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Jenseits von „afrikanischer Kunst“

Jenseits von „afrikanischer Kunst“
von Drew Thompson

Wie wird afrikanische Kunst heute definiert und ist die Kategorie noch relevant? Über den Rassismus der weißen Feldforschungsgeneration im Kunstbetrieb, die Ethnologie-Schublade und über die Post-Black ästhetische Praxis und Emanzipation.

In den letzten zehn Jahren haben Kunstinstitutionen und Museen in den USA versucht, Kurator:innen für ihre historischen afrikanischen Kunstsammlungen einzustellen – mit unterschiedlichem Erfolg. Im Jahr 2018 sah sich das Brooklyn Museum mit breiter Kritik von Aktivist:innen aus der Nachbarschaft und in den sozialen Medien konfrontiert, als es eine weiße Kuratorin für afrikanische Kunst einstellte. Dass die Stelle in Teilzeit ausgeschrieben, befristet und potenziell nicht verlängerbar war, schien von deutlich geringerer Bedeutung zu sein. Zwei Jahre später sahen sich das Brooklyn Museum und andere Museen vor dem Hintergrund von Black Lives Matter und einer Pandemie mit weiteren Herausforderungen konfrontiert. COVID-19 übte Druck auf die Museen aus, ihre Budgets zusammenzustreichen, was die Bemühungen um eine Erweiterung und Diversifizierung des Personals weiter ausbremste, während der zunehmende öffentliche Fokus auf Vorfälle wiederholter Polizeibrutalität gegen Schwarze und PoC die Forderung erneuerte, dass die kuratorischen und administrativen Teams der Museen die Gemeinschaften widerspiegeln sollten, in denen sie verortet sind und denen sie dienen wollen.

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im Original auf Englisch unter dem Titel „Outside the field of African art“ bei Africa is a Country.

Ein kritischer Punkt für afrikanische Kunst in den USA?

In diesem Zusammenhang stieß ich auf einen Artikel mit dem Titel „The Long View: Leadership at a Critical Juncture for ‚African Art‘ in America“ von der Kunsthistorikerin und Kuratorin für afrikanische Kunst, Susan Vogel. Der Artikel wurde in der akademischen Zeitschrift African Arts veröffentlicht, die von Fachkolleg:innen begutachtet wird und eine wichtige Rolle für das Fachgebiet spielt. Vogel ist Kuratorin, Kunsthistorikerin, Museumsdirektorin und Professorin mit mehr als 50 Jahren Berufserfahrung, die in einigen der bedeutendsten Kunstinstitutionen für das Studium und die Ausstellung afrikanischer Kunst in den USA tätig war, darunter das Metropolitan Museum of Art (Met), das Museum of African Art (jetzt Africa Center) sowie die Universitäten Yale und Columbia.

Der wichtigste Punkt in Vogels Artikel ist ihr Unmut über die derzeitige Stellung und den Zustand der Abteilungen für afrikanische Kunst in amerikanischen Museen. Sie stellt fest, dass in den derzeitigen kuratorischen Leitungen und Verwaltungen der Sammlungen afrikanischer Kunst Lücken klaffen, die dazu geführt haben, dass afrikanische Kunst aus der öffentlichen Wahrnehmung in den USA verschwunden ist. In den letzten Jahren wurden mehr als 16 Stellen für Kurator:innen für afrikanische Kunst ausgeschrieben. Nur fünf dieser Stellen wurden erfolgreich besetzt; viele Museen haben die Stellen anscheinend dauerhaft gestrichen. Vogel versucht, mehr Aufmerksamkeit auf diese Realität und auf die jüngsten Einstellungen zu lenken, da ihrer Meinung nach nur wenige außerhalb der Museumswissenschaften oder der Kunstgeschichte davon Notiz genommen haben. Vogel argumentiert, dass die afrikanische Kunst „aus dem Blickfeld verschwindet“. Sie schreibt, dass die US-Institutionen nicht über die notwendigen Kurator:innen verfügten, um historische Sammlungen zu pflegen, und dass sie auch nicht auf der von früheren Generationen geleisteten wissenschaftlichen Arbeit aufbauen könnten. Nach Vogels Einschätzung lassen die Direktor:innen und Kurator:innen von amerikanischen Museen mit Abteilungen für afrikanische Kunst ihre Sammlungen und das Publikum, dem sie dienen, im Stich, indem sie Kandidaten bevorzugen, die lediglich „mit der zeitgenössischen afrikanischen Kunst und Kultur vertraut sind.“

Eine ihrer provokativsten Aussagen ist, dass Abteilungen für afrikanische Kunst, selbst wenn sie eine:n Vollzeitkurator:in haben, nicht über das Fachwissen anderer Abteilungen wie denen für europäische und amerikanische Kunst verfügen: „Den afrikanischen Sammlungen ausschließlich, die Expertise anderer kuratorischer Abteilungen vorzuenthalten, ist nicht zu rechtfertigen und nicht respektvoll gegenüber dem Erbe, das sie repräsentieren.“ Für Vogel bedeutet dies, dass das Fachwissen in den Abteilungen für afrikanische Kunst jenem in anderen Abteilungen nachsteht, was das Ansehen der Abteilungen für afrikanische Kunst in den Museen weiter herabsetzt.

National Museum of African American History and Culture, Co

Personelle Veränderungen in amerikanischen Museen

Das Problem ist, dass Vogel, auch wenn sie sicher dachte, es sei hilfreich, in ihrem Essay stattdessen ein schlechtes Verständnis der zeitgenössischen Race-Thematik und des systematischen Rassismus in der afrikanischen Kunst offenbart. Zum einen blendet ihre Kritik die andere Seite der Kandidat:innen aus, gegen die sie sich wendet: In dem Zeitraum, in dem sie einen Niedergang sieht, haben US-Museumsinstitutionen mehr Menschen eingestellt, die sich als Schwarze identifizieren, als in den Jahren zuvor. Aber mehr noch, der Kern von Vogels Argumentation und Kritik liest sich eher wie die Frage: „Können Weiße noch afrikanische Kunst kuratieren?“ Eine sinnvollere Frage wäre gewesen: „Was ist afrikanische Kunst heute und spielt die Kategorie noch eine Rolle?“ Letztere lädt zu einer größeren Diskussion und Beteiligung ein, und das in einem Moment, in dem Institutionen versuchen, ihre Relevanz zu erhalten – im Gegensatz zu einer reduktionistischen, ausgrenzenden Frage, die auf eine verengte Vergangenheit blickt. Lassen Sie mich das erklären.

Culture Type, eine Online-Plattform samt Newsletter, die sich auf „die visuellen Künste aus einer Schwarzen Perspektive“ konzentriert, berichtet alle zwei Jahre in einer Kolumne mit dem Titel „On the rise“ über Neueinstellungen in amerikanischen Museen und Kultureinrichtungen. Im Jahr 2022 stellten das Brooklyn Museum, das Met und das Virginia Museum of Fine Arts prominente Mitarbeiter:innen im Bereich der afrikanischen Kunst ein, während weitere 63 US-Institutionen sich als Schwarze identifizierende Personen für eine Reihe von Kuratoren-, Verwaltungs- und Führungsaufgaben einstellten. Von 2020 bis 2021 haben 112 Institutionen ähnliche Einstellungen vorgenommen. Vogel berücksichtigt nicht, dass Menschen mit einer Ausbildung in oder einem Interesse an diesem Bereich in US-Institutionen in Führungspositionen aufgestiegen sind. Sie differenziert nicht nach neu geschaffenen Positionen, die eine komplexere Kulturlandschaft widerspiegeln, in der die afrikanische Kunst nur einer von vielen Bereichen ist.

So wurde beispielsweise 2021 in der National Gallery of Art in der US-Hauptstadt Washington, DC, erstmals ein Kurator für afroamerikanische und afrodiasporische Kunst eingesetzt. Mehrere Kurator:innen mit akademischer und professioneller Ausbildung in afrikanischer und afroamerikanischer Kunstgeschichte stiegen auf, um Abteilungen am Guggenheim Museum und der National Portrait Gallery der Smithsonian Institution zu leiten. Andere übernahmen die Leitung von führenden Institutionen wie dem California African American Museum, The Kitchen (im New Yorker Galerienviertel) und der Gund Gallery des Kenyon College. Diese Beispiele berücksichtigen noch nicht einmal die internationalen Entwicklungen, die ebenfalls von Bedeutung sind. Im Jahr 2020 gründete die Art Gallery of Ontario das Department of the Arts of Global Africa and the Diaspora; das weltberühmte Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona, die Whitechapel Art Gallery und die Chisenhale Gallery haben ebenfalls mutige Neueinstellungen von Schwarzen oder afrikanischen Kurator:innen vorgenommen.

Wer definiert, was „afrikanische Kunst“ ist?

Als kunsthistorischer und kuratorischer Bereich ist „afrikanische Kunst“ ein westliches Konstrukt und ein relativ neuartiges Phänomen in US-Museen, das nur bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Die Sammlung afrikanischer Kunst im Brooklyn Museum entstand beispielsweise unter der Leitung von Stewart Cullin, dem Gründungskurator der Abteilung für Völkerkunde. Cullin erweiterte die afrikanische Kunstsammlung des Museums durch den Ankauf von Objekten europäischer Händler:innen, und laut der Website des Museums stellte er häufig ethnografische Objekte als Kunstobjekte aus. Das Brooklyn Museum bezeichnet sich selbst als eines der ersten Museen in den USA, das afrikanische Kunst sammelte und ausstellte, womit es bereits in den frühen 1900er Jahren begonnen hat. Das Met gründete 1969 seine Abteilung für die Künste Afrikas, Ozeaniens und Amerikas, als Nelson Rockefeller der Sammlung 500 Objekte aus dem subsaharischen Afrika spendete. Im Jahr 1982 eröffnete das Met den Michael C. Rockefeller Wing, um diese Schenkungen in einer Dauerausstellung zu zeigen. (Übrigens begann Vogel ihre Karriere an Rockefellers Museum of Primitive Art, das 1954 gegründet wurde und ein Vorläufer der Met-Schenkung war).

Wie die Beispiele des Brooklyn Museums und des Met zeigen, stammen viele Objekte, die den Grundstock der Abteilungen für afrikanische Kunst in den US-Museen bilden, aus privaten Schenkungen wohlhabender Mäzen:innen und nicht aus gezielten Ankäufen durch Kurator:innen, wie es bei heutigen Neuzugängen meist der Fall ist. Diese Spender:innen hatten keine akademische und/oder kuratorische Ausbildung in diesem Bereich der afrikanischen Kunst. Dennoch bestimmen die Objekte, die sie den Museen schenkten, bis heute, was erforscht und ausgestellt wird.

Mehr noch, populäre und wissenschaftliche Darstellungen afrikanischer Kunst in den USA schweigen sich über die Rolle afroamerikanischer Sammler:innen aus, deren eigene ästhetische Gewohnheiten und Aktivitäten die Grundlage für Museumssammlungen und kunsthistorische Abteilungen an schon immer von Schwarzen dominierten Colleges und Universitäten wie Hampton und Howard und dem Spelman College bildeten. Die Verankerung der afrikanischen Kunstgeschichte in US-amerikanischen Museen und Bildungseinrichtungen war eine verspätete Reaktion auf Diskurse, die seit langem in den intellektuellen und kulturellen Traditionen der Schwarzamerikaner:innen, der Karibik und des Black Atlantic geführt wurden.

In ihrem Artikel über afrikanische Kunst datiert Vogel dieses Feld in den USA auf die 1960er und 1970er Jahre, als die Fachbereiche für Kunstgeschichte und Anthropologie an den Universitäten begannen, Lehrkräfte einzustellen, die sich mit der Kunst Afrikas befassten. Zu dieser Zeit traten auch die ersten Kurator:innen hervor, die in afrikanischer Kunst promoviert hatten. Doch schon lange vorher, bereits vom späten 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, debattierten schwarze Dichter:innen, Schriftsteller:innen, Theoretiker:innen, Künstler:innen und Aktivist:innen wie W.E.B. DuBois, Suzanne Césaire, Alain Locke und James Porter, um nur einige zu nennen, über die Vorzüge der Schwarzen Identität in Bezug auf die afrikanische Kunst. Schwarze Künstler wie Augusta Savage, Meta Warrick Fuller und Richmond Barthé arbeiteten mit Metall und integrierten die vielfältige Ikonografie und Bildsprache des afrikanischen Kontinents in ihre Werke des frühen 20. Jahrhunderts. Wie ihre europäischen Kollegen Henri Matisse und Pablo Picasso ließen sie sich von Holzmasken und Skulpturen des afrikanischen Kontinents inspirieren.

Vogel nimmt für sich eine weite Perspektive in Anspruch, die die Geschichte der afrikanischen Kunst bis zurück in die 1960er Jahre verfolgt, ohne anzuerkennen, dass diese Genealogie mindestens doppelt so lang ist. Darüber hinaus umfasst die Geschichte der afrikanischen Kunst in US-amerikanischen Museen und in der breiteren Kulturlandschaft nicht nur die europäische Avantgarde und die Modernisten, sondern auch den Platz der afrikanischen Kunst innerhalb der philosophischen Traditionen und künstlerischen Bewegungen der Schwarzamerikaner:innen, der Karibik und des Black Atlantic. Für Vogel sind die einzigen Orte, die für die Ausstellung afrikanischer Kunst von Bedeutung sind, Institutionen wie das Met. Dabei übersieht sie, wie alternative kulturelle Institutionen innerhalb Schwarzer Gemeinschaften die Kunst Afrikas unterstützten und sich mit ihr auseinandersetzten, und tut diesen Aspekt letztlich ab. Hinzu kommt, dass die Diversifizierung der kuratorischen Führung in den Vereinigten Staaten neue Möglichkeiten für einen besseren, stärkeren und gleichberechtigteren kulturellen Austausch mit Museen und Kunstinstitutionen in Afrika bietet.

Die Ethnologie-Schublade

Vogel äußert sich besorgt über die „berühmte historische Bildhauereitradition“ und deren Vernachlässigung zugunsten der weithin akzeptierten „zeitgenössischen afrikanischen Kunst und Kultur.“ Mit historischer Bildhauerei meint sie Kunstformen wie Skulpturen, Olifanten (mittelalterliche Jagdhörner) und Masken, die auf dem afrikanischen Kontinent größtenteils vor dem 20. Jahrhundert entstanden sind. Vogel befürwortet eine Praxis der Feldforschung, bei der Forschende in ländliche Gegenden reisen, um die Kunstproduktion zu beobachten und mit und unter den Kunstproduzent:innen zu leben, die untersucht werden. Vogel zufolge brachte diese Art der anthropologischen Feldforschung eine Kunstgeschichte hervor, „die auf der Beobachtung von Kunstwerken in situ und den persönlichen Beziehungen der Forscher:innen zu Kunstschaffenden und –nutzer:innen beruht.“ Viele Wissenschaftler:innen, die diesen methodischen Ansatz verfolgten, waren weiß – ein Merkmal, das von Vogel nicht erwähnt wird.

Für Vogel steht die zeitgenössische Kunst also im Gegensatz zur traditionellen. Indem sie anthropologische Methoden lobt, behauptet sie außerdem, dass jemand, der x Jahre in einem ländlichen Teil des Kontinents verbringt, über mehr Fachwissen und Autorität verfügt als jemand, der auf dem Kontinent aufgewachsen ist und mit lebenden Künstler:innen arbeitet. Vogel argumentiert, dass den Kurator:innen, die in letzter Zeit für die Leitung afrikanischer Kunstabteilungen ausgewählt wurden, das besondere Fachwissen der „Feldforschungsgeneration“ fehlt. Sie geht davon aus, dass bei ihrer Auswahl wenig Wert auf eine Ausbildung in traditioneller afrikanischer Kunst gelegt wurde, wie sie die „richtige“ Ausbildung definiert, sondern auf „andere Fähigkeiten, insbesondere in der Kommunikation, und eine Vertrautheit mit der zeitgenössischen afrikanischen Kunstkultur.“ Traditionell versus zeitgenössisch ist aus zwei Gründen eine falsche Dichotomie. Erstens geht sie davon aus, dass sich das Zeitgenössische nur auf das 20. Jahrhundert bezieht, insbesondere auf die Zeit nach 1950 (im Wesentlichen auf die gesamte Kunst nach der Unabhängigkeit des afrikanischen Kontinents von Europa), und auf das 21. Jahrhundert. Zweitens stützte sich die Feldforschungsgeneration auf lebende Künstler, um historische Werke zu studieren, und versäumt dabei anzuerkennen, dass diese in ihrer Zeit ja auch immer zeitgenössisch waren.

Es ist unklar, ob Vogel sich dessen bewusst ist, aber die Feldforschungsgeneration unter Kunsthistoriker:innen und Kurator:innen war fast ausschließlich weiß. In jüngerer Zeit haben die geisteswissenschaftlichen Disziplinen ihre Geschichte überdacht, und es ist unwahrscheinlich, dass Vogel diese Bewegung verpasst hat. Vieles an ihrer Kritik wirkt plump. Ihre Vision von afrikanischer Kunst konzentriert sich immer noch auf einen weißen Blick und verstärkt die Vorstellung, dass afrikanische Kunstschaffende den Wert ihrer historischen Kunsttraditionen für das westliche Publikum erst noch beweisen müssen. Produktiver wäre es, eine konzeptionelle und analytische Denkweise zu entwickeln, in der afrikanische Kunst ohne Rechtfertigung oder Entschuldigung entsteht. Die Verankerung in einer zeitgenössischen Kunstpraxis eröffnet wichtige Möglichkeiten für einen sinnvollen Austausch und eine dauerhafte Zusammenarbeit mit Personen und Institutionen auf dem Kontinent und in der Diaspora.

Zu überholten Voraussetzungen für eine Kurationskarriere

Um von US-Museen oder in der Wissenschaft im Bereich der afrikanischen Kunst anerkannt und erfolgreich angestellt zu werden, war früher ein Abschluss von einer der Ivy-League-Universitäten wie Harvard, Princeton, Yale und der Columbia University Voraussetzung. Die Schwierigkeiten, die eine Kurations- und Museumskarriere im Bereich der afrikanischen Kunst mit sich bringt, sind also nicht nur finanzieller Natur, denn außerhalb dieser Universitäten gab es überhaupt nur wenige Studiengänge für afrikanische Kunst. Erst 2012 stellte beispielsweise das Williams College (meine Alma Mater), das für sein Kunstgeschichtsprogramm und die Ausbildung von Museumsdirektor:innen bekannt ist, in Vollzeit einen Experten für afrikanische Kunst ein. Heutzuztage scheint diese Ivy League-Laufbahn nicht mehr der einzige Weg zu sein, sehr zu Vogels Leidwesen, wie es scheint. Sie äußert ihre Befürchtungen und fällt ihr Urteil, ohne sich überhaupt eingehend mit den Arbeiten dieser „neuen“ Generation von Kurator:innen zu befassen. Ihr vorschnelles Urteil macht jeden Nutzen einer Rückschau zunichte. Diese neu ausgewählten Kurator*innen sind noch nicht lange genug im Amt, damit man ihre Arbeit kritisch beurteilen kann. Ihre Institutionen haben sie mit langfristigen Neuausrichtungen ihrer Galerien für afrikanische Kunst und anspruchsvoller Provenienzforschung beauftragt. Bei Vogels Politik des Fachwissens geht es um Ressourcen und kulturelles Kapital. Auch wenn sie sich weigert, dies anzuerkennen, geht es dabei um Race, Gender und Marginalisierung – alles Bereiche, mit denen sich die kunsthistorische Disziplin und die Museumsberufe schwer getan haben.

Wenn Vogel schreibt, dass für Positionen in US-Museen „eher konventionelle Kandidaten übergangen“ wurden, muss der informierte Leser, der die Geschichte des Fachs und der Disziplin kennt, annehmen, dass sie „weiß“ meint. Andererseits hat man ohnehin den Eindruck, dass Vogel davon ausgeht, dass ihre Leser weiß sind und dass sie verstehen werden, dass sie weiß meint, und mit ihren Ansichten sympathisieren werden. Vogel nutzt ihr eigenes Fachwissen und ihre Erfahrung aus einem halben Jahrhundert, um offen darüber zu diskutieren, wer ihrer Meinung nach geeignet ist, afrikanische Kunst zu kuratieren. Noch besorgniserregender ist, African Arts Vogel eine Plattform bietet, um Kollegen, die im Rang niedriger stehen, zu verunglimpfen und niederzumachen. Vogels Äußerungen und die Veröffentlichung dieser Schrift durch African Arts veranschaulichen, was die Kulturtheoretikerin und Historikerin Saidiya Hartman als „die Verfahrensweisen der intellektuellen Disziplinen“ bezeichnet, die im Spiel sind, und die damit verbundene Ausübung von Gewalt. In ihrem Essay „Venus in zwei Akten“ versucht Hartman, etwas über Venus herauszufinden, das in den historischen Archiven nicht zu finden ist, und sie erklärt:

Die Romantik des Widerstands, die ich nicht zu erzählen vermochte, und das Ereignis der Liebe, das zu beschreiben ich mich weigerte, werfen wichtige Fragen darüber auf, was es bedeutet, historisch über Dinge nachzudenken, die in der Gegenwart noch umstritten sind, und über das Leben, das durch die Verfahrensweisen intellektueller Disziplinen ausgelöscht wird.

In Vogels „Dialog“ werden die Stimmen Schwarzer Frauen aus den USA und vom afrikanischen Kontinent auf verhängnisvolle Weise abgewertet und unterdrückt. Es ist kein Wunder, dass so viele der Wissenschaftler:innen, die Vogel angreift, die traditionelle kunsthistorische Perspektive vermeiden.

Wer definiert, was „afrikanische Kunst“ ist?

Wir befinden uns in einer Zeit, in der ein westlich institutionalisiertes Konstrukt wie afrikanische Kunst seine Lesbarkeit, Relevanz und Bedeutung verliert. Künstler:innen, die im Bereich der afrikanischen Kunst lange Zeit gemieden und in den Bereich der „zeitgenössischen Kunst“ verbannt wurden, haben diesen Moment bereits vorweggenommen, als sie sich in den 1980er und 1990er Jahren mit den Auswirkungen der Diskussionen über Multikulturalismus in Museen auseinandersetzen mussten. Viele dieser Künstler:innen machten sich das Konzept „post-black“ als alternativen Raum für kreatives Denken und ästhetische Praxis zu eigen. Die schwarze Kuratorin und Museumsdirektorin Thelma Golden hat diese Idee im Rahmen ihrer Ausstellungspraxis im Studio Museum in Harlem entwickelt und vorangetrieben. „Post-black“ ist ein Beispiel für eine alternative Tradition, die Vogel ins Visier nimmt, indem sie sich auf Politiken, die bestimmen, wer über Expertise verfügt, und wer nicht, beruft und dabei sowohl etablierte kuratorische Interventionen als auch wichtige wissenschaftliche Arbeiten verwirft. In ähnlicher Weise veranschaulichen die Schriften des verstorbenen Stuart Hall über zeitgenössische Kunst und Museen in Großbritannien, was bei Vogels Politik der Expertise auf dem Spiel steht. In seinem Essay „Museums of Modern Art“ befasst sich Hall mit den Grenzen bestimmter Kunstkonzepte und der Neigung, bestimmte Terminologien mit der Vorsilbe „post“ auszustatten:

Der Impuls, der einen bestimmten historischen oder ästhetischen Moment ausmacht, löst sich in der Form, in der wir ihn kennen, auf. Viele dieser Impulse werden auf einem neuen Terrain oder in einem neuen Kontext wieder aufgenommen, wobei einige der Grenzen verwischt werden, die unsere Beschäftigung mit einem früheren Moment relativ klar, gut abgegrenzt und leicht bewohnbar erscheinen ließen, und an ihrer Stelle neue Lücken, neue Zwischenräume entstehen.

Vogels Verständnis der Begriffe „afrikanische Kunst“, „traditionell“, „Experte“ und „Feld“ schließen Menschen und Meinungen aus, die nicht mit der traditionellen Geschichtswissenschaft übereinstimmen. Sie schränkt Definitionen von Schwarzsein und Afrikanischsein ein. So bergen Vogels Aussagen die Gefahr, dass sie in Bezug auf größere laufende Veränderungen, die außerhalb des Bereichs der afrikanischen Kunst stattfinden, irrelevant sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vogel für ein Feld plädiert, in dem ihr Fachwissen, ihre Stimme, ihre Laufbahn, ihr methodischer Ansatz und ihre Interpretationen von Bedeutung sind. Die jüngsten Personaleinstellungen durch Museen stellen Vogels Ansehen, ihre Weltsicht und ihre Fähigkeit, den Stellenwert afrikanischer Kunst in Museen und akademischen Einrichtungen zu bestimmen, in Frage. Eine solche Infragestellung und Kontrolle der Legitimität Schwarzer Wissenschaftler:innen und Kurator:innen in Museen und akademischen Einrichtungen ist nicht neu. Vielleicht sollten wir die afrikanische Kunst als Studienfach einfach auslaufen lassen. Die Kunst und die materielle Kultur des Kontinents sollten nicht in ein so spezifisches und einschränkendes Gefängnis verbannt werden. Die Herausforderung war und wird immer darin bestehen, nicht auf Vogels Köder hereinzufallen und feldbestimmende wissenschaftliche Traditionen fortzuführen und auszubauen. Goldens kuratorisches Konzept des „Post-Black“ und Suzanne Césaires Schriften zum Surrealismus, die sich schon seit langer Zeit außerhalb des Forschungsfeldes der afrikanischen Kunst entfaltet haben, sind Beispiele dafür, wie dies erfolgreich gelingen kann.

Drew Thompson ist Schriftsteller und Bildhistoriker am Bard Graduate Center in New York City. Er ist außerdem mitwirkender Redakteur bei Africa Is a Country. Übersetzt aus dem Englischen von DeepL und Lukas Valtin.

Bild im Header: Nkululeko Mayiyane, Unsplash

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Phases and Faces

Phases and Faces
von Sabo Kpade

Die Künstlerin Adulphina Imuede im Gespräch mit Sabo Kpade.

Als ausgebildete Malerin ist Imuede eine vielseitige Künstlerin, die mit Öl, Aquarell- und Acrylfarben gleichermaßen gekonnt arbeitet. Zum einen glaubt sie an die erlösende Kraft der Kunst und beschreibt ihren Prozess als therapeutisch. Sie ist eine leidenschaftliche Zeichnerin, die es genießt, die Spannungen und Freuden verschiedenen Formen der Malerei zu erforschen.

Geboren wurde sie in Auchi, Nigeria. Ihre Familie zog während ihrer Kindheit nach Lagos, da ihr Vater in den nigerianischen Staatsdienst musste. Sie wuchs in einer disziplinierten Militärfamilie auf. Dort entwickelte sie ihr Interesse am Zeichnen, da sie schon in jungen Jahren ein Ventil für unausgesprochene Gefühle und Sehnsüchte brauchte.

Nach Abschluss ihres Studiums der Malerei an der Universität von Lagos im Jahr 2016 schloss sie sich der 2018er Kohorte der Plattform „For Creative Girls“ an und arbeitete unter der Mentorschaft von Data Oruwari. Unter dieser Zeit erforschte Imuede neue Medien, um ihre Praxis zu entwickeln, um über die Grenzen des verfügbaren Raums hinauszugehen und persönliche Themen in ihre Arbeit einzubinden.

Seitdem haben sich ihre Technik, ihr Selbstbewusstsein, ihre persönliche Stimme und die verschiedenen Ebenen ihrer Identität weiterentwickelt. Sie verwendet Tusche, Aquarell, Gouache, Buntstifte, Acrylfarben und Kreidepastellkreide auf Papier, sowie Acryl auf Leinwand. Adulphina bringt verborgene Elemente der afrikanischen Geschichte ans Licht und verdeutlicht ihr persönliches Lebensgefühl.

Warum der Titel „Phases and Faces“?

Der Titel verdeutlicht, dass das Leben in verschiedenen Phasen abläuft und dass jeder von uns auf seine eigene Weise auf die jeweilige Phase reagiert. Je älter man wird, desto mehr erkennt man, dass man sich gerade in einem Kapitel seines Lebens befindet und dass die Zukunft weitere Kapitel bereithält, wie groß oder klein das Buch auch sein mag. Man blättert Seite für Seite weiter, bis man für das nächste Kapitel bereit ist.

Handelt es sich bei deinen Figuren um übertriebene Selbstporträts, um übertriebene Versionen realer Menschen oder sind es imaginäre Gestalten? 

Manchmal sind es bestimmte Personen, manchmal sind sie selbstreflexiv. Um ehrlich zu sein, hängt es ganz davon ab, woran ich arbeite: ob es etwas Persönliches ist oder etwas, das ich als Figur oder Thema darstellen möchte. 

Die Figuren werden in der Regel mit dem Gesicht nach vorne aufgenommen. Ist das visuell interessanter als Seiten-, Rücken- oder Vogelperspektiven?

Ich zeichne gerne Gesichter und Porträts, daher sind die meisten meiner Arbeiten Porträts, die das Gesicht und die Gesichtszüge einfangen.

Eloise, 2022

In einigen Gemälden wie „Emotions Are Like Colour Threads“ (2022) und „Many Moons“ (2022) haben Sie Texte eingefügt. Was hat dich zu dieser Entscheidung inspiriert?

Ich habe dies bereits in einigen Aquarellen getan, aber bisher noch nicht in größeren Werken. Das Schreiben ist ein Teil meines kreativen Prozesses und etwas, das ich schon immer gern gemacht habe. Ich glaube, dass ich während der Entstehung dieses Werks viel geschrieben habe, weil ich morgens meistens Tagebuch geführt habe und mir an manchen Tagen ein paar Worte eingefallen sind, von denen ich sofort wusste, dass ich sie aufschreiben muss, um sie nicht zu vergessen.

Gibt es einen Wettbewerb zwischen den Bildern und Texten in Bezug darauf, was dem/der Betrachtenden zuerst ins Auge fallen sollte?

Kein Wettbewerb. Die Texte sind ein Teil meines kreativen Prozesses. Manchmal ist es das, was ich gefühlt habe, und das wollte ich in meiner Arbeit teilen, weil ich glaube, dass ich schließlich ein Medium bin.

Blue Flame, 2022

Erstreckt sich dein Interesse an Texten auch auf das Schreiben von Prosa oder Lyrik aus?

Es sind alles meine Originaltexte. Einige stammen aus meinem Tagebuch, andere habe ich auf meinen Skizzenblock gekritzelt, während ich Skizzen machte. Ich schreibe auch ein bisschen Poesie und Prosa. Zurzeit versuche ich, konsequent Tagebuch zu führen, weil es den Fluss meines Schreibens fördert. Es ist, als würde man einen Kanal freilegen.

Was sind die technischen Besonderheiten dieser Gemäldegruppe?

Die Arbeit mit einer Mischung aus verschiedenen Medien. Ich erinnere mich, dass ich bei etwa drei Bildern mit wasserlöslicher Ölfarbe angefangen habe. Ich liebe Ölfarben, aber ich bin nicht geduldig, wenn es um das Trocknen der Farbe geht. Also bin ich auf Acryl umgestiegen, und ich fand es toll, dass ich andere Medien wie Tinte, Pastell, Kohle, Glitzerstaub und Lack sofort mit meinem Acryl verwenden konnte. Im Gegensatz zu Öl musste ich nicht tagelang warten, bis es trocken war. Dabei wurde mir klar, wie sehr ich es genieße, Medien zu mischen und zu experimentieren.

Healing, 2022

Du verwendest achteckige Leinwände in Gemälden wie „Pages“ (2022), „Pages II“ (2022) und „Pages III“ (2022). Ist dies eine Reaktion auf die Zwänge einer traditionellen rechteckigen Leinwand?

Das ist nichts Bedeutendes. Ich fand es einfach lustig und interessant. Ich glaube nicht, dass eine rechteckige Leinwand an sich irgendwelche Zwänge mit sich bringt. Es kommt ganz auf den Künstler:in und das Projekt an, an dem er/sie arbeiten möchte.

Überschreitest du die Grenzen der anerkannten Tradition, wenn du mit Texten und Rahmenformen experimentierst?

Nein, es geht mir nur darum, Kunst zu schaffen und zu erforschen. Im Allgemeinen denke ich, dass es keine Regeln gibt, wenn es um Kreativität geht. Probiere alles aus, wenn du kannst und wenn du willst, nicht weil du musst. Das hängt ganz von dir, deinen Ideen und deinem kreativen Prozess ab.

Many Moons (Pages), 2022

Warum haben nicht mehr Künstlerinnen und Künstler radikale Präsentationsformen für ihre Werke erprobt, als dies auf einer rechteckigen Leinwand möglich ist?

Rechteckige Leinwände sind beliebter und in der Regel leichter zugänglich und einfacher herzustellen als andere Formen, und es ist einfach, eine Komposition in dieser Form entweder im Quer- oder im Hochformat zu erstellen

Du verwendest eine Vielzahl von Motiven, darunter geflügelte Insekten in „A Girl From Mali“ (2022), Geleefische in „Emotions Are Like Colour Threads“ (2022) und spindeldürre Blätter in „House Hunting“ (2022). Was ist die Motivation hinter diesen Ideen?

Es sind Design-Entscheidungen, die auf der Komposition meiner Arbeit basieren. Meine größte Inspiration wird immer die Natur sein, Tiere und Pflanzen. Das hat einfach etwas Friedliches an sich. Als Kind habe ich mit meinem Vater gerne Wildlife-Kanäle gesehen, und ich bin nach wie vor von der Natur fasziniert. Außerdem bin ich ein Befürworter des massenhaften Pflanzens von Bäumen und des verstärkten Gebrauchs von Papiertüten anstelle von Plastiktüten. Ich finde es wichtig, dass das jeder tun sollte.

A Girl From Mali, 2022
A Girl From Mali, 2022

Wolkenmotive spielen in mindestens drei Gemälden eine große Rolle: „Eloise“ (2022), „How to Hold the Sun“ (2022) und „I Close My Eyes to Dream“ (2022). Soll dies eine Art von Verträumtheit darstellen?

Sie suggerieren Ruhe, Gelassenheit und ja, ein träumerisches Gefühl. Als ob der Kopf in den Wolken schwebt.

Warum machst du Kunst?

Jeder Tag, an dem ich etwas schaffe und mit anderen teile, ist ein Triumph. Ich wache jeden Tag auf und weiß, dass ich das tue, was mir am meisten am Herzen liegt. Es muss das sein, wofür ich hier bin, denn es bringt mir so viel Frieden.

Welche Erwartungen hast du an „Phases and Faces“?

Ich bete, dass es denjenigen, die es betrachten, Frieden bringt, und ich hoffe, dass die Texte diejenigen, die ihnen begegnen, inspirieren und motivieren.

Sabo Kpade ist Associate Writer bei Spread The Word und Redakteur bei Okay Africa.

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Geschichtskarten von keinem Ort

Geschichtskarten von keinem Ort
von Dina A. Ramadan

Im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings begann Julie Mehretu ein einjähriges Projekt, eine Serie großformatiger Gemälde mit dem Titel Mogamma (A Painting in Four Parts) (2012). Der Titel bezieht sich auf das imposante modernistische Regierungsgebäude, das oft fälschlicherweise der sowjetisch geprägten Nasser-Ära zugeordnet wird, tatsächlich aber 1949, also vor Nassers Herrschaft, errichtet wurde. Das am Rande des Tahrir-Platzes gelegene Gebäude steht für die übermächtige Bürokratie, die die Ägypter:innen unter ihrem enormen Gewicht erdrückt. In ähnlicher Weise verschlingen Mehretus vier vertikale Leinwände den Betrachter mit ihren verzerrten, sich verändernden Perspektiven; die Architekturzeichnung in der oberen Hälfte jedes Gemäldes steht auf dem Kopf und erzeugt einen Spiegeleffekt mit dem unteren Teil. Diese grundlegende architektonische Schicht enthält Details von ähnlichen Orten des Widerstands und der Revolution. Mehretu betrachtet diese Räume jedoch nicht als Bühnen, sondern als „Container“, die durch die sich überlagernden Geschichten geschaffen werden und deren Erzählungen durch die Ausbrüche von Tintenmarkierungen und Gesten, die über die Leinwand explodieren, unterbrochen werden. Der Tahrir-Platz – ein ungeplanter öffentlicher Raum, „die Ansammlung von übrig gebliebenen Räumen“, umgeben von Gebäuden, die verschiedene Momente der ägyptischen Geschichte festhalten – verkörpert die Art von archäologischer Ausgrabung, die die Künstlerin seit fast drei Jahrzehnten unternimmt.

Mehretus künstlerische Bilanz in der Mitte ihrer Laufbahn ist atemberaubend und immersiv. Nach einem Jahr, das von Enge und der Winzigkeit des Lebens geprägt war, wirkt das Werk monumental, nicht nur in seinem Umfang, sondern auch in der Weite und Tragweite seiner Vision und der Welt, die sie sich vorstellt. Ihre vielschichtigen Gemälde und Papierarbeiten befassen sich mit Fragen der Macht, der Überwachung, der Migration, des Krieges, der Vertreibung, des Klimawandels und der Globalisierung, wobei sie sowohl Möglichkeiten als auch Schmerz, Hoffnung und zerbrochene Träume festhalten. Indem sie auf ein breites Spektrum von Referenzen zurückgreift, lässt Mehretu geografische und historische Grenzen in Werken verschwinden, die sich gleichzeitig dringlich und aktuell, aber auch uralt und episch anfühlen. Im Laufe ihrer Karriere, in der sie sich der abstrakten Malerei verschrieben hat, hat Mehretu Annahmen über die anhaltende Relevanz und politische Bedeutung dieses Ansatzes in Frage gestellt. Als äthiopisch-amerikanische Frau widersetzt sie sich den Erwartungen, dass Künstler:innen of Colour gegenständliche Werke schaffen sollten, indem sie die Unterscheidung zwischen Figuration und Abstraktion überflüssig macht. (Die „Abwesenheit“ der Figuration in der „traditionellen“ nicht-westlichen Kunst wurde oft als Rechtfertigung für die Ablehnung dieser Praktiken herangezogen).

Nach ihrem Abschluss an der Rhode Island School of Design Mitte der 1990er Jahre begann Mehretu, ein kompliziertes und komplexes Lexikon zu entwickeln, das ein breit gefächertes Vokabular an Einflüssen enthält. In frühen Arbeiten wie Time Analysis of Character Behavior (1997) und Conflict Location Index (1997) führt die Künstlerin akribische Studien – fast wissenschaftliche Sezierungen – ihres experimentellen Systems von Gesten, Markierungen und Symbolen durch. Mithilfe von Diagrammen und Tabellen zeichnet sie die Bewegung und das Verhalten dieser Figuren auf, von denen jede unabhängig ist und ihren eigenen Weg in einem sorgfältig choreografierten Tanz geht.

In den frühen 2000er Jahren änderte sich Mehretus Arbeitsweise, als ihre Anliegen globaler wurden. Ihr Interesse an der Kartografie weitete sich aus und sie bezog Karten, Blaupausen und architektonische Pläne in die vielschichtige Landschaft ein, in der sich ihre früheren Figuren bewegen. Transcending: The New International (2003) verschmilzt Karten von Addis Abeba mit denen anderer afrikanischer Hauptstädte. Durch die Verwendung von Luftbildern einheimischer, modernistischer und internationalistischer Architekturstile spielt die Künstlerin mit der Perspektive, um diese Systeme zu verschmelzen und historische Bahnen zu durchbrechen. Die 1970 in der äthiopischen Hauptstadt geborene Mehretu hat oft über den Einfluss ihrer frühen Kindheit während des Moments panafrikanischer Möglichkeiten gesprochen, der dem Bürgerkrieg (1974-1990) vorausging. Transcending thematisiert die gescheiterten Versprechen afrikanischer dekolonialer Projekte und die anschließende Vereinnahmung dieser Träume, während sie gleichzeitig die Hoffnung anerkennt, die sie einst boten.

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im Original auf englisch unter dem Titel „Story maps of no location“ bei Africa is a Country.

In dieser Zeit wurden Bewegung und Migration zu zentralen Fragen für Mehretu. Retopistics: A Renegade Excavation (2001) erforscht die Mobilität in einer zunehmend globalisierten und transitorischen Welt; Nachzeichnungen von Flughafengrundrissen, U-Bahnsteigen und Bahnhöfen, verschiedene Räume des Transits und der Vorläufigkeit verschmelzen mit Teilen antiker Ruinen. Helle, kühne geometrische Formen schießen mit zentrifugaler Geschwindigkeit über die riesige Leinwand. Sie überlagern schwächere Kartierungen, schattenhafte Maquetten, die sich in ihren verwaschenen Blautönen langsamer zu bewegen scheinen. Aufgrund der enormen Größe des Gemäldes wird auch der Betrachter auf seinem Weg durch das Werk in diese vorübergehenden Prozesse einbezogen. Wenn man sich jedoch der Leinwand nähert, zerfällt das Gemälde, als ob seine Einheit nur aus der Ferne aufrechterhalten werden kann, wenn die Vielzahl der Schichten nicht vollständig zu sehen ist. Aus der Nähe ist die Retopistik voll von Details: Symbole, Markierungen, Funken, zarte ätherische Zeichnungen, die eine mythische Qualität verleihen. Diese Beziehung zwischen Maßstab und Detail ist vielleicht der bemerkenswerteste Aspekt von Mehretus hypnotisierenden Kartografien, ihren „Story Maps of No Location“. Ihre weitläufigen Landschaften entfalten sich ständig vor uns, offenbaren divergierende und desorientierte Perspektiven, schwindelerregende Details, die aufeinanderprallen und sich in alternative Geografien aufspalten.

Im Laufe ihrer Karriere sind Mehretus Leinwände immer dichter und undurchsichtiger geworden. In den seit 2016 entstandenen Arbeiten hat sie die Klarheit identifizierbarer architektonischer Zuordnungen aufgegeben und sie stattdessen als Erscheinungen integriert. In Epigraph, Damascus (2018), einem sechsteiligen Druck, kombiniert sie eine verschwommene Fotografie der zerstörten Hauptstadt mit architektonischen Zeichnungen der Gebäude der Stadt und einer Schicht aus grauen Markierungen und Gesten. Die dunkle, rauchige Farbpalette verfolgt das Werk und verleiht ihm eine gespenstische Qualität. Durch die Einbeziehung unscharfer Bilder – die aus Medienquellen stammen und dann mit Photoshop bearbeitet und beschnitten wurden – gräbt Mehretu das aus, was sie als „die DNA der Fotografie“ bezeichnet, um zu sehen, was nach all diesen Manipulationen noch durchscheint. In ähnlicher Weise verwischt die Künstlerin in Conjured Parts (Eye), Ferguson (2016), das von der Komposition antiker Gedenktafeln inspiriert ist, eine Schwarz-Weiß-Fotografie der Polizei, die gewaltsam gegen Demonstranten vorgeht, und malt sie in das Werk hinein. Als Teil einer Serie, in der jedes Werk mit einem Körperteil und einer Stadt betitelt ist, durchdringt die viszerale und körperliche Natur der Gewalt und die Missachtung Schwarzer und brauner Körper das Werk. Dieses Gefühl der Beunruhigung wird jedoch durch ein Spiel mit Licht und Schatten erzeugt, denn solche Schrecken können weder dargestellt noch lesbar gemacht werden.

Dina A. Ramadan lehrt am Bard College in Berlin moderne und zeitgenössische Kulturproduktion des Nahen Ostens.

Bild im Header: Julie Mehretu, „Stadia II,“ 2004. Courtesy of the artist.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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Internationale Diebe!

Internationale Diebe!
von Lily Saint

Rückgabe von Benin-Bronzen nach Nigeria

Die Bundesrepublik plant, ab 2022 Benin-Bronzen, jahrhundertealte Skulpturen aus dem heutigen Nigeria, die während der Kolonialzeit entwendet wurden und sich massenhaft in europäischen Museen befinden, zurückzugeben. Es darf auch in anderen Ländern keine falschen Rechtfertigungen mehr dafür geben, Benin-Bronzen und andere geraubte Materialien in Museen außerhalb Afrikas aufzubewahren. Ein Kommentar.

1909 nahm sich Sir Ralph Denham Rayment Moor, Generalkonsul des britischen Südnigerianischen Protektorats, mit Zyanid das Leben. Elf Jahre zuvor, nach dem britischen „Strafangriff“ auf den königlichen Hof in Benin City, hatte Moor dabei geholfen, Beute aus Benin City in die Privatsammlung von Königin Victoria und in das britische Außenministerium zu bringen. Zu den von Moor und vielen anderen erbeuteten Materialien gehören die heute berühmten Messingreliefs, die die Geschichte des Benin-Königreichs darstellen – bekannt als die Benin-Bronzen. Hinzu kommen Gedenkköpfe und -tafeln aus Messing, geschnitzte Stoßzähne aus Elfenbein, Zier- und Körperschmuck, Heil-, Wünschel- und Zeremonialobjekte sowie Helme, Altäre, Löffel, Spiegel und vieles mehr. Moor behielt auch Dinge für sich selbst, darunter die Königinmutter Maske aus Elfenbein. Nach Moors Selbstmord erwarb der britische Ethnologe Charles Seligman, berühmt für die rassistische „Hamitische Hypothese“, die vielen frühen eugenischen Gedanken zugrunde lag, genau diese Maske, eines von sechs bekannten Exemplaren. Zusammen mit seiner Frau Brenda Seligman, die selbst Anthropologin war, trug Charles eine riesige Sammlung „ethnographischer Objekte“ zusammen. 1958 verkaufte Brenda die Maske der Königinmutter für 20.000 Pfund an Nelson Rockefeller, der sie in seinem inzwischen aufgelösten Museum of Primitive Art ausstellte, bevor er sie 1972 an das Metropolitan Museum of Art verschenkte. Dort habe ich sie diese Woche in New York City besichtigt – und wie Dan Hicks kürzlich in einem Tweet anmerkte, besteht eine gute Chance, dass sich ein Gegenstand aus dem Hof von Benin auch in der Sammlung eines regionalen, universitären oder nationalen Museums in Ihrer Nähe befindet, wenn Sie diesen Kommentar im globalen Norden lesen.

Für Hicks, den Autor von The Brutish Museums: The Benin Bronzes, Colonial Violence and Cultural Restitution, ist diese Provenienzgeschichte der Königinmutter Maske – und jede einzelne andere Geschichte des Erwerbs und Transfers von Objekten aus Benin City in Museen in der „entwickelten“ Welt – eine Geschichte, die mit Gewalt beginnt und endet. Tatsächlich entstand die Kategorie der ethnographischen Museen im 19. Jahrhundert genau aus der dämonischen Allianz zwischen anthropologischer Forschung und kolonialer Plünderung. Im Jahr 1919 bemerkte ein deutscher Ethnologe, dass „die Kriegsbeute, die bei der Eroberung von Benin gemacht wurde, … die größte Überraschung war, die das Feld der Ethnologie jemals erhalten hatte“. Diese sogenannte Kriegsbeute untermauerte die Daseinsberechtigung dieser Museen: das Sammeln und Ausstellen nicht-westlicher Kulturen als Beweis für den „europäischen Sieg über ‚primitive‘, archäologische afrikanische Kulturen.“ Die Gründung ethnographischer Museen, einschließlich des Pitt Rivers Museum in Oxford, wo Hicks derzeit arbeitet, „haben Morde, kulturelle Zerstörungen und Diebstähle mit der Propaganda der Rassenwissenschaft [und] mit der Normalisierung der Ausstellung menschlicher Kulturen in materieller Form verbunden“. Für Hicks ist die fortgesetzte Zurschaustellung dieser gestohlenen Objekte in schlecht beleuchteten Kellerräumen, hochmodernen Vitrinen und Privatsammlungen eine „andauernde Brutalität … die jeden Tag aufgefrischt wird, an dem ein Anthropologiemuseum … seine Türen öffnet.“

Nach diesem Buch kann es keine falschen Rechtfertigungen mehr dafür geben, Benin-Bronzen in Museen außerhalb Afrikas aufzubewahren, und auch keine weiteren Behauptungen, dass neue Ansätze im Wandel der Zeit ausreichen, um Kunstobjekte zu rekontextualisieren. Dieses Buch leitet einen eigenen Paradigmenwechsel in der Museumspraxis, im Sammeln und in der Ethik ein. Es gibt zwar schon frühere Argumente für die Rückgabe von Beständen westlicher Museen an afrikanischer Kunst (vor allem Felwine Sarr und Bénédicte Savoys Bericht zur Rückgabe afrikanischer Kulturgüter), aber der Umfang von Hicks‘ Argumentation ist außergewöhnlich. In einem Kapitel nach dem anderen lässt er die Belagerung Benins und ihr Nachleben in Museen auf der ganzen Welt Revue passieren, wobei er geschickt zwischen historischen Perspektiven und konzeptionellen Rahmenüberlegungen wechselt. Aus Hicks‘ detailliertem Anhang erfahren wir, dass diese gestohlenen Objekte in etwa 161 verschiedenen Museen und Galerien weltweit zu finden sind, vom British Museum bis zum Louvre in Abu Dhabi, mit nur 11 auf dem afrikanischen Kontinent.

Einen Teil des Buches widmet Hicks einer Art konventioneller Geschichtsschreibung, indem er nachzeichnet, wie die „Strafexpedition“ gegen Benin von einer Reihe von Personen und Institutionen in Aktiengesellschaften, dem Militär, der britischen Regierung und der Presse gerechtfertigt, geplant und finanziert wurde. Die britische „Expedition“ von 1897 nach Benin City im heutigen Nigeria wurde von den Briten als notwendige „strafende“ Reaktion auf die Ermordung von mindestens vier weißen Männern verteidigt. Diese Männer waren ermordet worden, als sie versuchten, in die Stadt Benin zu gelangen, obwohl der Oba ihnen zuvor strikt untersagt hatte, die Stadt zu betreten, da ihnen sonst der Tod drohen würde. Hicks zeichnet nach, wie die Briten regelmäßig Gründe für diese Art von Vergeltungsgewalt fabrizierten (oft sogar im Namen der Abolition), um zu verschleiern, was in Wirklichkeit eine Verkettung von sich überschneidenden „Kleinkriegen“ und Strafexpeditionen war, die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen.

Africa is a Country

Dieser Artikel erschien im englischen Original bei Africa is a Country unter dem Titel „International thief thief“

Eine Anhäufung von Details nach der Hälfte des Buches – die Manöver und Angriffslinien, die Kataloge von Offizieren, Hausa-Soldaten und Trägern, das Gewicht und die Anzahl und Typen von Gewehren und anderen Waffen – lässt es in der Mitte ein wenig durchhängen. Während dies die Aufmerksamkeit derjenigen Leser wecken wird, die daran interessiert sind, die ultragewalttätigen Abgründe des Kolonialismus und seine eklatante Missachtung der rechtlichen Grenzen dessen, was im Krieg erlaubt war, auszuloten (wir erfahren zum Beispiel von Kugeln, die abgefeilt wurden, „um sie in expandierende Kugeln umzuwandeln [um] eine größere Wunde zu verursachen, wenn sie ein menschliches Ziel trafen“), empfehle ich denjenigen, die am meisten an Hicks‘ Argumenten über das ethnographische Museum heute interessiert sind, die letzten Kapitel zu überspringen.

Denn schließlich erzählen Hicks‘ Details eine Geschichte, die in verschiedenen Inkarnationen leidvoll erzählt und wiedererzählt wurde: eine Erzählung von Extraktion, Ultragewalt, Rassismus. Der eindringlichste Beitrag von The Brutish Museums liegt letztlich in Hicks‘ Einschätzung und Verurteilung des gegenwärtigen Zustands des Museumskuratoriums, insbesondere in anthropologischen Museen und verwandten Institutionen.

Die Komplizenschaft von Museumskuratoren und -mitarbeitern bei den Bemühungen, die Plünderungen zu rechtfertigen, ist nicht auf die frühen Sammler und Anthropologen beschränkt. Hicks beklagt die rhetorischen Tricks zeitgenössischer Kuratoren und Museumsbeamter, die das Problem, das den Erwerbungen der Museen zugrunde liegt, beschönigen, indem sie stattdessen argumentieren, dass Museen zu „internationalen“, „grenzenlosen“ und „universellen“ Räumen geworden sind, die die „Weltkultur“ präsentieren. Diese Behauptungen, dass eine Art internationale Inklusivität unter dem Banner des „Universalmuseums“ herbeigeführt werden kann und dass dies ausreicht, um die den Sammlungen selbst innewohnenden Verletzungen zu beheben, lassen die Tatsache außer Acht, dass solche Rahmen nichts dazu beitragen, die koloniale geografische Logik von Metropole und Peripherie zu überwinden, die die Museen überhaupt erst ins Leben gerufen hat.

The British Museum.

Hicks wendet sich auch gegen die Liebesaffäre der Kunstgeschichte mit den Object Studies, einem Feld, das die Bedeutung eines Objekts hauptsächlich durch seinen Kontext und seine Rezeption bestimmt sieht. Wie er betont, erlaubt uns dies oft, ein Objekt von den (oft gewaltsamen) menschlichen Geschichten zu lösen, die diese neueren Bedeutungen hervorgebracht haben. Der Missbrauch von Mary-Louise Pratts Konzept der „Kontaktzone“ als Mittel zur Organisation von Museumssammlungen gerät unter ähnlichen Beschuss, da Kuratoren es benutzt haben, um koloniale kulturelle Begegnungen als Austausch und „Verstrickungen“ zu betonen, anstatt als Beziehungen der Unterordnung und Plünderung unter Zwang.

Heute bekennt Hicks: „Eine Zeit des Nehmens weicht einer Zeit des Gebens.“ Wie Greer Valley betont hat, gab es endlose Debatten; Handeln ist der einzig mögliche Weg nach vorne. Einige Museen und Galerien sind dem Aufruf zur Rückführung gestohlener materieller Kultur gefolgt, und Museen wie das senegalesische Museum of Black Civilizations in Dakar und das bald entstehende Edo Museum of Western African Art in Benin City (entworfen vom Architekten David Adjaye) zeigen, dass sich sowohl auf der Ebene des Handelns als auch der Idee Veränderungen vollziehen.

Um die Rückführung zu beschleunigen und zu standardisieren, müssen vor allem die Museen mehr Transparenz über ihre Bestände zeigen. Hicks merkt an, dass „es … derzeit unklar ist, wie viele Schädel und andere menschliche Überreste aus Benin in Museen und Privatsammlungen überleben – obwohl mindestens fünf menschliche Zähne 1897 ihren Weg von Benin-Stadt nach London fanden und nun im British Museum in einem Wahrsagekasten, an einer Kette aufgereiht und in einer Messingmaske enthalten sind.“ Es ist für mich nicht ersichtlich, warum Museen nicht in der Lage sind, angemessen darüber zu berichten, welche Objekte sie haben und wie sie dazu gekommen sind. In den jüngsten Debatten in den USA über menschliche Überreste, die im Archäologie- und Anthropologiemuseum der University of Pennsylvania, im Smithsonian, an der Harvard University und anderswo aufbewahrt werden, werden regelmäßig ähnliche Hürden für diese Probleme der Zählung von Sammlungen aufgestellt. Aber die Kataloge müssen klar sein und öffentlich gemacht werden, und die Museen müssen sich sowohl in materieller als auch in ethischer Hinsicht verantworten. Dies, das wissen sie inzwischen alle, bedeutet, dass der erste notwendige Schritt darin besteht, zurückzugeben, was nicht ihnen gehört. Wie sie sich dann als Räume der Verantwortlichkeit neu erfinden, wird die nächste Aufgabe des Kurators sein.

Lily Saint ist Associate Professor für Englisch an der Wesleyan University und Autorin von „Black Cultural Life in South Africa“ (U. of Michigan Press 2018).

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