Dies ist die Geschichte einer historischen Stätte und einer einzigartigen kulturellen Tradition, die seit Jahrhunderten im Süden Äthiopiens existiert.
Meine erste Begegnung mit Anajina liegt über 20 Jahre zurück, als ich zum ersten Mal ein Foto in einer Zeitschrift sah, die mein Vater von seiner Reise nach Äthiopien mitgebracht hatte. Ich war beeindruckt von der Schönheit der Stätte, ihrer weißen Farbe und ihrer einzigartigen Architektur, ohne eine Ahnung von ihrer kulturellen oder religiösen Bedeutung zu haben.
Die Erinnerung an diese erste Begegnung kam im Juli 2016 zurück, als ich auf dem Flughafen Bale auf meinen Flug nach Frankreich wartete. Ich sah in einer Sammlung von Fotos touristischer Attraktionen Äthiopiens wieder diese faszinierende Stätte. Diesmal beschloss ich, eine Reise zu unternehmen und diesen Ort zu erkunden, nicht nur, um neue Gegenden in meinem Land kennenzulernen, sondern auch als Fotograf, der auf der Suche nach einer neuen, noch nicht erzählten Geschichte ist. Motiviert wurde ich auch durch die Tatsache, dass ich der erste äthiopische Fotograf sein würde, der visuell die Geschichte dieser Stätte erzählt. Schon viele ausländische Fotograf:innen hatten sich diesem Sujet gewidmet, doch es gab keine Arbeiten von lokalen Fotograf:innen. Nach vier Monaten Recherche und einer zweitägigen Reise von Addis Abeba aus erreichte ich den Ort.
Eine Pilgerstätte für Tausende
Tausende von Menschen aus vielen Teilen Äthiopiens strömen zweimal im Jahr nach Anajina, um zu Gott zu beten und an religiösen Ritualen teilzunehmen, um Segen und geistige Erneuerung zu erhalten. Dire Sheikh Hussein oder (Anajina), wie es in der Oromo-Sprache heißt, ist eine heilige Stätte in Bale, im südlichen Teil Äthiopiens. Sie stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist nach einem hoch verehrten und geachteten muslimischen Gelehrten namens Sheikh Nur Hussein benannt, der für seine religiösen Lehren, seine große Hingabe und seine bemerkenswerten Wundertaten bekannt war. Es wird geglaubt, dass Gott denjenigen, die die lange und tückische Reise durch Berge und Wüsten auf sich genommen haben, seit Jahren immer wieder beisteht.
Anajina ist jedoch einer großen Bedrohung durch diejenigen ausgesetzt, die eine puritanischere Version des Islams befürworten, während der Einfluss des Wahhabismus in der Region zunimmt.
Zur Zeit meiner Ankunft trafen viele Pilger:innen ein, um sich auf das Fest Eid Arafah vorzubereiten, eines der beiden jährlichen Feste in der Region.
Die Pilger kommen gewöhnlich am Nachmittag des ersten Tages in Anajina an, um die Feierlichkeiten am Abend und in der Nacht zu genießen. Sie rezitieren Gedichte, die Gott und Scheich Nur Hussein preisen, schmücken ihr Gesicht mit der weißen Kreide des Ortes als religiöse Pflicht zur Einhaltung der rituellen Praktiken und beten durch ihn zu Gott, in der Hoffnung, dass ihre Wünsche nach spiritueller Erneuerung bald erfüllt werden.
Anajina ist ein Ort der Wallfahrt, des Sufismus und der ästhetischen, architektonischen und sozialen Werte, die für die kulturelle Vielfalt in Äthiopien stehen.
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