale in Kampala. Heute ist der Skatepark Garant für sozialen Frieden, zieht die Jugendlichen der Umgebung und darüber hinaus an und stärkt so die sozialen Bindungen in der Gesellschaft.

Ibrahim ist nie ohne sein BMX-Rad unterwegs, das er aus Teilen von verschiedenen Märkten Kampalas zusammengebaut hat. Sein Lieblingsgelände ist der freie Platz hinter dem ugandischen Parlament. Ein symbolisches Augenzwinkern, damit seine Stimme gehört wird – die einer Jugend, die in einem Land mit eingeschränkter Redefreiheit mehr Rechte einfordert.

Kigali ist kein Hotspot für Rollerskater – noch nicht zumindest. Hier gibt es keine Halfpipes und keine Sprayer. Der Sport ist hier noch völlig unbekannt – und daher bietet auch ein Rollerskater wie Abdul Karim Habyarimana einen sehr seltenen Anblick. Vor allem, wenn er bei seinen akrobatischen Schussfahrten auf offener Straße ganz lässig die Autos überholt. Für Karim spielt sich das Leben auf acht Rollen ab: eine Einstellung, die er auch dem Rollerskating-Nachwuchs näherbringen will.

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