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Die Frauen von Salaga
von Alessandra Bassey

Die junge ghanaische Schriftstellerin Ayesha Harruna Attah lässt in ihrem Roman eine Zeit, in der die Geschichtsbücher hauptsächlich von der wirtschaftlichen und politischen Expansion der europäischen Kolonialmächte in Westafrika berichten, in der Perspektive zweier sehr ungleicher afrikanischer Frauen lebendig werden.

Die Frauen von Salaga erzählt die Geschichte von zwei Frauen, die im vorkolonialen Ghana aus sehr unterschiedlichen Welten kommen. Aminah, die mit ihrer Familie ein ruhiges und friedliches Leben führt, sieht ihr Leben brutal zerstört, als Sklavenräuber ihr Dorf niederbrennen und sie und einige ihrer Familienmitglieder in die Sklaverei zwingen. Wurche, die Tochter eines einflussreichen Chiefs, kämpft mit den geschlechtsspezifischen Rollen und Bräuchen ihrer Gesellschaft und erkämpft sich tapfer eine gewisse persönliche Unabhängigkeit und Einflussnahme. Die Lebenswege dieser beiden sehr unterschiedlichen Frauen kreuzen sich und verschmelzen auf dem Höhepunkt des Sklavenhandels zu einem, während sich ihre Schicksale und ihre Zukunft miteinander verweben.

Der Roman erforscht nicht nur die Rolle der Frau in den traditionellen afrikanischen Gesellschaften und Kulturen, sondern legt auch die Realität des afrikanischen Alltags während des Sklavenhandels und des Wettlaufs um Afrika offen. Er beleuchtet das Innenleben von Herrscherhäusern und traditionell regierten Gemeinschaften und scheut sich nicht, das vieldiskutierte Thema der Beteiligung von Afrikaner:innen am Verkauf von afrikanischen Mitbürgern an weiße Sklavenhändler anzusprechen.

Ayesha Harruna Attah, © Pierre Poncelet

Auch wenn es sich um einen fiktiven Bericht handelt, ist Ayesha Harruna Attahs Buch eine Pflichtlektüre für jedermann, und es scheint, dass vor allem Afrikaner:innen in der Diaspora von der Lektüre dieses Romans profitieren können, da er mit dem oft verbreiteten Irrglauben aufräumt, Afrikaner:innen hätten ihre afrikanischen Mitbürger ohne weiteres an europäische Sklavenhändler verkauft. Insbesondere Moros Geschichte wirft ein wichtiges Licht auf die Rolle der Afrikaner:innen im Sklavenhandel, denn sie erzählt, wie er zu einem gefürchteten Sklavenjäger wurde.

Während Attahs Epos zeitlich und geografisch weniger weit reicht, erinnerte mich Die Frauen von Salaga unweigerlich an den populären Roman Heimkehren von Yaa Gyasi, in dem sie die Geschichte zweier Halbschwestern erzählt, deren Leben nicht unterschiedlicher hätten sein können, deren Vermächtnisse sich aber schließlich vermischen. Beide Romane spielen in Ghana und drehen sich um zwei Frauen, deren Schicksale und Entscheidungen die Zukunft der kommenden Generationen beeinflussen, und beide erforschen die Folgen der Sklaverei in den folgenden Jahrzehnten. Gyasis Geschichte hat sicherlich große Popularität erlangt, und obwohl ich sie gerne gelesen habe, fand ich einige der Geschichten übereilt und das Ende ein wenig zu bequem. Ich finde Attahs Auseinandersetzung mit den Folgen der Sklaverei und der europäischen Kriegstreiberei viel gelungener als die von Gyasi.

Die Frauen von Salaga passt weniger in das Genre der ‚populären Fiktion‘ als Heimkehren, und es umgeht geschickt die Blockbuster-Plot-Twists oder voyeuristische Perspektiven und konzentriert sich stattdessen auf die Tiefe der einzelnen Charaktere, ihre Leben und Schicksale. Ich kann zwar verstehen, warum Heimkehren so populär geworden ist, aber Die Frauen von Salaga behandelt viele der gleichen Themen auf eine viel nuanciertere Weise.

Literandra

Diese Besprechung erschien im englischen Original bei Literandra, einer gemeinnützigen digitalen Plattform, die literarische Kunstformen, die vom afrikanischen Kontinent ausgehen, vorstellt und zelebriert.
Ayesha Harruna Attahs schriftstellerisches Können ist unbestreitbar. Auf meisterhafte Weise verwebt sie universelle Geschichten über Geschlecht, Liebe, Vergebung, Verständnis, Freiheit und Gerechtigkeit mit dem dichten, aber zarten Gewebe der afrikanischen Geschichte.

Ayesha Harruna Attah ist die Autorin von fünf Romanen. Sie wurde in Ghana geboren und lebt derzeit im Senegal. Sie liebt es, zu kochen, Grüntee-Eis zu essen und auf den Ozean zu blicken.
Ayesha studierte am Mount Holyoke College, an der Columbia University und an der NYU und hat Abschlüsse in Biochemie, Journalismus und kreativem Schreiben. Sie war 2015 Preisträgerin des Africa Centre Artists in Residency Award und Sacatar-Stipendiatin und erhielt 2016 das Stipendium der Miles Morland Foundation für Sachbücher.

Die Frauen von Salaga, Diana Verlag.

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